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#Umgang mit Geimpften: Merkels Schweigen

Umgang mit Geimpften: Merkels Schweigen

So viele Überraschungen die Corona-Pandemie bisher auch bereithielt, steht eines fest: Der Mai wird der Monat sein, in dem es darum geht, was die zunehmende Zahl geimpfter und also geschützter Menschen tun darf und nicht mehr bleiben lassen muss. Nachdem vorige Woche erstmals an einem Tag eine Million Impfwilliger die ersehnte Spritze bekommen haben, werden viele erwarten, dass in den Wonnemonat der Anfang vom Ende des Ausnahmezustands fällt.

Wenn nicht eine (post)pandemische Anarchie entstehen soll, in der die einen sich das Partymachen nicht mehr verbieten lassen, die anderen aber noch Monate auf die erste, jedenfalls auf die zweite Impfung warten müssen und die dritte Gruppe sich angesichts des Eifers der Mehrheit oder aus grundsätzlicher Ablehnung gegen die Nadel entscheidet, ist die Steuerung dieser Phase durch Planung, Entscheidungen und politische Kommunikation besonders wichtig. Um noch einmal einen bisweilen gezogenen Vergleich zu bemühen: Wie bei militärischen Einsätzen ist es mindestens so schwierig, sie zu beenden wie sie zu beginnen.

Die Bundesregierung hat erkannt, dass Regelungen für Geimpfte eher Anfang Mai als – wie es zunächst hieß – bis Ende des Monats getroffen sein sollten. Wie es aussieht, kann das schon in dieser Woche geschehen. Doch anders als bei der Bundesnotbremse ist die treibende Kraft für eine Regelung des Umgangs mit Geimpften nicht Angela Merkel, nicht das Kanzleramt, sondern das sozialdemokratisch geführte Bundesjustizministerium gewesen.

Merkel hat die großen Krisen, mit denen sie in ihrer langen Amtszeit konfrontiert war, nie mit großen Reden bewältigt. In der Finanzkrise mussten ein paar Sätze an die deutschen Sparer reichen, dass ihre Guthaben sicher seien. In der Flüchtlingskrise lautete ihr Motto: Wir schaffen das – sonst ist das nicht mehr mein Land. Zu Beginn der Pandemie hat Merkel zwar eine viel beachtete Fernsehansprache gehalten. Die enthielt aber eher die Bitte an die Deutschen, Einschränkungen zu akzeptieren, denn eine optimistische Kampfansage im Sinne ihres „Wir schaffen das“. Es dominiert seither das strenge Mahnen der Kanzlerin, aufgehellt nur durch die gelegentliche Ergänzung, dass Licht am Ende des Tunnels zu sehen sei. Wenn von diesem aber zu oft die Rede ist, ohne dass die Tunnelfahrt endet, hilft das irgendwann nicht mehr weiter.

Die Rhetorik der Bundeskanzlerin zum Thema Impfen war stets von Zurückhaltung geprägt. Merkel kann exponentielles Wachstum der Infektionszahlen mit Inbrunst vortragen, kann sich ärgern über die Länder, die ihrem strengen Kurs nicht folgen und sich stattdessen in Lockerungsdiskussionen ergehen. Aber jetzt, da das Licht am Tunnelende wirklich leuchtet, bleibt sie blass. Mitte Januar, als schon seit Wochen in Deutschland geimpft wurde, wies der bayerische Ministerpräsident Söder auf die Vorteile des Umgangs der Amerikaner mit dem Impfen hin. Söder empfahl, sobald genügend Impfstoff vorhanden sei, sollten sich auch in Deutschland die Spitzen des Staates impfen lassen, „um der Skepsis gegenüber dem Impfstoff zu begegnen“.

Beim Impfen wären weniger Fehler möglich gewesen

Und Merkel? Noch Ende Februar, als die Impfkampagne langsam Fahrt aufnahm, wollte die Kanzlerin von symbolischen Impfungen von Politikern nichts wissen. Sie halte sich an die Reihenfolge und sei eben noch nicht dran. Punkt. Als es schließlich so weit war, geschah das wie nebenbei. Dabei hätte Merkel, die die Politik bald verlassen will, ein bisschen Neiddebatte leicht aushalten können. Vermutlich hätten es sehr viele Menschen gutgeheißen, wenn die wichtigste politische Führungsfigur im Kampf gegen die Pandemie sich früher hätte schützen lassen, statt einen Aufenthalt auf der Intensivstation zu riskieren – wie der britische Premierminister. Es hätte wohl auch ein paar Impfskeptiker beeindruckt.

Manche Fehler, die im Umgang mit der Pandemie gemacht wurden, waren kaum vermeidlich, weil Daten und Empirie fehlten und das Virus Haken schlug. Doch beim Impfen, das früh als einziger wirklicher Rettungsanker feststand, wären weniger Fehler möglich gewesen. Wurden Wirtschaftshilfen von Beginn an in märchenhaftem Umfang beschlossen, so war das größte EU-Land bei den Impfstoffen zunächst zögerlich. Tatsächlich war die verachtete Regierung Trump viel entschlossener, weshalb Amerika beim Impfen schnell gut dastand. Auch bei einem europäischen Vorgehen hätte die Bundesregierung bei Impfstoffproduktion und -beschaffung mindestens so entschlossen ihren Willen durchsetzen können wie in der Euro- oder der Asylkrise.

Kommen gesetzliche Regelungen für eine Rückkehr zum Leben vor Corona jetzt zu früh, weil viele Menschen noch nicht geimpft sind? Nein, denn die Geschützten haben einen Anspruch auf ihre Freiheiten und die entsprechende rechtliche Regelung. Mancher würde sie sich wohl auch ohne solche Regelungen nehmen. An einer solchen Anarchie kann niemand Interesse haben.

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