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#Warum Paris und Berlin schwer zueinanderfinden

Warum Paris und Berlin schwer zueinanderfinden

Im Grundsatz waren sich die Regierungen schon vor ihrem Treffen einig: Europa muss stärker werden, um sich in der veränderten, multipolaren Welt zu behaupten. Amerika wird sich mehr und mehr der Machtrivalität mit China widmen müssen. Europas Verantwortung für die eigenen Geschicke wächst. Das war der Rahmen für den Deutsch-Französischen Sicherheits- und Verteidigungsrat, der am Freitag per Videokonferenz tagte. Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron sagten bei einer anschließenden Pressekonferenz, Hauptthemen seien das deutsch-französisch-spanische Kampfflugzeugsystem FCAS, der Militäreinsatz im Sahel sowie die europäische Sicherheitspolitik gewesen.

Peter Carstens

Michaela Wiegel

Macron hob hervor, dass es wichtig sei, die nächsten Etappen bei dem industriepolitischen Milliardenprojekt vorzubereiten. „Wir wollen eine neue Etappe beschreiten, die unseren Ambitionen entspricht“, sagte er. Zurzeit wird über die Arbeitsteilung und die geistigen Eigentumsrechte für das Kampfflugzeugsystem gestritten. Dies soll aus einem bemannten Kampfflugzeug der sechsten Generation bestehen, begleitet von unbemannten Fluggeräten.

Das für Bayern so wichtige Projekt, bei dem Airbus und die französischen Dassault-Werke kooperieren, dürfte das teuerste in der europäischen Rüstungsgeschichte werden. Bis zu 100 Milliarden Euro sind veranschlagt für ein Waffensystem, das in etwa 20 Jahren eingeführt werden soll. Frankreich hat offiziell die Federführung bei dem Projekt, aber es gibt Befürchtungen, dass der Haushaltsausschuss im Bundestag nicht rechtzeitig seine Zustimmung geben könnte. Auf französischer Seite übt das Parlament keine Haushaltkontrolle pro Entwicklungsetappe aus.

„Große Übereinstimmungen“

Merkel betonte am Freitag außerdem die großen sicherheitspolitischen Übereinstimmungen mit Frankreich. Sie dankte Paris ausdrücklich für den Einsatz gegen islamistischen Terrorismus im Sahel-Gebiet. Das Land hatte zuletzt hohe Verluste verzeichnet. Am 15. und 16. Februar nimmt Außenminister Heiko Maas am Sahel-Gipfel in der Hauptstadt des Tschad teil. Macron bekundete, dass er sich von dem Gipfeltreffen eine „Klarstellung“ erwarte. In Niger, Mali und Burkina Faso wächst der Unmut über den europäischen Militäreinsatz. Macron äußerte, dass er an einer besseren Lastenteilung interessiert sei.

Macron und Merkel bekräftigten zudem die europäische Impfstoffbeschaffung. Nationale Beschaffungsstrategien seien keine Alternative. „Man stelle sich vor, wenn Frankreich und Deutschland in einen Wettstreit um den Impfstoff getreten wären“, sagte Macron. Merkel pflichtete ihm bei und warb um Verständnis dafür, dass es Zeit brauche, die Produktionskapazitäten auszubauen.

Zwischen Berlin und Paris stehen neben den gemeinsamen Grundsätzen allerdings auch Meinungsverschiedenheiten, die tief reichen. Sie betreffen die geopolitische Ausrichtung ebenso wie die Details deutsch-französischer Kooperation. Bei einer Rede vor jungen Offizieren hatte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) Mitte November dem französischen Verständnis von „strategischer Autonomie“ Europas eine Abfuhr erteilt.

Diese Idee, so die Ministerin, „geht zu weit, wenn sie die Illusion nährt, wir könnten Sicherheit, Stabilität und Wohlstand in Europa ohne die Nato und ohne Amerika gewährleisten“. Deutschland wolle aber nichtsdestotrotz, so Kramp-Karrenbauer, „dass Europa für die Vereinigten Staaten starker Partner auf Augenhöhe ist und kein hilfebedürftiger Schützling“. Macron hielt sie die „nüchternen Fakten“ entgegen, etwa die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten derzeit 75 Prozent aller militärischen Fähigkeiten stellen und nahezu 100 Prozent der Abwehrfähigkeiten gegen ballistische Raketen.

Deutsch-französischer Kampfpanzer

Neben dem Kampfflugzeugsystem ist ein weiteres ambitioniertes, wenn auch etwas weniger aufwendiges Projekt ein deutsch-französischer Kampfpanzer. Bei ihm hat Deutschland die Federführung inne. Auch hier gibt es Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit der mitwirkenden Firmen. Wesentlich für größere strategische Selbständigkeit ist zudem nach Auffassung beider Länder die Entwicklung einer leistungs- und kampffähigen europäischen Drohne.

Was in Frankreich regelmäßig für Irritation sorgt, ist die Sprunghaftigkeit der SPD innerhalb der Regierung. Die Zukunft der Euro-Drohne hing in den vergangenen Wochen am seidenen Faden, nachdem der Ko-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans und der Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich die Bewaffnung der Heron-Drohnen von einer künftigen bundesweiten Diskussion und eventuell auch internationalen Abkommen abhängig gemacht hatten. Nachdem darüber der oberste Verteidigungspolitiker der Sozialdemokraten zurückgetreten war und praktisch alle anderen sich gegen Mützenich und Walter-Borjans gestellt hatten, erzielte der Koalitionsausschuss in dieser Woche einen Teilkompromiss.

So soll die Zukunft aussehen: Ein Model einer Drohne des Future Combat Air Systems, des geplanten deutsch-französischen Luftkampfsystems


So soll die Zukunft aussehen: Ein Model einer Drohne des Future Combat Air Systems, des geplanten deutsch-französischen Luftkampfsystems
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Bild: EPA

Die eigentlich logische Folge der SPD-Politik, nämlich eine Waffe gar nicht erst zu konstruieren, die man nicht einsetzen will, wurde damit vorerst verworfen. Die SPD stimmte dem Fortgang des Projekts zu, das aus ihrer Sicht „primär als Aufklärungsdrohne konzipiert“ sei. Eine Interpretation, die von den anderen beteiligten Staaten Frankreich, Italien und Spanien wohl nicht geteilt wird. Dennoch beeilte sich die neue Chef-Verteidigungspolitikerin Siemtje Möller, den Nagel tiefer in die Wand zu schlagen: „Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt dieses europäische Gemeinschaftsprojekt“, teilte sie mit. Es sei ein gutes Zeichen auch für das künftige Kampfflugzeug-System. Ein Projekt, das ohne bewaffnete Drohnen nicht gedacht wird.

Die Feststellung der Koalitionsparteien zur Euro-Drohne stand im Ergebnispapier ihres Treffens an erster Stelle, was der außenpolitischen Bedeutung gerecht wird. Der deutsch-französische Verteidigungsrat wurde auf diese Weise davor bewahrt, einen Scherbenhaufen zu besichtigen. Nun können im März Verträge zur Entwicklung und Beschaffung wie geplant unterzeichnet werden.

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