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#Bundesgerichtshof urteilt zur Staatenimmunität

Bundesgerichtshof urteilt zur Staatenimmunität

Der Fall hatte zunächst wenig spektakulär ausgesehen. Im Herbst 2018 nahm die Polizei in der Nähe von München einen jungen Afghanen fest, der als Offizier in seinem Heimatland mit anderen zusammen gefangene Taliban-Kämpfer misshandelt und ihnen Stromschläge androht haben soll. Später stellte sich heraus, dass er bei einer anderen Gelegenheit auch den Leichnam eines Taliban-Kommandeurs zur Abschreckung öffentlich aufgehängt hatte. Das Oberlandesgericht verurteilte ihn unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Mildernd wertete das Gericht unter anderem, dass der Angeklagte zur Tatzeit erst 21 Jahre alt war.

Alexander Haneke

Daraufhin legte der Generalbundesanwalt Revision beim BGH ein, weil er die Misshandlungen als Folter nach dem Völkerstrafgesetzbuch gewertet haben wollte. Nach einem ersten mündlichen Termin im vergangenen Juli setzte der 3. Senat in Karlsruhe dann überraschend einen weiteren Termin an, um die Frage grundsätzlich zu klären, ob der junge Offizier wegen seiner Stellung als Angehöriger der afghanischen Armee vor deutschen Strafgerichten Immunität genießt.

Das hätte nicht nur bedeutet, dass das Verfahren hätte eingestellt werden müssen. Es hätte auch zum Aus für diverse andere Prozesse führen können, wie etwa das international vielbeachtete Verfahren gegen mehrere frühere syrische Geheimdienstmitarbeiter, das derzeit vor dem Oberlandesgericht Koblenz stattfindet. Es wäre sogar denkbar gewesen, dass schon in Deutschland verurteilte Kriegsverbrecher eine Wiederaufnahme ihres Verfahrens hätten beantragen können, um einen Freispruch zu erreichen, wenn sie denn staatliche Amtsträger waren.

Entsprechend bange hatten Völkerstrafrechtler auf den Urteilsspruch aus Karlsruhe gewartet. Dass der Mann überhaupt in Deutschland vor Gericht gestellt werden konnte, liegt an dem Weltrechtsprinzip, das dem 2002 in Kraft getretenen Völkerstrafgesetzbuch zugrunde liegt. Seitdem können die darin genannten Verbrechen auch in Deutschland angeklagt werden. In den vergangenen Jahren wurden eine ganze Reihe dieser Verfahren angestoßen, da mit der Aufnahme von syrischen Flüchtlingen viele Betroffene, aber auch Täter nach Deutschland kamen. Vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag können diese Verbrechen bisher nicht verhandelt werden, da der UN-Sicherheitsrat ein Mandat erteilen müsste.

Nur ein paar dürre Sätze zur grundsätzlichen Frage

In der grundsätzlichen Frage, ob staatliche Funktionsträger Immunität genießen können, hatte sich eigentlich das Prinzip durchgesetzt, das schon im Versailler Vertrag angelegt war und mit den Nürnberger Hauptkriegsverbrechen zur Geltung kam. Danach kann bei völkerrechtlichen Kernverbrechen keine Staatenimmunität gelten. Dass dieser Grundsatz als Völkergewohnheitsrecht allgemeine Geltung beanspruchen kann, war allerdings in den vergangenen Jahren in UN-Gremien wieder diskutiert worden, da sich vor allem Russland gegen diese Sicht wandte.

Die Entscheidung, die der 3. Strafsenat in Karlsruhe am Donnerstag traf, war dann aber überraschend eindeutig. Er gab der Revision des Generalbundesanwalts insoweit statt, dass die Misshandlung der Gefangenen auch als Kriegsverbrechen der Folter strafbar gewesen sei. Das Oberlandesgericht muss nun eine neue Gesamtstrafe bilden. Die Immunität eines staatlichen Funktionsträgers stehe einer Strafverfolgung des Angeklagten in Deutschland nicht entgegen, bekräftigte das Gericht. Da insofern keine ernstzunehmenden Zweifel bestünden, habe der Senat auch nicht eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einholen müssen.

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