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#Das diskrete Abkassieren der Krankenkassen

„Das diskrete Abkassieren der Krankenkassen“

Für Millionen Menschen in Deutschland beginnt das neue Jahr, wie das alte endete: mit Kopfzerbrechen über steigende Preise. Da ist es von Vorteil, wenn man zumindest einen Überblick über neu hinzukommende Kosten hat und entsprechend reagieren kann. Wer allerdings gesetzlich krankenversichert ist, der erfährt von höheren Beiträgen womöglich erst im Nachhinein auf der Gehaltsabrechnung – zu einem Zeitpunkt also, zu dem es für einen Kassenwechsel zu spät ist. Weil die Budgets der Krankenkassen nicht mehr reichen, um die Kosten zu decken, hat der Bundestag im Herbst eine Erhöhung des Zusatzbeitrags um durchschnittlich 0,3 Prozentpunkte ermöglicht.

Alexander Wulfers

Redakteur in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Nicht alle, aber viele Kassen sind dem gefolgt und haben ihre Sätze erhöht. Bisher lag der Zusatzbeitrag im Durchschnitt bei 1,3 Prozent des Bruttoeinkommens. Neu ist in diesem Jahr, dass nicht jeder Versicherte von der Erhöhung auch sicher erfährt. Denn normalerweise müssen Krankenkassen über solche Beitragserhöhungen jeden Beitragszahler individuell per Brief informieren. Diese Pflicht wurde aber per Gesetz bis einschließlich Juni 2023 ausgesetzt. Stattdessen empfiehlt das Bundesgesundheitsministerium, dass die Kassen über Websites oder Mitgliedermagazine die Versicherten ins Bild setzen.

Andere Branchen müssen weiter informieren

Der Verdacht liegt nahe, dass die Regierung mit dem diskreten Vorgehen die Wähler nicht verschrecken und die ohnehin klammen Kassen vor Kündigungen bewahren will. Offiziell begründet sie das Aussetzen der individuellen Informationspflicht allerdings mit der Kostenersparnis. Schließlich, so argumentiert das Gesundheitsministerium, kämen ja jetzt auf die meisten Leute Erhöhungen zu und nicht nur auf eine kleine Gruppe. Jeden anzuschreiben, das hieße also, millionenfach Briefe auszudrucken, Umschläge zu befüllen, Porto zu bezahlen. Den Betroffenen bleibt nur die Empfehlung, sich eigenständig zu informieren. Die Frage der F.A.S., ob man nicht auch kostengünstig per Mail informieren könne, ließ das Ministerium unbeantwortet.

Nun geht es bei der Erhöhung zwar nicht um riesige Beträge. Wer als Alleinstehender das deutsche Durchschnittsgehalt von 4100 Euro brutto bezieht, für den sind 0,3 Prozentpunkte 12,30 Euro im Monat, knapp 148 Euro im Jahr. Die Hälfte der Kassenbeiträge zahlt bei Angestellten zudem der Arbeitgeber. Aber im Vergleich zu anderen Branchen wie zum Beispiel Banken, die für Gebührenerhöhungen sogar die explizite Zustimmung der Kunden einholen müssen, kommt die Ausnahmeregelung sehr großzügig daher. Auch die Strom- und Gasversorger, die zuletzt fast flächendeckend die Tarife erhöhten, bleiben von der Informationspflicht trotz Energiekrise nicht verschont.

Peter Grieble, Abteilungsleiter für Versicherungen, Pflege und Gesundheit bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, kritisiert das Vorgehen. Der Aufschlag falle zwar „oft nicht atemberaubend hoch“ aus. gleichwohl sei ein Anschreiben „verbraucherorientierter“ als eine „mehr oder weniger auffällige Information auf der Internetseite oder in der Mitgliedszeitschrift der Krankenkasse“. Eine transparente Information über eine Erhöhung des Beitragssatzes könne eine wichtige Voraussetzung dafür sein, dass bei Versicherten das Bewusstsein für Wechselmöglichkeiten wachse.

Relevant ist die Information der Versicherten auch deshalb, weil sie bei einer Beitragserhöhung ein Sonderkündigungsrecht haben – und zwar unabhängig davon, wie lange sie bereits bei ihrer Krankenkasse versichert sind, wie die Verbraucherzentrale betont. Normalerweise ist eine Kündigung erst nach 12 Monaten Mitgliedschaft möglich. Für das Sonderkündigungsrecht gilt allerdings eine Frist bis zum Ende des Monats, in dem der Beitrag erhöht wurde. Aktuell bedeutet das: Hat die Krankenkasse am 1. Januar den Beitrag erhöht, können Mitglieder bis zum 31. Januar kündigen, indem sie sich bei einer neuen Krankenkasse anmelden.

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