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#Verteidiger plädieren auf Totschlag

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Verteidiger plädieren auf Totschlag

„Ungewöhnlich“ sei dieses Verfahren. So beschreibt Mustafa Kaplan, der Verteidiger von Stephan E., den Prozess zum Mord an Walter Lübcke. „Ungewöhnlich“ nennt der Anwalt auch, dass ein Regierungspräsident umgebracht worden sei, weil dieser sich für Flüchtlinge eingesetzt habe. Die historische Einordnung der Bundesanwaltschaft, die vom ersten rechtsextremen Mord an einem Politiker in einem demokratisch verfassten Deutschland seit dem Attentat auf Walter Rathenau, sprach, weist Kaplan zurück. 

Marlene Grunert

Es ist der 43. Verhandlungstag und vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt haben die Anwälte von Stephan E. das Wort. Für sie ist in diesem Verfahren nicht viel zu holen. Denn daran, dass ihr Mandant wegen Mordes an dem Kasseler Regierungspräsidenten verurteilt werden wird, besteht kaum ein Zweifel. Und auf Mord steht lebenslange Freiheitsstrafe; eine sogenannte Strafzumessung gibt es nicht. Erwartet worden war deshalb, dass es den Anwälten vor allem darum gehen würde, eine Sicherungsverwahrung zu verhindern.

In Kaplans Augen aber handelte es sich bei der Tat nicht einmal um Mord. Als Stephan E. in der Nacht auf den 2. Juni 2019 zusammen mit Markus H. – so schildert es E. – auf die Terrasse von Walter Lübcke gestiegen sei, habe dieser zuerst H. gesehen. Dann sei E., mit einer Waffe in der Hand, dazu gekommen. Schon ab diesem Moment habe Walter Lübcke nicht mehr „arglos“ sein können, eine Voraussetzung des Mordmerkmals der Heimtücke. Spätestens gelte das für den Moment des Wortwechsels, der vor dem Schuss zwischen den drei Personen stattgefunden habe. E. habe auch nicht aus „niedrigen Beweggründen“ gehandelt, meint Kaplan. Sein Mandat sei nicht von den für dieses Merkmal typischen „egoistischen“ Motiven geleitet gewesen, vielmehr habe er ein „politisches Ziel“ verfolgt.

Die „irrigen“ Annahmen Stephan E.s

Auch aufgrund der um sich greifenden „rechtspopulistischen Hetze“ sei E. „irrigerweise“ davon ausgegangen, im „Allgemeininteresse“ zu handeln. Kaplan zitiert eine Nachricht, die der Angeklagte nach der Lohfeldener Bürgerversammlung an seine Mutter schickte. Darin beschimpfte E. den Kasseler Regierungspräsidenten als „Volksverräter“. Walter Lübcke, der in den Augen des Angeklagten Flüchtlinge gegenüber Deutschen bevorzugt habe, sei für E. auch kein „namenloser Repräsentant des Staates gewesen“, sagt der Anwalt.

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Dann bemüht er eine abenteuerliche Logik. Anstatt anzuerkennen, dass darin eine rassistische Ideologie zum Ausdruck kommt, hält er seinem Mandanten zu Gute, aus politischen Gründen gehandelt zu haben, nicht aus persönlichen. Kaplan plädiert auf Totschlag und beantragt eine Freiheitsstrafe, die „verhältnismäßig, aber auch annehmbar“ sei. Das Gericht fordert er auf, die umfassenden und von Reue gezeichneten Einlassungen seines Mandanten strafmildernd zu berücksichtigen.

Einen Freispruch beantragt sein Kollege Jörg Hardies, wenn es um den Vorwurf des versuchten Mordes an Ahmed I. geht. Der junge Mann aus dem Irak wurde am Abend des 6. Januar 2016 unweit der Lohfeldener Flüchtlingsunterkunft niedergestochen; erst kurz zuvor war er nach Deutschland geflohen. Ahmed I. überlebte den Angriff schwer verletzt, noch heute leidet er an den Folgen. Sein Anwalt Alexander Hoffmann hat beantragt, E. wegen versuchten Mordes zu verurteilen.

Auch die Bundesanwaltschaft ist von E.s Schuld überzeugt. Oberstaatsanwalt Dieter Killmer sprach von einem „ganzen Ring von Indizien“; zentral sei das bei E. gefundene Messer. Daran waren DNA-Spuren gefunden worden, die mit einiger Wahrscheinlichkeit von einem Iraker stammen. Das Messer war zudem beidseitig angeschliffen. Schon mit 19 hatte E. einem türkischen Imam ein beidseitig angeschliffenes Messer in den Rücken gerammt.

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