Nachrichten

#Brauchen die Corona-Maßnahmen eine solidere gesetzliche Basis?

Brauchen die Corona-Maßnahmen eine solidere gesetzliche Basis?

Müssen die Corona-Maßnahmen endlich auf solidere gesetzliche Füße gestellt werden? Die Debatte über diese Frage ist keineswegs neu, wenngleich sie bisher vor allem in akademischen Kreisen geführt wurde. Nun erreicht sie das Innere der großen Koalition in Berlin. „Verfassungsrechtlich bedenklich“ nannte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, den aktuellen Zustand am Freitag in der F.A.Z. „Das Parlament muss in diesen Fragen viel mehr Mitsprache haben“, sagte Fechner. Die Schutzmaßnahmen seien nötig, „aber wenn sie wesentlich in Grundrechte eingreifen, muss das Parlament entscheiden“.

Alexander Haneke

Tatsächlich hatte schon mit dem großen bundesweiten Lockdown im März eine ganze Reihe von Rechtsprofessoren die Meinung vertreten, dass die Regierungen von Bund und Ländern derartig weitreichende Einschränkungen nicht einfach erlassen dürften, ohne dass der Bundestag das Infektionsschutzgesetz ändere. Denn der Staat darf die Rechte der Bürger nur einschränken, wenn er eine gesetzliche Grundlage dafür hat. Und die sollte umso präziser sein, je tiefer der Eingriff in die Rechte ist.

Freilich handelten Bund und Länder mit dem Lockdown nicht im gesetzesfreien Raum – sie stützten die Maßnahmen auf den Paragraphen 28 des Infektionsschutzgesetzes (IFG). Doch ist diese Vorschrift äußerst allgemein gefasst. Grob gesagt, regelt sie, dass „die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen“ treffen kann, „soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist“. Es folgen ein paar wenige Beispiele, etwa dass Personen verpflichtet werden können, „den Ort, an dem sie sich befinden“, nicht zu verlassen oder bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht zu betreten. Viel mehr findet sich im IFG nicht.

Erschütterung des Legalitätsverständnisses?

Juristen wie der Berliner Staatsrechtler Christoph Möllers hatten schon im März bemängelt, dass der Gesetzgeber bei Erlass des Paragraphen 28 IFG kaum im Sinn gehabt habe, damit die Stilllegung des gesamten öffentlichen Lebens zu ermöglichen. Aus einer Generalklausel des besonderen Polizeirechts, zu dem das IFG zählt, werde hier ein allgemeines Notstandsrecht gemacht, schrieb Möllers.

Er warnte damals auch vor einer Erschütterung des Legalitätsverständnisses, sollten massive kollektive Grundrechtseingriffe fortan auf einer so allgemeinen Gesetzesgrundlage erfolgen können, nur weil sie in der Sache als richtig angesehen würden. Auch wenn die Corona-Maßnahmen nicht autoritär gemeint seien, könnten sie Präzedenzfälle schaffen.

Doch das Bundesverfassungsgericht nahm der Debatte vorerst den Wind aus den Segeln. Als die Karlsruher Richter im April die ersten Eilentscheidungen zu den Corona-Maßnahmen trafen, fanden sie einen anderen Weg, den Interessen der Bürger zu genügen: eine möglichst kurze Befristung der Maßnahmen.

Die Online-Flatrate: F+


Kern der Argumentation war es, dass Staat und Gesellschaft vor einer völlig neuen Gesundheitsgefahr stünden, zu der es kaum gesicherte Erkenntnisse gebe. Der Exekutive müsse daher ein weiter Handlungsspielraum zugestanden werden. Doch in diesem Rahmen (und weil so vieles noch ungewiss war) dürften jene Maßnahmen immer nur für eine kurze Frist erlassen werden, argumentierte Karlsruhe, und sie müssten ständig überprüft werden. Zudem führten die Verwaltungsgerichte in der Regel eine strenge Prüfung der Verhältnismäßigkeit durch, vor allem, ob die jeweiligen Regelungen zum Infektionsschutz geeignet seien und ob es nicht mildere Mittel gebe.

„Corona-Maßnahmen parlamentarisch verhandeln“

Doch nun, da sich das Infektionsgeschehen verstetigt, ist die Lage eine andere. Denn inzwischen ist die Gefahr weder völlig neuartig, so dass sie absolute Flexibilität erfordern würde, noch sieht es so aus, als würden kurzfristige Maßnahmen helfen. Bundestag und Landesparlamente könnten also ohne Probleme diejenigen Maßnahmen genauer regeln, die sich bisher bewährt haben und die nun auf längere Zeit erhalten bleiben werden, findet Rechtsprofessor Möllers. „Es ist längst an der Zeit, die Corona-Maßnahmen parlamentarisch zu verhandeln“, sagt Möllers der F.A.Z.

Und das nicht nur aus dogmatischen Gründen. Der Erlass der bisherigen Maßnahmen als Rechtsverordnungen führte dazu, dass ihnen weder eine öffentliche Debatte vorausgegangen war noch schriftliche Begründungen niedergelegt wurden. „Damit ist es selbst für die Gerichte schwer herauszufinden, was eigentlich gemeint ist“, sagt Möllers. Zudem sei ein solcher Streit „im Parlament schlicht besser aufgehoben als in nichtöffentlichen Videokonferenzen zwischen Staatskanzleichefs und Kanzleramt, auch wenn das vielleicht bequemer ist“.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!