Wissenschaft

#Zahl der menschlichen Immunzellen erhoben

Der menschliche Körper besteht aus Billionen von Zellen, die sich in ihrer Form und Funktion stark unterscheiden. Eine Blutzelle ist beispielsweise viel kleiner und kompakter als eine Muskel- oder Nervenzelle. Erst vor wenigen Wochen haben Forschende die durchschnittliche Zahl aller Zellen erhoben, die im menschlichen Körper vorkommen. Doch wie viele dieser Zellen gehören zum Immunsystem? Und welche Immunzelltypen sind wo im Körper zu finden? Das hat nun ein weiteres Forschungsteam ermittelt. Demnach besteht das Immunsystem eines 73 Kilogramm schweren Mannes aus etwa 1,8 Billionen Zellen, die zusammen rund 1,2 Kilogramm wiegen. Zahlenmäßig den größten Anteil daran haben die Immunzelltypen der Lymphozyten und Neutrophilen.

Alle Lebewesen einschließlich uns Menschen sind aus Zellen aufgebaut, den Grundeinheiten des Lebens. In Organismen wie uns Menschen, die aus mehreren verschiedenen Zellen bestehen, sind die einzelnen Zelltypen zudem je nach Gewebe und Funktion spezialisiert und unterscheiden sich dadurch in ihrer Form, Größe oder ihrem Stoffwechsel. Wie viele Zellen es im menschlichen Körper insgesamt gibt und wie sich die verschiedenen Zelltypen nach Zellgröße, Zellzahl und Massenanteil unterscheiden, hat vor wenigen Wochen ein Forschungsteam bestimmt. Nun haben andere Forschende sich die Zellen unseres Immunsystems genauer angeschaut und ihre Zusammensetzung und Verteilung in unserem Körper analysiert. Denn auch unser Immunsystem besteht aus verschiedenen, auf ihre jeweiligen Aufgaben bei der Abwehr von Krankheitserregern spezialisierten Zelltypen. Zusammen bilden sie ein Netzwerk, das verschiedene Gewebe und Organe umfasst, beispielsweise die Lymphknoten. Unklar war jedoch bislang, wie genau sich die Immunzellen verteilen.

Für ihre Studie werteten die Forschenden um Ron Sender vom Weizmann-Institut für Wissenschaften in Israel verschiedene Daten aus und kombinierten sie miteinander, um daraus die Anzahl, Masse und Verteilung der Zellen im menschlichen Immunsystem zu ermitteln. Das Team wertete die bestehende Fachliteratur aus und analysierte daraus unter anderem Daten aus der medizinischen Bildgebung von Geweben, der Zellzählung einzelner Zelltypen aus verschiedenen Geweben und Organen sowie aus der auf Epigenetik basierenden Zelldetektion. Da diese Daten mittels verschiedener Methoden und Definitionen erhoben wurden, waren sie nicht immer unmittelbar vergleichbar. Das Team um Sender wendete statistische Analysen und Meta-Techniken an, um daraus vergleichbare Daten zu generieren und ein Gesamtbild unseres Immunsystems zu erhalten.

1,2 Kilogramm Immunzellen bei Männern

Ihre Auswertung ergab, dass das Immunsystem eines erwachsenen Mannes aus etwa 1,8 Billionen Zellen besteht. Auf seine durchschnittlich 73 Kilogramm Körpergewicht kommen 1,2 Kilogramm an Immunzellen. Eine 60 Kilogramm schwere Frau besteht entsprechend aus 1,5 Billionen Immunzellen, die zusammen etwa ein Kilogramm wiegen. Bei einem 10-jährigen Kind, das 32 Kilogramm wiegt, sind es etwa eine Billion Immunzellen mit einem Gewicht von 600 Gramm.

Grafische Darstellung der Verteilung der Immunzellen auf die Organe im menschlichen Körper
Schätzungen der Masse aller menschlichen Immunzellen nach Zelltyp und Gewebe, gruppiert nach Primärsystemen. © Ron Sender, erstellt mit BioRender.com

Da die einzelnen Immunzellen unterschiedlich groß und schwer sind, haben sie verschiedene Anteile an der Zellzahl und am Zellgewicht des Immunsystems. Den zahlenmäßig größten Anteil haben demnach die Lymphozyten, die sich hauptsächlich in den Lymphknoten und der Milz befinden und zu denen T-Zellen, B-Zellen, natürliche Killerzellen und Plasmazellen gehören, berichten die Wissenschaftler. Diese Immunzellen machen 40 Prozent der Zellen und 15 Prozent der Zellmasse des Immunsystems aus. Ähnlich häufig kommen in unserem Immunsystem die Zellen der Neutrophilen vor, die hauptsächlich im Knochenmark zu finden sind. Die myeloischen Immunzellen, zu denen vor allem die im ganzen Körper vorkommenden Makrophagen gehören, machen laut der Studie nur zehn Prozent der Zellzahl, aber 50 Prozent der Masse des Immunsystems aus, weil sie deutlich größer und etwa zehnmal schwerer sind als die anderen Immunzellen.

Überraschung im Darm

Hinsichtlich der Verteilung der Immunzellen in unserem Körper stellten die Forschenden überraschenderweise fest, dass nicht wie zuvor angenommen der Darm die meisten Immunzellen des Körpers enthält. In ihm finden sich im Gegenteil nur etwa drei Prozent unserer Immunzellen. Der Darm beherbergt demnach zwar vor allem Lymphozyten, jedoch sind nur etwa fünf Prozent aller Lymphozyten unseres Immunsystems im Darm zu finden. Ähnlich wenige Immunzellen finden sich laut der Studie in unserer Haut, unserer Lunge und unserem Blut (je zwei bis vier Prozent aller Immunzellen). Zahlen- und gewichtsmäßig die meisten Immunzellen befinden sich stattdessen im Lymphsystem und im Knochenmark mit je rund 40 Prozent unserer Immunzellen beziehungsweise rund 30 Prozent ihrer Masse. Diese Organe bestehen demzufolge hauptsächlich aus Immunzellen und sind auch am dichtesten mit ihnen bepackt.

Die Verteilung der Immunzellen auf unsere Organe und ihre Differenzierung nach Zelltyp ist weitgehend unabhängig vom Geschlecht, berichten die Forschenden. Im Zuge des Alterungsprozesses und bei Erkrankungen verändere sich die Zusammensetzung unseres Immunsystems jedoch. Was genau beim Altern und bei längerfristigen Erkrankungen wie Krebs passiert und wie gravierend die Veränderungen auf unser Immunsystem sind, müssen weitere Studien zeigen. Die Ergebnisse stellen insgesamt eine Näherung basierend auf Schätzungen und Reanalysen vorhandener Daten dar. Eine vollständige Zählung, welche Zellen im menschlichen Immunsystem wie häufig und wo vorkommen, wurde bislang nicht durchgeführt. Sender und seine Kollegen hoffen jedoch, dass ihre Erkenntnisse dabei helfen, unser Immunsystem besser zu verstehen und quantitative Modelle des menschlichen Immunsystems zu entwickeln.

Quelle: Ron Sender (Weizmann-Institut für Wissenschaften) et al., Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.2308511120

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