#Wie wird man einen Altkanzler los?
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„Wie wird man einen Altkanzler los?“
Am Montagmittag geschieht etwas in Berlin, was es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben hat. Die Bundesvorsitzende einer Partei fordert einen ehemaligen Bundeskanzler auf, die eigene Partei zu verlassen. „Ich würde ihm das nahelegen“, sagt Saskia Esken am Mittag im Willy-Brandt-Haus. Es geht um Gerhard Schröder. Für ihre Aufforderung fährt Esken schweres Geschütz gegen den ehemaligen Kanzler auf. Seine Verteidigung der Kriegsverbrechen Wladimir Putins sei „schlechterdings absurd“. Leider sei Schröder nicht dem Rat der SPD-Spitze gefolgt, seine Ämter für russische Energieunternehmen niederzulegen, sagt Esken weiter. Deswegen fordert sie ihn nun auf, aus der Partei auszutreten.
Esken muss am Montag reagieren, nachdem sie und Ko-Parteichef Lars Klingbeil damit lange gezögert hatten. Die Vorsitzenden hatten schon vor Wochen Schröder schriftlich und mündlich aufgefordert, sein Engagement für Moskauer Energiekonzerne angesichts des Angriffskriegs Putins auf die Ukraine unmittelbar niederzulegen. Gemeint ist der Vorsitz im Gesellschafterausschuss der Nord Stream AG, einer Gazprom-Tochter, und die Tätigkeit als Aufsichtsrat beim staatlichen Ölgiganten Rosneft.
Schröder begegnete der Aufforderung mit Schweigen, die SPD-Führung wiederum reagierte darauf – trotz zahlreicher Nachfragen der Medien – gar nicht. Nun aber hat der frühere deutsche Regierungschef, der trotz des Überfall Russlands auf das Nachbarland mit seinem Freund Putin nicht brechen will, der „New York Times“ ein Interview gegeben. Im Gespräch mit der Zeitung, bei dem Schröder nach Angaben der Autorin „Unmengen von Weißwein“ konsumierte, nahm er erstmals Stellung zur Frage, ob er weiter für die russischen Unternehmen tätig sein werde. Er werde seine Ämter nicht abgeben, „zurücktreten“ werde er nur, wenn Russland selbst die Lieferungen von Gas und Öl in den Westen einstelle.
Unter Zugzwang
Die Parteispitze sah sich durch diese Aussage in Zugzwang, Stellung zu nehmen. Esken rügte weniger Schröders geschäftliche Tätigkeit für Russland, als vielmehr seine Relativierung der Rolle Putins für die Gräueltaten der russischen Armee in der Ukraine. Sie sei „sehr empört“ über Schröders Aussagen. Schröder hatte gesagt, Putin habe wohl nicht selbst die Befehle für die grausame Tötung von Dutzenden Zivilisten in dem ukrainischen Ort Butscha bei Kiew gegeben. Was er nicht sagte: Putin zeichnete die Täter kurze Zeit später mit Orden aus.
Esken verlangt am Montag von den Deutschen zunächst etwas, was schwer möglich ist. Man solle Schröder nicht mehr als Altkanzler wahrnehmen. „Gerhard Schröder agiert seit vielen Jahren lediglich als Geschäftsmann, und wir sollten aufhören, ihn als Elder Statesman, als Altkanzler wahrzunehmen.“ Schröder ist aber zweifelsohne ehemaliger Kanzler, gemeinhin als Altkanzler bezeichnet. Ihn aus den Annalen der SPD zu streichen, käme einer Vergessenheitskultur gleich, die eher an abschreckende Beispiele aus der stalinistischen Geschichtsklitterung erinnern dürfte. Zudem hat die SPD den Mann, der die Partei von 1999 bis 2004 fünf Jahre als Vorsitzender führte, noch lange auf Parteitage eingeladen, seine Verdienste für Deutschland gewürdigt. Wie kann sie sich aus dieser Lage befreien?
Täglich um 12.00 Uhr
Die SPD hofft zunächst, dass Schröder es selbst für sie löst. Esken begründet am Montag auf Nachfrage diese Hoffnung damit, dass Schröder auch die Ehrenbürgerwürde der Stadt Hannover selbst zurückgegeben habe, bevor man sie ihm aberkannte. Genauso habe er es mit seiner Mitgliedschaft in der Arbeiterwohlfahrt (AWO) gehalten, als dort über einen Entzug diskutiert worden sei.
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