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#WHO ermittelt für Deutschland hohe Übersterblichkeit

„WHO ermittelt für Deutschland hohe Übersterblichkeit“

Die jüngste Erhebung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Übersterblichkeit in den ersten beiden Pandemiejahren hat eine Diskussion um die Coronapolitik und die Meldestatistik in Deutschland ausgelöst. Für Deutschland hat die WHO eine Übersterblichkeit von 96 bis 137 Fällen pro 100.000 Einwohner – im Mittel sind das 116 Tote – gemeldet, nachdem sie die nationalen Daten mit einem eigenen Rechenmodell bearbeitet hat. Damit würde die Übersterblichkeit in Deutschland im oberen Drittel der reichen Staaten liegen, hinter Italien und den Vereinigten Staaten. Aber sie wäre deutlich höher als etwa in Spanien, Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich, Belgien und Schweden.

Joachim Müller-Jung

Redakteur im Feuilleton, zuständig für das Ressort „Natur und Wissenschaft“.

Die Übersterblichkeit zur Pandemie gibt – anders als die reinen Covid-19-Meldedaten der Gesundheitsämter – an, wie viele Menschen in einem Zeitraum mehr gestorben sind als in „normalen“ Jahren vor der Pandemie. Darin enthalten sind neben den direkten Covid-19-Toten auch solche, die indirekt etwa durch Beeinträchtigungen im Gesundheitssystem verstorben sind. Vor allem mit Verweis auf die viel geringere Übersterblichkeit in Schweden – der Wert liegt dort bei 56 Toten je 100.000 Einwohnern –, wo deutlich weniger restriktive Schutzmaßnahmen galten, gerät Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) unter Druck. Lauterbach, obschon erst seit Dezember Minister, hatte in der Vergangenheit die vermeintlichen Erfolge der Corona-Maßnahmen hervorgehoben. Tatsächlich aber schneidet auch Schweden, das keineswegs ohne Kontaktbeschränkungen durch die Pandemie ging, im Vergleich mit den epidemiologisch am ehesten vergleichbaren Nachbarstaaten Dänemark, Finnland und Norwegen schlechter ab.

In Deutschland hatte vor allem der Oktober 2020 die Todesstatistik verschlechtert, als die Zahlen wochenlang exponentiell angestiegen waren und Maßnahmen erst deutlich später als in anderen europäischen Ländern in der Herbstwelle ergriffen wurden. Kritisch in der WHO-Bilanz ist aber vor allem die Bilanz des Jahres 2021, als Corona-Impfstoffe längst der Allgemeinbevölkerung zur Verfügung standen. Die Arbeitsgruppe der WHO ermittelte im zweiten Jahr der Pandemie eine durchschnittliche Übersterblichkeit von 153. Das würde bedeuten, dass in dieser Zeit – vor allem im letzten Quartal des Jahres 2021 – gut vierzig Prozent der durch Covid-19 verursachten Übersterblichkeit nicht offiziell gemeldet worden wären.

Wie diese im Vergleich zu anderen Staaten ungewöhnliche Abweichung zustande kommt, erklärt die WHO nicht. Vom Bundesgesundheitsministerium oder dem für die Berechnung der Übersterblichkeit zuständigen Bundesamt für Statistik gab es bis Dienstagnachmittag keine offizielle Stellungnahme. Spekuliert wird von Fachleuten, dass ein großer Teil der durch die Impflücken in östlichen Bundesländern verursachten Covid-19-Todesfälle nicht als solche erfasst und gemeldet worden sind.

Das Statistische Bundesamt hatte zuletzt immer wieder auf die Übersterblichkeit durch Covid-19 hingewiesen. Zwischen März 2020 und Februar 2021 starben im Land etwa 71 000 Menschen mehr als in der Zeit vor Corona. Und auch bis Ende 2021 wurde die Übersterblichkeit im Land „maßgeblich“, wie die Behörde mitteilt, durch die Pandemie beeinflusst. Die teils extremen Abweichungen zwischen den Bundesländern wurden von Wissenschaftlern der Ernst-Abbe-Hochschule Erfurt mit den stark unterschiedlichen Impfquoten erklärt. Je mehr und je öfter die Menschen geimpft sind, desto geringer sei die Übersterblichkeit. Auch in den Monaten März und April 2022 meldete das Bundesamt trotz ausbleibender Grippewelle fünf beziehungsweise sechs Prozent höhere Sterbezahlen als im Mittel der Vorjahre. Die Übersterblichkeitsdaten der WHO waren von Indien und Statistikfachleuten einiger Länder kritisiert worden, die auf teils deutlich mehr als die von der WHO ermittelten 15 Millionen Todesopfer weltweit kommen.

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