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#Was hinter dem plötzlichen Auftragseinbruch in der Industrie steckt

Was hinter dem plötzlichen Auftragseinbruch in der Industrie steckt

Seit mehr als einem Jahr verzeichnet die deutsche Industrie einen bemerkenswerten Aufschwung. Die Nachfrage nach Autos und Maschinen legte auch im Corona-Winter weiter zu, unter anderem wegen der schnellen wirtschaftlichen Erholung in China. Doch nach neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamts kam es im Mai zu einem abrupten Einbruch. Die Aufträge sanken im Vergleich zum Vormonat um 3,7 Prozent.

Ein solcher Rückgang binnen Monatsfrist ist ungewöhnlich. Er wurde auch nicht erwartet, von der Nachrichtenagentur Reuters zuvor befragte Ökonomen hatten mit einem Anstieg gerechnet. Auch ungewöhnlich: Die Nachfrage nach Konsumgütern ist ungebrochen, sie stieg sogar um 3,9 Prozent. Dem gegenüber standen aber deutliche Rückgänge bei Vorleistungs- und Investitionsgütern. Überdurchschnittlich stark zurück gingen die Aufträge aus dem Nicht-Euroraum und dort vorrangig in der Autobranche.

Die Vermutung liegt nach, dass der Auftragsschwund mit den anhaltenden Problemen in den Lieferketten und den extremen Preisanstiege bei Vorprodukten wie Halbleiter und Kunststoff zu tun hat. Timo Wollmershäuser, Konjunkturchef am Münchner Ifo-Institut, sieht dafür Anhaltspunkte. „Die Knappheiten schlagen sich auf die Preise unserer Industrieerzeugnisse durch“, sagt er. Diese verteuerten sich derzeit mit 0,9 Prozent gegenüber dem Vormonat und annualisiert, also auf das Gesamtjahr hochgerechnet, mit 12 Prozent „wie selten zuvor“, so Wollmershäuser. „Das drückt die Nachfrage nach unseren Industriewaren und zeigt sich in den Auftragseingängen.“ Und nach der Juni-Umfrage des Ifo-Instituts dürfte sich der Preisanstieg in den kommenden Monaten fortsetzen.

„Normalerweise der beste Frühindikator“

Auch sein Kollege Torsten Schmidt vom RWI-Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung sieht einen Zusammenhang zwischen Lieferengpässen und dem jüngsten Ordereinbruch. „Schaut man sich die Detailzahlen an, stellt man fest, dass sich nach wie vor die Umsätze schwächer entwickeln als die Auftragseingänge“, sagt er. „Das deutet schon darauf hin, dass hier Lieferprobleme bei den Vorprodukten bestehen.“ Dafür spreche auch, dass eben vor allem die Auftragseingänge aus dem nicht-europäischen Ausland zurückgegangen sind und hier speziell bei Vorleistungs- und Investitionsgütern wie Maschinen.

Allerdings sollte man monatliche Konjunkturzahlen nicht überinterpretieren. Der Rückgang der Industrieaufträge im Mai fällt auch deshalb so kräftig aus, da die Statistiker den Wert für April von minus 0,2 auf plus 1,2 Prozent nach oben revidiert haben. „Normalerweise sind Industrieaufträge der beste Frühindikator für die zukünftige Industrieaktivität“, sagt Carsten Brzeski, Chefökonom der ING Bank. In den vergangenen Monaten hätten die starken Revisionen zusammen mit Unterbrechungen der Lieferkette, Lieferverzögerungen und dem Mangel an Materialien und Vorleistungen jedoch die traditionelle Verbindung zwischen Industrieaufträgen und Produktion verwischt. Folglich könnte die Erholung der Industrie „etwas unberechenbarer“ ausfallen als bisher angenommen.

„Es besteht kein Grund zur Sorge“, sagt Brzeski. „Der Abbau von Auftragsbeständen ist für die deutsche Industrie nach wie vor ein viel dringlicheres Thema als neue Aufträge.“ Auch Nils Jannsen, Konjunkturforscher am Kieler Institut für Weltwirtschaft, mahnt, nicht zu viel aus den monatlichen Auftragszahlen abzuleiten. Die Unternehmensbefragungen seien nach wie vor gut, und das zuletzt hohe Tempo bei den Auftragseingängen hätte sich für die deutsche Industrie so wohl ohnehin nicht immer weiter fortsetzen können. An der Konjunkturprognose für dieses Jahr – die Kieler Ökonomen erwarten für Deutschland ein Plus von 3,9 Prozent für 2021, mehr als andere Institute – will er nicht rütteln.

„Insgesamt bewegen sich die Auftragseingänge weiterhin oberhalb des Vorkrisenniveaus“, teilte am Dienstag auch das Bundeswirtschaftsministerium mit. Es betont, dass die Aufträge weiterhin mehr als 6 Prozent über dem Niveau von Februar 2020 liegen, dem Monat vor Beginn der Corona-Krise in Deutschland. Die Auftragsbücher der deutschen Industrie seien gut gefüllt, sagte Thomas Gitzel von der VP Bank in Liechtenstein. „Es muss einem nun nicht Angst und Bange werden.“

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