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#Ziemlich einig

„Ziemlich einig“

Am Samstag debattieren die Grünen über Krieg und Frieden. Wie auch bei der Atomkraft geht es hier um ein Stück grüne Identität, eine Wurzel der Partei ist die Friedensbewegung. 88 Änderungsanträge gab es zum Text des Bundesvorstands, dazu noch rund zwanzig eigenständige Anträge. Doch das hört sich nach mehr Kontroverse an als man tatsächlich in der Halle am Bonner Platz der Vereinten Nationen beobachten kann. Das liegt auch daran, dass die Kriege in der Welt die Grünen schon seit den neunziger Jahren fordern und sie zu differenzierteren Antworten zwingt als den Verweis auf ein pazifistisches Ideal.

Annalena Baerbock, die Außenministerin, setzt den Ton für die Debatte. „Wir unterstützen die Ukraine, weil wir eine Menschen- und Friedenspartei sind.“ Der Einsatz für den Frieden, so das Argument, kann eben nicht bedeuten, zuzuschauen, wie ein Land ein anderes überfällt, sondern Solidarität und Engagement, und zwar auch militärisches. Am späten Nachmittag stimmt eine sehr große Mehrheit der rund 800 Delegierten für die Position des Bundesvorstands. Er enthält ein Bekenntnis zu den Waffenlieferungen an die Ukraine, zur Nato und (mit weniger Enthusiasmus) zum Hundert-Milliarden-Programm für die Bundeswehr. „Jetzt kommen Leute und sagen: Wir sind so staatstragend“, sagt Omid Nouripour, der Parteivorsitzende, der den Antrag einbringt. „Ja, klar, wir tragen diesen Staat. Es braucht jemanden, der diesen Karren zieht und das wir, Bündnis 90/Grüne.“ Tosender Applaus im Saal.

Zuvor hat die Antragskommission ganze Arbeit geleistet. Die große Mehrheit der Anträge hatten sich erledigt, der Leitantrag des Bundesvorstands wurde in manchen Punkten leicht modifiziert, Anträge wurden zusammengefasst oder in andere Gremien überwiesen. Als es zur Abstimmung kommt, bleiben nur noch ein paar Grüne übrig, die sich nicht einbinden lassen wollten. Dazu gehört Karl-Wilhelm Koch aus der Vulkaneifel, der auf jedem grünen Parteitag schon durch die Vielzahl der Anträge aufgefallen ist. Er wirbt für eine Friedenskonferenz über die Einrichtung des neutralen Status der Ukraine, er warnt vor nuklearer Eskalation und fordert, den Luftwaffenstützpunkt Fliegerhorst der deutschen Luftwaffe Büchel aufzulösen.

Grüne stimmen offen ab

Zum Kurs der Bundesregierung sagt Koch: „Was würden Heinrich Böll und Petra Kelly denken? Ich glaube, die würden im Grab rotieren.“ Er mahnt, dass die Grünen sich nicht „vollends unglaubwürdig bei der Wählerschaft“ machen dürfen. Immer wieder versuchen Koch und seine Mitstreiter, geheime Abstimmungen durchzusetzen. Das war schon am Freitagabend bei der Atomdebatte gescheitert, auch jetzt will eine Mehrheit des Parteitags das nicht. Unter Grünen werde kein Druck ausgeübt, argumentiert Britta Haßelmann, die Fraktionsvorsitzende.

In einer Frage hätte es ernst werden können: die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien. Die Bundesregierung hat kürzlich trotz des bestehenden Exportverbots Waffenlieferungen in das Land genehmigt, das am Krieg im Jemen beteiligt ist. Baerbock wiederholt am Samstag noch einmal die offizielle Begründung: Es handele sich um Lieferungen im Rahmen europäischer Gemeinschaftsprojekte, Deutschland habe entsprechende Verpflichtungen. „Das ist unglaublich schwer für uns“, sagt sie und verspricht: „Wir liefern nicht direkt nach Saudi-Arabien.“

Eine ganze Gruppe von Grünen wollte sich vor dem Parteitag damit nicht zufrieden geben. Der Bundestagsabgeordnete Max Lucks und 107 andere Grüne, darunter viele Abgeordnete, forderten die Klarstellung, dass die September genehmigten Waffenlieferungen im Wert von 36 Millionen Euro an Saudi-Arabien im Widerspruch zur grünen Maxime stehen. Außerdem sollte die Jemen-Klausel des Koalitionsvertrages auch für die Zulieferung für europäische Gemeinschaftsprojekte gelten. Im Vorfeld des Parteitag gab es einen Kompromiss. Saudi-Arabien wird nun nicht mehr ausdrücklich erwähnt, aber im Text findet sich der Zusatz, dass Rüstungsexporte kein Instrument der Industriepolitik seien. „Wir wollen ein restriktives Rüstungsexportkontrollgesetz, das insbesondere Transparenz über die erteilten Genehmigungen und ihre jeweilige inhaltliche Begründung, sowie über die tatsächliche Ausfuhr von Kriegswaffen und Rüstungsgütern schafft.“

Auf EU-Ebene werde man sich dafür einsetzen, ein verbindliches Regime zur europäischen Waffenexportkontrolle für gemeinsame Rüstungskooperationen zu schaffen. Kurz vor dem Parteitag hatte das Bundeswirtschaftsministerium Eckpunkte für ein Rüstungsexportkontrollgesetz lanciert. So bleibt zur Abstimmung in Sachen Saudi-Arabien am Samstag nur ein Antrag übrig, in dem die Zurücknahme der erteilten Genehmigung gefordert wird. Das will nur eine ganz kleine Minderheit der Delegierten.

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