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#Wie Macron Imame zu echten Franzosen machen will

Wie Macron Imame zu echten Franzosen machen will

Nach den jüngsten Terroranschlägen arbeitet Frankreich unter Hochdruck an neuen Ausbildungs- und Zulassungsformen für muslimische Prediger. Präsident Emmanuel Macron hat den Mitgliedern des „Kultusrates der französischen Muslime“ (CFCM) jetzt eine Frist von zwei Wochen gesetzt, nachdem er in seiner Rede zum „Kampf gegen den islamistischen Separatismus“ Anfang Oktober noch von einem halben Jahr gesprochen hatte.

Michaela Wiegel

Bis spätestens zum 7. Dezember soll der Kultusrat eine „Charta der republikanischen Werte“ ausarbeiten, mit der ein überprüfbarer Wertekanon für Imame in Frankreich geschaffen wird. „Es wird diejenigen geben, die unterschreiben, und diejenigen, die nicht unterschreiben. Wir werden daraus lernen. Entweder bist du bei der Republik oder du bist nicht bei der Republik“, wurde Macron in der Zeitung „Le Figaro“ zitiert.

Der Ankündigung ging ein Treffen des Staatschefs und des Innenministers, Gérald Darmanin, mit Repräsentanten von acht der neun islamischen Vereine voran, die im Kultusrat vertreten sind. Der Conseil francais du culte musulman ist wie ein Dachverband organisiert und soll künftig um ein neues Gremium erweitert werden. So ist geplant, dass der CFCM einen „Nationalen Imamrat“ begründet. Der Imamrat soll in naher Zukunft die Imame ausbilden und „zulassen“, die in französischen Moscheen predigen dürfen. Bislang kann jeder, der sich als Prediger berufen sieht, in einer Moschee das Wort ergreifen.

Ein Ausweis für Prediger

Der Imamrat soll in Selbstverwaltung die Imame ausbilden und ihnen ein Diplom verleihen. Zudem soll der Rat einen Ausweis für „zugelassene“ Prediger ausstellen und die Einhaltung der in der Charta festgelegten Selbstverpflichtungen überprüfen. Damit sollen Anforderungen an die Imame wie ausreichende Kenntnis der französischen Sprache sowie der Sitten und Gepflogenheiten formuliert werden. Eine theologische Ausbildung ist hingegen nicht geplant. Als Vorbild für dieses Verfahren gelten nach den Worten Macrons berufsständische Vereinigungen wie die Ärzte- oder die Anwaltskammer. Im Fall der Nichteinhaltung der Selbstverpflichtungen soll der Imamrat Predigern die Zulassung entziehen können.

Der Präsident des „Kultusrats der französischen Muslime“, Mohammed Moussaoui


Der Präsident des „Kultusrats der französischen Muslime“, Mohammed Moussaoui
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Bild: AFP

Das Modell wirft dabei viele Fragen auf. Schon jetzt gelingt es dem Islamrat CFCM nur selten, Einmütigkeit in strittigen Fragen zu erzielen. Fünf der vertretenen Vereine hängen direkt von Weisungen aus der Türkei, Algerien und Marokko ab. Der Vorsitzende des Islamrats, Mohammed Moussaoui, hat marokkanische Wurzeln und repräsentiert den marokkanischen Verein UMF. Er verdankt seine Wahl an die Spitze des Islamrats im Januar den beiden türkischen Vereinen Milli Görüs und CCMTF, die mit zusammen 19 Sitzen im Islamrat als „Königsmacher“ gelten.

Loyalitätskonflikte zeichnen sich ab

Die türkischen Vertreter weigerten sich kürzlich, ein geplantes Kommuniqué mitzutragen, mit dem der Boykottaufruf Präsident Recep Tayyip Erdogans gegen Frankreich verurteilt werden sollte. Sie sollen auch zu der Verzögerung beigetragen haben, mit der der CFCM die Enthauptung des Geschichtslehrers Samuel Paty verurteilte. So warteten sie erst ab, bis Erdogan sich zum Terroranschlag äußerte, bevor sie ihre Zustimmung gaben. Es bleibt deshalb fraglich, wie der neue Imamrat Loyalitätskonflikte überwinden soll, die schon im muslimischen Kultusrat nicht gelöst werden konnten.

Macron hat das strukturelle Problem zwar erkannt und strebt an, einen gänzlich in Frankreich verwurzelten Islam zu befördern. Bis 2024 soll es keine aus dem Ausland entsandten Imame mehr in Frankreich geben. Die zwischenstaatlichen Vereinbarungen mit der Türkei, Algerien und Marokko über die Entsendung von Imamen wurden aufgekündigt. Zugleich sind der Regierung durch die strikte Trennung von Religion und Staat die Hände gebunden. So ist eine staatliche Ausbildung von Imamen, wie sie im deutschen Osnabrück versucht wird, mit Blick auf die in der Verfassung verankerte Laizität nicht denkbar.

Der 2003 begründete Islamrat spiegelt wider, wie sehr die etwa 3000 Moscheen in Frankreich nach den Herkunftsländern der Gläubigen strukturiert bleiben. Die Moscheen können nach Macrons Vorstellungen weiterhin aus dem Ausland finanziert werden, da staatliche Zuwendungen tabu sind. Der Präsident verlangt aber Transparenz, was die Zuschüsse aus Ländern wie Saudi-Arabien, Katar oder der Türkei betrifft.

Überwiegend Ausländer sind Imame

Ähnlich wie in Deutschland predigen in französischen Moscheen überwiegend Ausländer. Nur 20 bis 30 Prozent der Imame hätten die französische Staatsbürgerschaft, schreibt der Senat in dem bislang umfassendsten parlamentarischen Bericht über die Strukturen des Islams in Frankreich. Die statistische Erfassung der Moscheen und Gebetsräume und ihrer Mitarbeiter wird dadurch erschwert, dass der Islam dem gewöhnlichen Vereinsrecht unterworfen ist. Die Gemeinden sind als Vereine eingetragen. Die meisten Prediger seien Ehrenamtliche, nur ein Drittel der Imame in Frankreich würden für ihre Aufgaben wie für einen Vollzeitjob bezahlt, heißt es im Senatsbericht, der im Juli 2016 veröffentlicht wurde.

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Die meisten hauptberuflichen Imame stammen wie in Deutschland aus der Türkei und werden von der türkischen Religionsbehörde Diyanet entsandt und bezahlt. 151 sind es in Frankreich, in Deutschland ist die Zahl mit etwa 900 wesentlich höher. 120 weitere hauptberufliche Imame stammen aus Algerien, 30 aus Marokko. Während des Fastenmonats Ramadan gibt es mehrere hunderte sogenannte Wanderprediger, die nur für kurze Zeit hauptsächlich aus Nordafrika, aber auch von der arabischen Halbinsel nach Frankreich kommen und in verschiedenen Moscheen predigen.

Macron hat sich bislang nicht dazu geäußert, ob den Wanderpredigern weiterhin Kurzzeitvisa erteilt werden sollen. „Wir kämpfen gegen den radikalen Islamismus, niemals gegen den Islam“, hob der Präsident kürzlich hervor.

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