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#Wird das „Containern“ bald legal?

„Wird das „Containern“ bald legal?“

Neues Jahr, neuer Anlauf: Die Politik will die Vernichtung von Lebensmitteln eindämmen. Dabei geht es auch um Straffreiheit von Aktivisten, die Lebensmittel aus Abfallcontainern von Supermärkten holen, um sie für den Verzehr zu „retten“, kurz um das „Containern“. Steigende Lebensmittelpreise und Lieferengpässe haben den verantwortungsvollen Umgang mit Nahrungsmitteln zurück auf die politische Tagesordnung gebracht. Hinzu kommt die hitzige Debatte darüber, wie Politik und Gerichte reagieren sollten, wenn Aktivisten zur Rettung des Klimas, natürlicher Ressourcen oder eben von Lebensmitteln in Konflikt mit der Rechtsordnung geraten.

Kommende Woche werden sich in Berlin die Agrarminister des Bundes und der Länder mit dem Thema „Lebensmittelrettung“ befassen. Berlins Verbrauchersenatorin Bettina Jarasch hat den Antrag auf die Tagesordnung gebracht. Die strafrechtliche Verfolgung des Containerns sei „nicht mehr „sachgerecht“, findet die Grünen-Politikerin, deren Initiative vom rot-grün regierten Niedersachsen unterstützt wird. Auf Bundesebene loten unterdessen das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft von Cem Özdemir (Grüne) und das Bundesjustizministerium von Marco Buschmann (FDP) aus, wie verhindert werden kann, dass Essbares im Müll landet und jene, die in Robin Hood-Manier dagegen kämpfen wollen, Bestrafung riskieren.

Ankündigungen und Initiativen gegen Lebensmittelvernichtung und die Strafbarkeit des Containerns gab es schon in der vergangenen Legislaturperiode. Doch eine Initiative, Aktionen zur Lebensmittelrettung zu entkriminalisieren, scheiterte 2019 im Bundesrat. Die Ampelkoalition hat einen neuen Anlauf zu versprochen. Im Koalitionsvertrag heißt es: „Wir werden (…) die Lebensmittelverschwendung verbindlich branchenspezifisch reduzieren, haftungsrechtliche Fragen klären und steuerrechtliche Erleichterung für Spenden ermöglichen.“ Für Bundesernährungsminister Cem Özdemir gehört dazu auch, aktuell strafbewehrte Aktionen anzupacken. Wiederholt hat der Grünen-Politiker versichert, er befürworte „Straffreiheit für das Containern“.

Özdemir und Buschmann erarbeiten gemeinsamen Vorschlag

Nun will Özdemir seinen Worten gemeinsam mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) Taten folgen lassen. Man sei zum Thema Containern „im guten und konstruktiven Austausch“, versichern beide Häuser. Was das rechtlich im Detail bedeutet, wollen sie noch nicht verraten. Nur so viel: „Ein gemeinsamer Vorschlag zur Umsetzung ist derzeit in Arbeit“, sagte eine Sprecherin von Özdemirs Ministerium.

Auch Jarasch will die Justizminister mit ins Boot holen. Der Vorschlag der Berliner Senatorin: Auf Bitten der Agrarministerkonferenz sollen die Justizminister des Bundes und der Länder dafür sorgen, dass Strafverfahren wegen Containerns grundsätzlich eingestellt werden. Und zwar bundeseinheitlich durch Ergänzung der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren. Aus ernährungspolitischer Sicht wäre das ein „wichtiges Signal“, wirbt Jarasch.

Theoretisch denkbar wäre auch, das Containern von vorneherein von Strafverfolgung auszunehmen, indem das Strafgesetzbuch geändert wird. Nach aktueller Rechtslage sind auch Lebensmittel, die Supermärkte entsorgen, „fremde Sachen“, die unter den Straftatbestand des Diebstahls fallen – mit gutem Grund, wie das Bundesverfassungsgericht 2020 in einer Entscheidung zur Strafbarkeit des Containerns ausführte. So hätten die Händler ein berechtigtes Interesse daran, dass nicht mehr zum Verkauf bestimmte Lebensmittel tatsächlich entsorgt würden, um Haftungs- oder Prozessrisiken wegen möglicher Gesundheitsbeeinträchtigungen von Verbrauchern auszuschließen. Zwingend sei diese Wertung des Gesetzgebers allerdings nicht, schrieb das Bundesverfassungsgericht. Dass es auch anders geht, sieht man in Frankreich.

Vorbild Frankreich?

Im französischen Recht wird Abfall als „nichtige Sache“ oder „aufgegebene Sache“ betrachtet, so dass eine Strafbarkeit wegen Diebstahls ausscheidet, wenn Lebensmittel aus Containern von Supermärkten entwendet werden. Kommt es allerdings zu Zerstörungen, etwa weil die Lebensmittelretter Zäune zerschneiden oder Schlösser zu den Containern aufbrechen, ist das auch in Frankreich strafbar.

Das Problem weiterer Straftaten beim „Containern“ – sei es Sachbeschädigung, sei es Hausfriedensbruch – wäre auch in der deutschen Debatte zu berücksichtigen. Die schlichte Devise „Straffreiheit fürs Containern“ blendet diese Rechtsverstöße aus, die regelmäßig mit Entwendung der Lebensmittel begangen werden.

Nicht zuletzt deswegen gibt es Überlegungen, nicht beim Strafrecht oder Strafprozessrecht anzusetzen, sondern die Supermärkte selbst durch sogenannte Anti-Wegwerf-Gesetze bußgeldbewehrt in die Pflicht zu nehmen. Verhindert werden soll, dass Lebensmittel, die noch gegessen werden könnten, überhaupt im Müllcontainer landen. Auch hier wird Frankreich als Vorbild genannt. Dort besteht für Lebensmittelhändler die Pflicht, noch verwertbare Nahrungsmittel zu spenden, anstatt sie zu entsorgen.

Umstrittene Anti-Wegwerf-Gesetze

Aus Sicht des Lebensmittelverbandes Deutschland wären aber weder Anti-Wegwerf-Gesetze noch die Entkriminalisierung des Containerns sinnvoll, um die Lebensmittelverschwendung einzudämmen. „Damit würde die Politik falsche Signale senden, weil ausgeblendet wird, dass es auch um Lebensmittelsicherheit geht“, sagte Marcus Girnau, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbandes.

Deutsche Unternehmen spendeten um Übrigen jedes Jahr rund 300.000 Tonnen Lebensmittel an die Tafeln. „Mehr als in Ländern mit Anti-Wegwerf-Gesetzen, so Girnau. Diese Kooperation mit den Tafeln solle die Politik fördern, etwa indem sie bürokratische und steuerliche Hürden abbaue. Außerdem dürfe man nicht vergessen: Nur 7 Prozent der gesamten Verluste in der Wertschöpfungskette seien dem Handel zuzurechnen. Die meisten Lebensmittel würden in den privaten Haushalten weggeworfen.

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