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#Als in Hannover ein Privatjet aus Moskau landete

„Als in Hannover ein Privatjet aus Moskau landete“

Der Sommer 2020 war für Planespotter keine gute Zeit. Am Himmel gab es weniger Flugzeuge zu beobachten als sonst, die Zahl der Flugbewegungen war aufgrund der Pandemie eingeschränkt. Am 15. September 2020 hatte ein Planespotter jedoch Glück: Er bekam am Flughafen Hannover die Landung einer Embraer Legacy mit der Nummer RA-02858 vor die Linse. Der Privatjet mit Außenlackierung in den russischen Nationalfarben Weiß-Blau-Rot war am VIP-Terminal des Moskauer Flughafens gestartet. An Bord saß eine ranghohe Delegation in diskreter Mission nach Niedersachsen.

Reinhard Bingener

Politischer Korrespondent für Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Bremen mit Sitz in Hannover.

Zwei Tage später trafen die Passagiere des Privatjets in der Hannoveraner Staatskanzlei auf Ministerpräsident Stephan Weil. Die russische Seite wurde unter anderen vertreten durch Minister Sergej Tscherjomin, in der Moskauer Regionalregierung für internationale Beziehungen zuständig, und Dmitrij Subow, den Vorstandsvorsitzenden des russischen Pharmakonzerns Binnopharm.

Aus der Staatskanzlei gibt es nur allgemeine Angaben

Im öffentlichen Terminkalender der Landesregierung wurde das Treffen nicht aufgeführt. Das sei nicht ungewöhnlich, schreibt die Staatskanzlei auf F.A.Z.-Anfrage und hüllt sich über den Inhalt des 70-minütigen Gesprächs weitgehend in Schweigen. Allgemein heißt es, „neben der Pandemie“ sei es um „Themen“ im Verhältnis zwischen Niedersachsen und Russland gegangen. Die diplomatischen Beziehungen Niedersachsens zu anderen Staaten seien „grundsätzlich vertraulich“.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil am 18. März 2022 in Hannover.


Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil am 18. März 2022 in Hannover.
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Bild: dpa

Die Reise führt zurück in das komplizierte deutsch-russische Verhältnis zu dieser Zeit. Der SPD-Politiker Stephan Weil gehörte in der Pandemie neben Markus Söder und den ostdeutschen Regierungschefs zur Riege derjenigen Ministerpräsidenten, die zeitweilig mit einem Import des russischen Impfstoffs Sputnik V liebäugelten.

Weil liebäugelte mit russischem Impfstoff Sputnik V

Besonders weit wagten sich der CSU-Politiker Söder und Weils Parteifreundin Manuela Schwesig vor, obwohl der russische Vektor-Impfstoff noch keine Zulassung der Europäischen Arzneimittelbehörde hatte – und auch niemals erhielt. Denn Russland präsentierte zwar vielversprechende Daten zu Sputnik V und setzte den Impfstoff auch als Mittel seiner Außenpolitik ein. Statistiker verwiesen jedoch mehrfach auf Auffälligkeiten der Daten zu Sputnik und vermuteten dort Manipulationen.

In Russland wurde Sputnik hingegen Mitte August 2020 noch vor Beginn der dritten Studienphase zugelassen, also wenige Wochen vor dem Moskauer Besuch in der Niedersächsischen Staatskanzlei. Das russische Pharmaunternehmen Binnopharm zählte zu den vier Produzenten des Impfstoffs. Die Staatskanzlei teilt mit, dass bei dem Termin mit dem Binnopharm-Chef nicht über einen Import von Sputnik V gesprochen worden sei, für den Ministerpräsident Weil sich einige Monate später offen zeigte.

Einen Pharma-Bezug hatte die Reise dennoch, denn während ihres Aufenthalts besuchte die Delegation auch das Göttinger Unternehmen Sartorius, das nach Aussage eines Firmensprechers mit Binnopharm bei der Impfstoffproduktion kooperierte.

Die Landesregierung antwortet auf Anfrage, dass der damalige russische Honorarkonsul in Hannover, Heino Wiese, in der Anbahnung der Delegationsreise aus Moskau keine Rolle gespielt habe. Der ehemalige niedersächsische SPD-Landesgeschäftsführer und Bundestagsabgeordnete ist ein langjähriger Vertrauter von Gerhard Schröder und gilt mit der von ihm gegründeten Beratungsfirma Wiese Consult als Schlüsselfigur der sozialdemokratischen Moskau-Connection. Auch Ministerpräsident Weil hat Russland-Veranstaltungen seines langjährigen Bekannten Heino Wiese mehrfach durch seine Präsenz aufgewertet.

Und wieder taucht Honorarkonsul Heino Wiese auf

F.A.Z-Recherchen zufolge hat sich Wiese einen Monat nach der Landung des Privatjets mit der damaligen niedersächsischen Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) im Oktober 2020 zum Mittagessen getroffen. Das Ministerium bestätigt, dass es kurz nach dem Treffen einen Mailverkehr zwischen der Wiese Consult und dem Ministerium gegeben habe, in dem es unter anderem um Corona ging. Reimann, mittlerweile Chefin des AOK-Bundesverbands, lässt jedoch ausrichten, dass sie mit Wiese nicht über Russland oder Impfstoffe gesprochen habe. Das Treffen mit Wiese sei ein „privates Mittagessen“ gewesen.

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