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#Wenn Künstliche Intelligenz die Grenzen kontrolliert

Wenn Künstliche Intelligenz die Grenzen kontrolliert

Intelligente Lösungen im Umgang mit der Pandemie — das wird schon lange gefordert und ist in der Praxis doch oft erstaunlich schwer umzusetzen. Intensiv diskutiert wurde das etwa vor einem knappen Jahr, als in einem „Lockdown Light“ unterschiedslos Freizeiteinrichtungen und Gastronomie geschlossen wurden, obwohl relativ wenig Informationen über das tatsächliche Risiko der Infektionsübertragung an diesen Orten vorlagen. Zu einem Rückgang der Neuinfektionen führte diese Lockdown-Variante dann tatsächlich nicht. Es war nur eines der Beispiele im Verlauf der Pandemie, an dem deutlich wurde, wie sehr ein Mangel an empirischen Daten differenzierten und wirksamen Maßnahmen zuwiderlaufen kann – und wie komplex gleichzeitig die wichtige Diskussion über den Schutz persönlicher Daten in Europa ist.

Dabei erscheint es zunächst einmal als eine naheliegende Idee, dass man angesichts der sich ständig und sehr dynamisch ändernden Infektionslage Künstliche Intelligenz (KI) nutzt, um so schnell wie möglich auf aktuelle Entwicklungen der Pandemie reagieren zu können. Wie das konkret aussehen könnte, war im vergangenen Sommer 2020 an den Grenzen Griechenlands zu verfolgen. Das Land befand sich zu der Zeit in einem Dilemma: Einerseits war es stark auf die Einreise von Touristen angewiesen, andererseits musste es versuchen, die Zahl eingeschleppter SARS-CoV-2-Infektionen möglichst gering zu halten. Während heute umfassend getestet werden kann, waren damals noch die Testkapazitäten knapp. Nur für knapp 20 Prozent der Einreisenden gab es dort PCR-Tests. Alle anderen Länder verließen sich in dieser Situation auf eine Klassifizierung der Einreiseländer auf der Basis nationaler epidemiologischer Daten: Inzidenzen, Verstorbenenzahlen, Test-Positivraten. Je nachdem wie das entsprechende Heimatland in Hinsicht auf diese Kennzahlen abschnitt, konnten Reisende entweder ungehindert einreisen, mussten einen negativen Test vorzeigen, in Quarantäne oder wurden an der Einreise gehindert.

In Griechenland schreckte man aber davor zurück, Reisende nur auf Basis international nicht immer einfach vergleichbarer Daten solch groben Einteilungen zu unterwerfen, zumal befürchtet wurde, dass etwa das Erfordernis eines negativen PCR-Tests einige Reisende vom Besuch des Landes abhalten würde. Wie an 40 Grenzübergangsstellen alternativ ausprobiert wurde, durch effiziente Nutzung der existierenden Testkapazitäten möglichst viele infizierte Reisende bei der Einreise zu identifizieren, beschreiben nun amerikanische und griechische Wissenschaftler im Fachjournal Nature. Demnach wurden Reisende aufgefordert, mindestens 24 Stunden vor ihrer Ankunft ein Formular auszufüllen, in dem Herkunftsland und -region, Alter und Geschlecht abgefragt wurden.

Transparenz der empirischen Beweggründe

Diese Informationen wurden zusammen mit den Ergebnissen aktuell an den Grenzen vorgenommener Tests anhand der Künstlichen Intelligenz Eva zunächst dazu genutzt, die Reisenden in Gruppen einzuteilen, die ein möglichst einheitliches Infektionsrisiko besaßen. So wurden etwa innerhalb eines Landes mit sehr heterogenem Infektionsgeschehen verschiedene Regionen differenziert. Innerhalb dieser Gruppen ermittelte die KI dann jeweils aktuell die Notwendigkeit der Testung der entsprechenden Reisenden. Gleichzeitig identifizierte Eva aber auch Gruppen, deren Prävalenz aufgrund fehlender Daten unsicher erschien und innerhalb derer zusätzliche Tests durchzuführen waren, um diese Unsicherheit zu reduzieren.

Das Ergebnis im Vergleich zu Modellrechnungen: Eine zufällige Testung der Reisenden hätte im Sommer 2020 nur 54,1 Prozent der mit Eva gefundenen Infizierten entdeckt, bei einer Testung auf der Grundlage nationaler Kennzahlen wären es zwischen 70 und 80 Prozent gewesen. Den geringeren Erfolg der Nutzung offizieller Zahlen erklären die Wissenschaftler einerseits dadurch, dass die Gruppe der Reisenden keine repräsentative Teilgruppe der jeweiligen Gesamtbevölkerung ist. So seien etwa deutsche Touristen deutlich jünger gewesen als der durchschnittliche Bundesbürger. Andererseits nennen sie das bekannte Problem des zeitlichen Verzugs offizieller Kennzahlen. Durchschnittlich neun Tage seien diese im Vergleich zu den Ergebnissen der Grenztestungen verzögert gewesen.

Besonders heben die Wissenschaftler hervor, dass sie ihren Algorithmus von Anfang an mit Anwälten, Epidemiologen und Politikern abgestimmt hatten. Dabei wurde großer Wert darauf gelegt, mit so wenig persönlichen Daten wie möglich zu arbeiten. So wäre etwa der jeweilige Beruf eine aussagekräftige Information gewesen, auf die aber vor dem Hintergrund datenschutzrechtlicher Bedenken bewusst verzichtet wurde. Ebenfalls wichtig war es, bei allen Entscheidungen volle Transparenz zu gewährleisten. Insbesondere bei den Tests zur Reduzierung von Unsicherheiten sei es wichtig gewesen, die empirischen Beweggründe leicht zugänglich zu präsentieren.

Mittlerweile, mehr als ein Jahr später, ist das Problem der eingeschränkten Verfügbarkeit von Tests überholt. Die Notwendigkeit, schnell auf die Dynamik des Infektionsgeschehens reagieren zu können, besteht aber nach wie vor. Die griechische Studie kann hier vielleicht als Inspiration dienen, unter Wahrung datenschutzrechtlicher Maßstäbe in neue Richtungen zu denken. Für die Herausforderung, mit dem Virus dauerhaft zu leben, könnte das Spielräume eröffnen.

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