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#Tiere, Tod und der Mann in Schwarz

„Tiere, Tod und der Mann in Schwarz“

Es gibt in den Geschichten des amerikanischen Schriftstellers Stephen King immer wieder den Augenblick, an dem eine Gruppe von ganz normalen Menschen, die von einem Horror heimgesucht werden, den sie sich nicht erklären können, verstehen, dass er real ist. Dass er nicht mehr aus der Welt wegzuerklären ist. Dass wirklich der Teufel in ihre Kleinstadt eingezogen ist. Die Vampire kommen. Die Toten auferstehen. Und sich das niemand eingebildet hat.

Tobias Rüther

Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

„Die erschreckendste Frage dürfte sein, wie viel Grauen der menschliche Geist zu ertragen vermag, ohne seine wache, offene, unverminderte Gesundheit einzubüßen“, heißt es in Kings „Friedhof der Kuscheltiere“ von 1983. „Von einem bestimmten Punkt an wird alles fast komisch, und das kann der Punkt sein, an dem die geistige Gesundheit entweder obsiegt oder sich biegt und zusammenbricht, der Punkt, an dem sich der Sinn eines Menschen für Humor wieder durchzusetzen beginnt.“

Der norwegische Schriftsteller Karl Ove Knausgård steuert diesen Punkt, an dem das Unwirkliche zur Wirklichkeit wird und sich alle auf diese neue Wirklichkeit verständigen, in seinem neuen Roman lange an – um ihn aber dann zu überspringen. Jostein, einer aus der Gruppe von Menschen, um die es in „Der Morgenstern“ geht, ein ziemlich ekelhafter Journalist, wacht nach dreizehn Tagen Koma im Krankenhaus wieder auf.

Er ist an einer irren Geschichte dran gewesen und will sofort wieder einsteigen, es geht um eine satanistische Heavy-Metal-Band, die rituell umgebracht worden ist; Jostein hatte vom Tatort berichtet, bevor dann alles dunkel um ihn wurde. „Sie können es ruhig angehen lassen“, sagt sein Arzt jetzt aber lächelnd. „In den letzten zwei Wochen ist so viel mehr passiert, dass sich dafür bestimmt keiner mehr interessiert.“ Was denn, fragt Jostein, was könnte größer sein als meine Story?

Wir werden es nicht erfahren. Denn an dieser Stelle, nach achthundert Seiten über sehr heiße Tage in der norwegischen Küstenstadt Bergen, Tage, an denen Menschen schreiend durch die Straßen rennen oder in Zungen reden, Vögel mit Schuppen und Kindergesichtern durch die Luft fliegen, Krebse aus dem Meer in die Wälder fliehen, eine Pfarrerin einen Mann beerdigt, mit dem sie am Abend zuvor noch im Flugzeug gesessen hat und den sie auch nach der Beerdigung wiedersieht, Tage, an denen ein Riese mit Stierkopf und drei Zöpfen am nackten Schädel im Unterholz auftaucht und vor allem ein neuer Stern am Himmel erscheint, hell und groß und dominant, bricht Knausgård seine Handlung ab.

Am Ende ein Essay

Und lässt den Roman dann knapp hundert Seiten lang mit einem Essay enden: „Über den Tod und die Toten“. Den hat eine seiner Figuren geschrieben, Egil, der als Privatier in einem Sommerhaus am Fjord lebt, dort seinen Kierkegaard- und Bibelforschungen nachgeht und dessen Erkenntnisse nun in den Essay einfließen.

Der dreht sich erst um drei Fragen – „Was ist der Tod? Was ist der Körper? Was ist der Traum?“ –, um dann doch wieder zu einer Erzählung zu werden, zu einer Erinnerung an einen unbekannten Mann, Frank, den Egil zufällig im Zug kennengelernt hatte, um ihn dann auf die Beerdigung seiner Tochter zu begleiten, die danach beiden noch einmal erscheint. Diese Erinnerung schließt dann ab mit dem Auftauchen des Morgensterns am Himmel über Bergen. Was in den dreizehn Tagen danach geschieht, bleibt unausgesprochen.

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