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#Chaos vor Ausländerbehörde in Stuttgart

Die gelben Müllsäcke am Straßenrand stinken vor sich hin. Von der Stadtreinigung ist noch nichts zu sehen. Im Café nebenan ist die Espressomaschine noch kalt. Aber in der Dunkelheit warten schon 80 Menschen vor der Stuttgarter Ausländerbehörde am Josef-Hirn-Platz. Einige haben einen Schlafsack unterm Arm, andere sitzen auf Klapp- oder Bürostühlen oder mitgebrachten Matratzen.

Seit mindestens einem halben Jahr geht das nun so. Manchmal bildet sich eine Schlange bis zum Kaufhaus Breuninger am Rathaus. Das sind etwa 250 Meter. Das Geburtshaus Georg Wilhelm Hegels ist auch nur ein paar Meter entfernt. Man wüsste gern, was der Staatsphilosoph zu diesem staatlichen Chaos gesagt hätte.

Die Architektur-Studentin Feyza ist für ihren 70 Jahre alten Großvater Cemalettin gekommen. Der alte Mann will sich die Aufenthaltserlaubnis in seinen neuen türkischen Pass eintragen lassen. Eigentlich ein Verwaltungsakt von wenigen Minuten. Aber die Stuttgarter Ausländerbehörde in der Eberhardstraße ist seit Monaten überlastet. An manchen Tagen werden nur acht Wartemarken ausgegeben, dann haben 150 oder 200 Menschen viele Stunden und einige die ganze Nacht vergeblich gewartet. Die baden-württembergische Parlamentspräsidentin und Stuttgarter Landtagsabgeordnete der Grünen Muhterem Aras nennt die Zustände eine „Schande für eine internationale und wirtschaftsstarke Stadt“.

„Die haben mir gesagt, mein Opa müsse zwölf Stunden warten“

Das kommunalpolitische Problem von Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) ist mittlerweile in der Landespolitik und im nationalen Fernsehen angekommen. Die Landesregierung, die Industrie- und Handelskammer und die Wirtschaft reden fast täglich darüber, wie man qualifizierte Fachkräfte anwerben kann, die grüne Landtagsfraktion diskutierte erst diese Woche mit ranghohen Daimler-Mitarbeitern über Lösungsvorschläge.

Aber einer der reichsten Städte Deutschlands mit phantastischen Steuereinnahmen von Weltmarktführern wie Bosch oder Porsche fällt es schwer, einen modernen Bürgerservice und eine moderne Verwaltung vorzuhalten. Auch unter dem vorigen grünen Oberbürgermeister Fritz Kuhn war die Ausländerbehörde schon ein Problem. Vor acht Jahren gab man eine „Organisationsuntersuchung“ in Auftrag – Ergebnis: Eine elektronische Terminvergabe per Internet wie in München gibt es immer noch nicht.

Damit der 70 Jahre alte Cemalettin – er lebt seit 52 Jahren in Deutschland, hat sein Leben lang hart auf deutschen Baustellen geschuftet und ist nicht mehr ganz gesund – überhaupt eine Chance hat, die Aktualisierung der Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen, beschloss seine Familie, sich in der Stuttgarter Innenstadt für ihn im Dreischichtbetrieb anzustellen. Von 22 Uhr bis fünf Uhr morgens stellte sich der Bruder an, dann übernahm Enkelin Feyza und löste den Onkel ab. „Das hier ist ein schlechter Witz, die haben mir gesagt, mein Opa müsse zwölf Stunden warten, wie soll das gehen, wenn man nicht mehr ganz gesund ist? Wir konnten nur schichten.“

Warteschlange durch die Altstadt: Seit Wochen bilden sich lange Warteschlangen vor der Stuttgarter Ausländerbehörde.


Warteschlange durch die Altstadt: Seit Wochen bilden sich lange Warteschlangen vor der Stuttgarter Ausländerbehörde.
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Bild: dpa

Es ist mittlerweile 6.20 Uhr. Cemalettin hat die Nummer 34, ob er damit heute Glück hat, in den hässlichen Verwaltungsbau mit der 24 Stunden geöffneten Shisha-Bar im Erdgeschoss vorgelassen zu werden, weiß er nicht.

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