Nachrichten

#„Wir fühlten nur blanke Ohnmacht“

„„Wir fühlten nur blanke Ohnmacht““

Walter Renner ist aus der Not heraus Polizist geworden. 1954 war das. „Meine Mutter war Kriegerwitwe. Sie sagte zu mir: ‚Du musst dir eine Arbeit suchen, ich kann dich nicht mehr ernähren.‘“ Renner war siebzehn, hatte gerade die Oberrealschule in Landshut abgeschlossen.

Bezahlte Arbeit lag nicht auf der Straße, aber er sah, wo zugepackt wurde: Beim Isar-Hochwasser konnte man die Polizisten des Bundesgrenzschutzes im Einsatz erleben. Das hat ihm imponiert. Kurz darauf rückte er bei der Bereitschaftspolizei in Eichstätt ein. Renner war froh, seine Mutter auch: Er war jetzt erst mal versorgt.

Fast ein Dreivierteljahrhundert später erinnert sich Walter Renner, 84 Jahre alt, ein groß gewachsener Mann, an seine Ausbildung: „Das war wie beim Barras – marschieren, marschieren, marschieren, Karabiner klopfen.“ Dann kam er zum Vermeldezug, die Verbindungen wurden gestöpselt, „wie beim Fräulein vom Amt“. Beim Vermeldezug landete er, weil er mit zehn Fingern Schreibmaschine schreiben konnte, das hatte er in der Schule gelernt. „Das war ein Vorteil, da bekam man die schöneren Jobs.“

Walter Renner in München als Funkstreifler an einem Isar-12-Wagen, einem BMW 501,  Anfang der sechziger Jahre (an der offenen Wagentür).


Walter Renner in München als Funkstreifler an einem Isar-12-Wagen, einem BMW 501, Anfang der sechziger Jahre (an der offenen Wagentür).
:


Bild: Foto privat

Der nächste schöne Job begann 1958: Renner kam zur damaligen Stadtpolizei München, „unbedingt wollt ich dahin!“ Zu Fuß ging Renner auf Streife, vom Heimatrevier Schwabing aus. Streifenwagen blieben den Männern von der Funkstreife vorbehalten, die im schnittigen BMW 501 herumfuhren, den Isar-12-Wagen. Da wollte Renner dann auch hin. „Die hatten Lederjacken, die stellten was dar“, sagt er und grinst.

Wieder half ihm, wie beim Vermeldezug, eine besondere Fähigkeit: Er sang (und singt immer noch) im Chor. „Ich komme aus einer Lehrerfamilie, da gehörte das dazu.“ Renner hatte im Polizeichor den stellvertretenden Chef der Funkstreife kennengelernt, der ihn für tüchtig genug hielt, um dort direkt anzufangen. Bei der Funkstreife verinnerlichte Renner deren Philosophie: Wenn die 110 gerufen wird, braucht jemand Hilfe. Und der Polizist soll an Ort und Stelle das lösen, was er antrifft – „ganz wurscht, was es auch ist“.

Walter Renner heute in München.


Walter Renner heute in München.
:


Bild: Dominik Gierke

Das hat er auch am 5. September 1972 versucht. Renner hatte während der Olympischen Spiele normal Dienst als Leiter eines Einsatzzuges im Stadtgebiet. Er trug natürlich Uniform – ganz anders als die Kollegen, die auf dem Olympiagelände als Ordnungskräfte unterwegs waren. Heiter, freundlich und fröhlich sollten die 20. Spiele sein, keine staatliche Machtdemonstration durfte den Eindruck stören. Das Gegenteil der Olympischen Spiele von 1936 wollte man vermitteln. Dementsprechend heiter war dann auch die Ausstattung der dort eingesetzten Polizisten: keine Uniformen, keine Waffen, dafür Anzüge im lieblichen Olympia-Blau.

Am 5. September kletterte gegen 4.10 Uhr ein Kommando der palästinensischen Terrororganisation „Schwarzer September“ über den Zaun am olympischen Dorf. Sie wurden dabei beobachtet – doch man hielt die Männer in Trainingsanzügen für Sportler, die vom Feiern zurückkehrten. Den Ablauf der Ereignisse hat der britische Autor Simon Reeve in seinem Buch „Ein Tag im September“ detailliert beschrieben.

Mit Kalaschnikows und Handgranaten bewaffnet drangen sie in den Wohnbereich der israelischen Mannschaft in der Connollystraße 31 ein, nahmen elf Geiseln. Zwei von ihnen, Mosche Weinberg und Josef Romano, die Widerstand leisteten, wurden getötet. Um 5.03 Uhr ging ein Notruf bei der Polizei über Schüsse ein, gegen 5.30 Uhr traf der Münchner Polizeipräsident Manfred Schreiber mit bewaffneten Polizisten im olympischen Dorf ein.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!