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#Braut die queere Community das beste Bier in Kirgistan?

„Braut die queere Community das beste Bier in Kirgistan?“

Am frühen Abend herrscht im Save The Ales Ruhe vor dem Sturm. In der Bar im Zentrum der kirgisischen Hauptstadt Bischkek läuft das selbst gebraute Bier noch langsam aus dem Hahn – ein Stockwerk tiefer, im Keller, befindet sich die eigene Brauerei. „Pale Ale, Dark Stout, Cider, was darf es denn sein?“, fragt die Gastronomin Aida Musulmankulova, 40, und nickt einer Kellnerin in kurzen Shorts und Chucks zu.

Save The Ales ist eines dieser hippen Craft-Beer-Lokale, wie man sie derzeit in Großstädten von Berlin und Bangkok bis nach Bischkek findet – und gleichzeitig eine der wenigen Anlaufstellen und Safe Spaces für die lokale queere LGBT+-Community des Landes. 2016 hatte Musulmankulova den Ort gemeinsam mit ihrer damaligen Freundin eröffnet. Es ist die erste Craft-Brauerei und gleichzeitig die einzige All-Female-Brewery Kirgistans. In der Bar und Brauerei arbeiten ausschließlich Frauen, viele aus der queer-lesbischen Gemeinschaft. Musulmankulova bietet ihnen damit in der bis heute als Männerdomäne verstandenen Bierwelt berufliche Möglichkeiten, insbesondere solchen Frauen, die wegen ihrer Identität oder sexuellen Orientierung Schwierigkeiten hätten, anderswo einen Job zu finden.

Rund 6,5 Millionen Menschen leben in der ehemaligen Sowjetrepublik in Zentralasien. Homosexualität ist dort, anders als gleichgeschlechtliche Ehen, seit 1998 zwar nicht mehr illegal. Allerdings wird sie in der traditionell patriarchalen, von einem moderaten Islam geprägten Gesellschaft bis heute stigmatisiert. LGBT+-Personen, die sich öffentlich zu ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität bekennen, riskieren bis heute körperliche oder verbale Übergriffe und den Verlust von Arbeitsplätzen.

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Lokale NGOs wie Labrys und Kyrgyz Indigo und internationale Organisationen wie Human Rights Watch berichten immer wieder auch von Angriffen seitens Behörden. Polizisten sollen mit Fake-Profilen Männer auf Datingplattformen ausfindig machen, die dort auf der Suche nach gleichgeschlechtlichen Verbindungen sind, um diese unter Druck zu setzen oder zu erpressen. Sie berichten von Zwangsverheiratungen lesbischer sowie bisexueller Frauen und der Praxis „korrigierender“ Vergewaltigungen.

Obwohl Kirgistan im zentralasiatischen Vergleich als gemäßigt gilt, erstarken dort, wie momentan an vielen Orten der Welt, konservativ-nationale und streng religiöse Tendenzen. Anfang 2021 kam Sadyr Schaporow nach einer umstrittenen Wahl an die Macht. Mit einem Verfassungsreferendum hatte er vergangenes Jahr außerdem seine Vollmachten als Präsident ausgebaut. Menschenrechtler kritisieren, dass sich damit autoritäre Strukturen im Land wieder festigen.

Im Save The Ales werden internationale Gerichte serviert, die Inhaberin Musulmankulova auf Reisen kennengelernt hat.


Im Save The Ales werden internationale Gerichte serviert, die Inhaberin Musulmankulova auf Reisen kennengelernt hat.
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Bild: Clara Nebeling

Zu den besonders kritisierten Änderungen der Verfassung gehört Artikel 10, nach welchem Aktivitäten, die „den moralischen und ethischen Werten und dem öffentlichen Bewusstsein des kirgisischen Volkes zuwiderlaufen“, unter dem Vorwand des Schutzes der jungen Generation verboten werden können. Ein ähnliches Gesetz kennt man aus Russland. Es ist bewusst vage formuliert. Die LGBT+-Community befürchtet, dass das Ausleben der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität damit als verfassungswidrig ausgelegt werden könnte. Musulmankulova sagt: „Früher war schwul oder lesbisch zu sein ein so großes Tabu, dass es praktisch nicht existierte. Das gab den Menschen gewisse Freiräume. Heute, wo sich gerade die Jüngeren freier ausleben wollen, haben die Anfeindungen in der Gesellschaft zugenommen.“

In der Hauptstadt Bischkek gibt es nur wenige Orte, an denen sich die örtliche queere Szene sicher fühlt.


In der Hauptstadt Bischkek gibt es nur wenige Orte, an denen sich die örtliche queere Szene sicher fühlt.
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Bild: Clara Nebeling

Das beginnt oft in der eigenen Familie. Als Musulmankulova sich mit 18 outete, schickten die Eltern sie zum Psychologen und die damalige Freundin gleich mit. „Wir waren dort einmal und dann nie wieder“, sagt sie. Danach herrschte drei Jahre Funkstille zwischen ihr und ihren Eltern. Dann hätten sie angerufen und gesagt: „Komm doch mal wieder zum Essen.“

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