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#Das Ende von Gantz’ und Netanjahus Koalition

Das Ende von Gantz’ und Netanjahus Koalition

In der israelischen Presse hieß es am Mittwoch wieder einmal, dem Land stehe der schmutzigste Wahlkampf aller Zeiten bevor. Und nimmt man die zunehmende Dichte an Intrigen und Manövern als Indiz, mit der Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seine Herausforderer einander in den vergangenen Wahlgängen bekämpften, gibt es vorerst keinen guten Grund, an dieser Annahme zu zweifeln. Schon bevor in der Nacht zum Mittwoch die automatische Selbstauflösung der Knesset eintrat, nachdem es nicht gelungen war, einen Haushalt zu verabschieden, hatten die Protagonisten sich jedenfalls darauf vorbereitet, ein weiteres Mal ihre jeweiligen Paraderollen zum Besten zu geben.

Christian Meier

Netanjahu zeigte sich staatsmännisch und spielte gleichzeitig die Unschuld vom Lande: „Wir hätten unsere Kräfte vereinen sollen, um einen Weg zu finden, diese unnötige Wahl abzuwenden“, sagte er im Parlament, als dort scheinbar noch um einen letzten Ausweg aus der Krise gerungen wurde. Tatsächlich ist die Freude auf eine vierte Parlamentswahl innerhalb von nicht einmal zwei Jahren im Land gering, vor allem inmitten der Corona-Pandemie.

Das Ende war absehbar 

Allerdings war seit langem klar, dass Netanjahu nicht beabsichtigt, die „Einheitsregierung“ seines Likud und der Blau-Weiß-Partei von Verteidigungsminister Benny Gantz sowie weiterer Partner fortzuführen – jedenfalls nicht bis zu dem Zeitpunkt Ende 2021, an dem Gantz vereinbarungsgemäß das Ministerpräsidentenamt von ihm übernehmen sollte. Vereinbart hatten die beiden Parteichefs in ihrem Koalitionsvertrag vom April 2020 auch, einen Doppelhaushalt zu verabschieden, der die Jahre 2020 und 2021 umfasst.

Das vom Likud geführte Finanzministerium blockierte dies jedoch – Netanjahu führte als Grund für seinen Meinungswandel an, dass die Corona-Krise das Land vor außergewöhnliche Umstände stelle. Er beharrte darauf, dass nur ein Haushalt für das laufende Jahr beschlossen werden solle. Nun gibt es gar kein reguläres Budget – die Regierung billigte stattdessen einen Finanzplan, um eine schwere Wirtschaftskrise zu verhindern.

Kaum ein Beobachter nimmt dem Ministerpräsidenten denn auch ab, dass seine Besorgnis der Haushaltsplanung galt. Die Likud-Blau-Weiß-Koalition war von Anfang an von tiefgreifenden Differenzen belastet – immerhin war Gantz seit April 2019 drei Mal mit dem expliziten Ziel angetreten, den seit 2009 amtierenden Netanjahu abzulösen, gegen den ein Korruptionsverfahren läuft. Nachdem ihm dies auch in der Wahl vom März 2020 nicht gelungen war, willigte Gantz schließlich ein, eine Koalition mit Netanjahu als Regierungschef zu bilden, um dem Land eine noch längere Zeit ohne parlamentarisch legitimierte Regierung zu ersparen, und vor allem: eine weitere Wahl. Dass diese Entscheidung zu einer Spaltung von Blau-Weiß führte, nahm er in Kauf. 

Israels Verteidigungsminister Benny Gantz von der Blau-Weiß-Partei im September 2020


Israels Verteidigungsminister Benny Gantz von der Blau-Weiß-Partei im September 2020
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Bild: AFP

Auch jetzt bemüht sich Gantz wieder, die Rolle desjenigen zu spielen, der zum Schutze des Landes unpopuläre Entscheidungen treffen muss: „Netanjahu treibt uns zu einer Wahl, um nicht vor Gericht zu müssen“, schrieb er auf Twitter. Damit spielte er auf die politische Ebene des Gezerres um den Haushalt an: Ein nur für ein Jahr verabschiedeter Haushalt hätte Netanjahu einen praktischen Hebel in die Hand gegeben, die Koalition im kommenden Jahr zu einem geeigneten Zeitpunkt vor der Amtsübergabe an Gantz am Haushalt scheitern zu lassen. Mit dem Kalkül, dass eine anders zusammengesetzte Regierung unter seiner Führung ihn aus den strafrechtlichen Schwierigkeiten befreit, in denen er mittlerweile knietief steckt.

„Ich habe keine Angst vor Wahlen“

Die nun für den 23. März angesetzte Wahl könnte aus Sicht Netanjahus dagegen zu früh kommen. Anfang 2021 wird sein Prozess fortgesetzt, der Ministerpräsident wird dann wohl regelmäßig vor dem Jerusalemer Bezirksgericht erscheinen müssen. Zudem befindet sich Israel inmitten der zweiten Corona-Welle, und das Krisenmanagement seiner Regierung hat bislang nicht überzeugt. Der 71 Jahre alte Netanjahu gab sich dennoch siegesgewiss – „ich habe keine Angst vor Wahlen. Wir sind bereit. Wir werden gewinnen“ – und verwies auf die jüngsten außenpolitischen Erfolge: Die Leute wüssten, wer vier „Friedensabkommen“ (mit arabischen Ländern) zustande gebracht habe, wer Iran eindämme und Sicherheit garantiere, sagte er.




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Gefahr droht ihm weniger von Gantz. Den versuchte Netanjahu als schwachen Anführer darzustellen – und das nicht zu Unrecht: Dass der 61 Jahre alte frühere Generalstabschef seine Parteienallianz nicht mehr unter Kontrolle hat, zeigte sich, als drei Blau-Weiß-Abgeordnete gegen einen – daraufhin knapp abgelehnten – Kompromissvorschlag stimmten, der den Termin der Parlamentsauflösung noch einmal um zwei Wochen aufgeschoben hätte. Umfragen zufolge steht Gantz bei der nächsten Wahl ein Absturz bevor. 

Ungemacht droht Netanjahu eher aus dem eigenen ideologischen Lager. Der frühere Erziehungsminister Gideon Saar, der Netanjahu vor einem Jahr bei der Wahl zum Likud-Chef herausgefordert hatte, hat eine eigene Partei, „Neue Hoffnung“, gegründet. Saar und die Anführer weiterer rechter Parteien könnten den Likud wertvolle Stimmen kosten – und persönliche Animositäten sowie eigene Ambitionen auf das Amt des Ministerpräsidenten könnten verhindern, dass sie für Netanjahu danach so bequeme Koalitionspartner werden wie sieben Monate lang Benny Gantz.

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