Nachrichten

#Wie politisch darf die Wissenschaft sein?

Als hätte der jüngst in den Ruhestand versetzte Wirtschaftssekretär Patrick Graichen nicht schon genug Ärger, stehen nun auch noch Plagiatsvorwürfe im Raum, die seine Doktorarbeit betreffen. Jochen Zenthöfer beschied ihm in der „Bild am Sonntag“ „Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis“ und „Täuschungsabsicht“. In keinem Land werden Plagiatsfragen so intensiv verhandelt wie hier. Außer in Österreich ist wohl auch nirgendwo die symbolische Bedeutung des Doktortitels so hoch wie hierzulande.

Etwas mehr als zwei Prozent eines Jahrgangs erwerben den Titel in Deutschland. Das sind fast doppelt so viele wie in anderen europäischen Ländern oder in Amerika. Von unseren Verwandten aus aller Welt – sei es in Israel, England oder Kanada – wurden wir nicht nur einmal gefragt, was es mit dieser Titelliebe auf sich hat. Nun müssen wir beide nicht so tun, als tickten wir anders als die Deutschen. Wir machen eifrig mit: Einer hat schon vor mehr als zehn Jahren den Zusatz vor dem Namen erhalten, die andere ist gerade mitten im Schreibprozess.

Wertvolle Jahre unseres Lebens

Warum wir uns entschieden haben, einige wertvolle Jahre unseres Lebens dem Verfassen einer Doktorarbeit zu widmen? Nun ja, es gibt viele Gründe. Insbesondere für Migranten aber gilt ein solcher Titel irgendwie immer auch als Gütesiegel, nach dem Motto: Bravo, erfolgreich integriert!

Für Juden galt die Promotion schon seit dem achtzehnten Jahrhundert als Symbol einer gelungenen Integration. 1784 promovierte an der Universität Leipzig der erste Jude, In Bayern mussten Juden noch fast hundert Jahre dafür kämpfen, einen Ruf an eine Universität zu bekommen. Als Erste schaffte es 1869 der Arzt Jakob Herz, ordentlicher Professor der Anatomie in Erlangen zu werden.

Die ersten muslimischen Doktoranden

In der Weimarer Republik besaßen dann schon viele Juden in Deutschland Doktor- und Professorentitel. Als deutsche Juden Anfang der Vierzigerjahre nach Palästina flohen, mussten sie sich mit ihrem beruflichen Abstieg abfinden. Eine beliebte Anekdote aus dieser Zeit handelt von zwei Bauarbeitern. Der eine gibt dem anderen einen Ziegelstein: „Bitte schön, Herr Doktor“, sagt der eine. „Danke schön, Herr Professor“, erwidert der andere.

Den ersten muslimischen Doktoranden in Deutschland ging es weniger um Integration. Sie kamen in den Zwanzigerjahren unter anderem aus Nordafrika, Indien und dem Mittleren Osten mit dem Ziel, hier ihr Promotionsstudium zu absolvieren. Interessanterweise entstand zu dieser Zeit erstmalig eine Art Milieu muslimischer Intellektueller hierzulande, welches aus den zugezogenen Studenten, Akademikern und einigen jüdischen Intellektuellen bestand.

Meron Mendel und Saba-Nur Cheema


Meron Mendel und Saba-Nur Cheema
:


Bild: david bachar

Besonders bekannt ist der deutsch-jüdische Schriftsteller Hugo Marcus, der zum Islam übertrat und Chefredakteur der ersten deutschsprachigen muslimischen Zeitung „Moslemische Revue“ wurde. Viele andere Doktoranden verließen Deutschland allerdings wieder, spätestens die nationalsozialistische Machtübernahme erzwang für einige die Rückreise. So etwa für den Chemiker Khwaja Abdul Hamied, der für seine Promotion aus Indien gekommen war, in Berlin seine jüdische Ehefrau Luba Der­czanska kennenlernte und nach 1933 mit ihr gemeinsam nach Indien zog.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!