Nachrichten

#Wie das OLG Frankfurt gegen das Rechtsstaatsgebot verstößt

Für die Justizberichterstattung ist die Kenntnis gerichtlicher Entscheidungen von besonderer Bedeutung. Aufgefunden werden Entscheidungen mittels Aktenzeichen. In Datenbanken lassen sich so Entscheidungen über den Instanzenweg verfolgen: Was hat ein Amtsgericht beschlossen, wie äußerte sich sodann das Oberlandesgericht (OLG) dazu und später vielleicht der Bundesgerichtshof?

Warum das Aktenzeichen wichtig ist

In der Regel werden Entscheidungen vor Herausgabe an die Presse anonymisiert. Für das Verständnis rechtlicher Erwägungen ist es regelmäßig unerheblich, wie der Kläger hieß oder in welcher Straße der Nachbarschaftsstreit spielte. Von besonderer Bedeutung indes ist das Aktenzeichen. Es wirkt wie ein Autokennzeichen, ohne das ein einzelnes Fahrzeug im fließenden Verkehr kaum auffindbar ist. Bislang war es für Journalisten kein Problem, eine Entscheidung samt dem dazugehörigen Aktenzeichen der vorangegangenen Gerichtsinstanz zu erhalten.

Von dieser Praxis weicht das OLG in Frankfurt am Main nun seit einiger Zeit, vor allem seit dem Jahr 2021, immer häufiger ab – als einziges Gericht in Deutschland. Bei mindestens 147 Entscheidungen der letzten Jahre wird Journalisten zwar das Aktenzeichen des Oberlandesgerichts mitgeteilt, aber nicht das Aktenzeichen der Vorinstanz. Dies betrifft vor allem Verfahren aus dem Familienrecht und dem Strafrecht.

Gezielt aus Beschluss herausredigiert

Die Praxis des Gerichts ist nicht auf journalistische Anfragen beschränkt, wie eine Veröffentlichung des Juraprofessors Hanjo Hamann von der EBS Universität in Wiesbaden belegt. Er berichtete vor zwei Jahren in der „Juristenzeitung“ über einen Fall, in dem das Frankfurter OLG das Aktenzeichen des vorangegangenen erstinstanzlichen Prozesses „gezielt aus seinem veröffentlichten Beschluss herausredigiert“ und sich auf Anfrage auf „Anonymisierungsrichtlinien des Hauses“ berufen hatte. Entscheidungen zur Anonymisierung trifft die Dokumentationsstelle des Gerichts nach eigenem Ermessen. Verfahrensbeteiligte sind an der Anonymisierung in keiner Weise beteiligt.

Bei bislang mindestens 60 Entscheidungen wird sogar der Ort des erst­instanzlichen Gerichts verschwiegen. Das OLG begründet diese Form der Anonymisierung gegenüber der F.A.Z. damit, dass andernfalls ein erhöhtes Risiko der Identifizierbarkeit bestünde, „da eine regionale Eingrenzung mit der Angabe verbunden ist“. Grundsätzlich „steige bei einer möglichen Veröffentlichung mehrerer Instanzentscheidungen in derselben Sache das Risiko, dass die Verfahrensbeteiligten identifizierbar werden“, heißt es von Gundula Fehns-Böer vom Präsidialreferat.

Das Argument ist allerdings wenig valide. Wenn es eine anonymisierte Entscheidung der ersten Instanz gibt und eine weitere anonymisierte Entscheidung der zweiten Instanz, kann nicht die Kenntnis beider Entscheidungen im Zusammenspiel dazu führen, dass die Anonymisierung leidet.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!