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#Zweifel am Impf-Engpass

Zweifel am Impf-Engpass

Weihnachtsruhe? Schön wär’s. Zwischen der neuen und der alten Bundesregierung ist ein Streit über eine womöglich drohende Impfstoffknappheit entbrannt. Nach Einschätzung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) droht im ersten Quartal 2022 ein Mangel an Corona-Impfstoffen. Dies habe eine „Inventur“ ergeben. In den nächsten drei Monaten werde deutlich weniger Impfstoff ausgeliefert als aktuell, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministers am Mittwoch.

Wie viele Dosen genau fehlen werden, vermochte er nicht abzuschätzen. „Im Vergleich zu jetzt ist es jedenfalls nicht genug.“ Die Union warf dem Gesundheitsminister vor, die Lage zu dramatisieren. „Karl Lauterbach ruft Feuer, um dann Feuerwehr zu spielen – obwohl er weiß, dass es gar nicht brennt“, schrieb der gesundheitspolitische Sprecher Tino Sorge an seine Fraktionskollegen im Bundestag. Jens Spahn (CDU) wollte sich zu den Vorwürfen seines Nachfolgers auf Anfrage nicht äußern.

Was unstrittig ist: Wegen der hohen Infektionszahlen mit der Delta-Variante und der wachsenden Ausbreitung von Omikron ist der Bedarf an Auffrischimpfungen höher als erwartet. Noch im Oktober hielt auch Lauterbach einen zeitnahen „Booster“ für alle Zweifachgeimpften nicht für nötig, jetzt wird er allgemein empfohlen. Viele Menschen, die im Sommer ihre Zweitimpfung erhalten haben, machen jetzt wieder Termine in den Impfzentren und bei den Hausärzten. Zugleich ist mit der Einführung der 2-G-Regel in Gastronomie und Handel die Nachfrage nach Erst- und Zweitimpfungen gestiegen. Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi) rechnet damit, dass im ersten Quartal 2022 für Erst-, Zweit- und Boosterimpfungen 54 Millionen Impfdosen benötigt werden, wenn der Abstand zwischen Zweit- und Drittimpfung sechs Monate betragen soll. Bei einem Abstand von vier Monaten würden insgesamt 57,1 Millionen Dosen benötigt.

Biontech zeigt sich gesprächsbereit

Wie viele Impfdosen die Bundesregierung für Anfang 2022 mit den Herstellern vereinbart hat, blieb ebenso offen wie die Frage, wann die noch vorrätigen Dosen verfallen. Stand Montag waren knapp 2,8 Millionen gelieferte Biontech- und 16 Millionen Moderna-Dosen noch nicht verimpft. Zuletzt hatten Impfärzte oft weniger Biontech bekommen als geordert. Das Präparat von Moderna wollen hingegen nicht alle Impfwilligen. Wegen möglicher Komplikationen sollen Jüngere ohnehin Biontech bekommen. Lauterbach will an diesem Donnerstag über seine Gespräche mit den Herstellern informieren.

Die im Frühjahr von der Bundesregierung geschaffene Taskforce zur Impfstoffproduktion ist zumindest kurzfristig keine Hilfe. Ihr Leiter Christoph Krupp, ein Vertrauter des heutigen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD), hatte das Ziel ausgegeben, in Europa Reservekapazitäten für die Produktion von 500 Millionen Dosen Impfstoff im Quartal aufzubauen. Diese sollen bei Bedarf aktiviert werden können. Derzeit ist die Taskforce aber noch dabei, „mit geeigneten Unternehmen international anschlussfähige Pandemiebereitschaftsverträge zu verhandeln“, wie eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums mitteilte, wo die Arbeitsgruppe angesiedelt ist. Bis Ende März sollen die Verträge nun stehen.

Zu den aktuellen Problemen zeigt sich der Hersteller Biontech gesprächsbereit: „Wie bisher auch werden wir versuchen, einen kurzfristigen Lieferbedarf pragmatisch durch frühere oder zusätzliche Lieferungen zu unterstützen, sofern der Bedarf bestehen sollte“, teilte das Unternehmen mit. Bisher habe man planmäßig ausgeliefert und den Vertrag für 2021 erfüllt sowie die Lieferungen unter dem neuen Vertrag begonnen. Im kommenden Jahr werden Biontech und sein Partner Pfizer 4 Milliarden Covid-19-Impfstoffdosen herstellen. Für Deutschland sind nach dem aktuellem Stand von Januar bis Juni 12 Millionen Dosen je Monat vorgesehen, die sich auf Erwachsene und Kinder verteilen. Moderna äußerte sich weniger konkret. Man sei „weiterhin entschlossen, die vereinbarten Liefermengen für 2022 zu erfüllen“, sagte ein Sprecher. Zahlen nannte er nicht.

4,2 Milliarden Dosen

Die EU-Kommission will der Bundesregierung helfen, zusätzlichen Impfstoff zu beschaffen. Allerdings ist in Brüssel offenbar nicht ganz klar, worin die Nöte des Gesundheitsministers bestehen. „Generell haben wir unverändert vor allem das Problem, dass einige Mitgliedstaaten nicht genug Impfstoff abrufen, weil dort zu wenig geimpft wird“, heißt es mit Blick auf Länder wie Bulgarien und Rumänien, wo erst 25 und 40 Prozent der Erwachsenen „vollständig“ (also zweimal) geimpft sind. Nach Angaben von EU-Diplomaten haben auch Mitgliedstaaten wie Belgien, Frankreich oder Spanien, in denen die Booster-Quote höher ist als in Deutschland, noch keinen Zusatzbedarf angemeldet.

Die EU hat für den Zeitraum bis etwa Mitte 2023 insgesamt 4,2 Milliarden Dosen Impfstoff bestellt. Davon entfallen 2,4 Milliarden Dosen auf Biontech-Pfizer und 460 Millionen auf Moderna. Damit hat sich die EU knapp 3 Milliarden Dosen an mRNA-Präparaten gesichert, die in Deutschland als Vakzine erster Wahl gelten. Hinzu kommen je 400 Millionen Dosen der Vektorimpfstoffe von Astra-Zeneca (AZ) und Johnson&Johnson (J&J).

Die EU-Arzneimittelagentur EMA prüft derzeit die Wirksamkeit von zwei weiteren Präparaten, die die EU ebenfalls bestellt hat, von Sanofi (300 Millionen Dosen) und Novavax (200 Millionen). Mit einer Freigabe des Novavax-Vakzins wird noch vor Weihnachten gerechnet. Das J&J-Präparat, das derzeit wegen seiner guten Lagerbarkeit vor allem in ärmere Länder geliefert wird, dürfte auch in der EU einsetzbar bleiben und insofern die Situation etwas entspannen. Die EU-Arzneimittelagentur EMA empfiehlt das Vakzin weiterhin, hält allerdings eine Auffrischimpfung alle zwei Monate für notwendig. Nebenwirkungen des J&J-Impfstoffs seien bislang nicht bekannt.  

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