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#Das Feilschen um die Stadler-Strafe im Audi-Prozess




Reichen 1,1 Millionen Euro oder müssen es zwei Millionen sein? Wie viel soll Stadler für ein Leben ohne Haft zahlen? Was in einem Rechtsgespräch erörtert wurde.

Das Wort „Basar“ behagt Juristen nicht. Was aber auch im Münchner Audi-Prozess hinter verschlossenen Türen zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung in Rechtsgesprächen ausgehandelt wird, geht sicher nicht ohne Feilschen ab. Am Dienstag versuchten die beteiligten Parteien ohne journalistischen Beistand zu ergründen, wie viel der frühere Audi-Chef Rupert Stadler aus seinem Millionen-Vermögen loseisen müsste, um bei einem „vollumfänglichen Geständnis“ mit einer Bewährungsstrafe, also ohne eine weitere Haft, davonzukommen. Nachdem es bei dem Deal im Strafverfahren zur Abkürzung von Prozessen einen ziemlichen Wildwuchs gab, hat der Bundesgerichtshof mehrfach die Heckenschere angesetzt und einen klaren Schnitt gemacht, eben Regeln für die grundsätzlich zulässige juristische Form der Verständigung aufgestellt. Daran versucht sich die Münchner Audi-Runde akribisch zu halten, befolgt etwa die Vorgabe, dass sich die Beteiligten im Zuge der Verständigung nicht darauf einlassen dürfen, später auf Rechtsmittel gegen das Urteil zu verzichten. 

Nach der höchstrichterlichen Grünordnung darf also munter um eine eventuelle Buße für Stadler gerungen werden. Das Praktische an der Sache für Prozessbeobachter ist: Das Gericht muss am nächsten Verhandlungstag offenlegen, was der Inhalt der Handelsgespräche gewesen ist. Der Basar ist gläsern. Da kommen Dinge ans Tageslicht, die Angeklagte lieber für sich behalten. Doch Stadler wirkt am Mittwoch entspannt. Er erscheint früh vor Prozessbeginn um 9.15 Uhr in Freizeitkleidung, mit lässiger Wollhose, Hemd unter dem Pullover, wattierter Übergangsjacke und weißen Sneakers, über denen, wie es die Mode will, seine Knöchel aufscheinen. Die wenigen Sitzplätze vor dem Gerichtssaal sind belegt. Der 60-Jährige macht es wie ein Journalist und hockt sich lächelnd auf einen lang gestreckten Heizkörper. Er blickt ausdauernd in sein Smartphone.

Stadler erscheint in Freizeitkleidung vor Gericht

Der Verdacht drängt sich auf: Derart lässig tritt ein Angeklagter nicht auf, der wie am Vortag sein einstiger Kollege Wolfgang Hatz ein Geständnis ablegt. Stadler verzichtet denn auch am Mittwoch vor Gericht in München auf jedwede Bekenntnisse. Er hat noch einmal um Bedenkzeit gebeten. Nach jetzigem Stand wird sich wohl bis 3. Mai klären, ob der Manager nach dem mehr als zweieinhalb Jahre dauernden Prozess doch erklärt, zumindest über die Manipulation der Abgaswerte Bescheid gewusst zu haben. Wenn sich der Oberbayer einen innerlichen Schubser verordnet, ist der Weg zu einer Bewährungsstrafe mit einer siebenstelligen Zahlung verbunden.

Richter Stefan Weickert räumt ein, wie weit hier die Vorstellungen des Gerichts und der Staatsanwaltschaft auseinanderliegen: Während der Jurist und seine Kollegen sich mit 1,1 Millionen Euro begnügen würden, peilt die Anklagebehörde zwei Millionen Euro an. Beide Seiten halten ihre Rechenkunst für „sachgerecht“. Hier müssen sich Gericht und Staatsanwaltschaft auf dem Münchner Audi-Basar noch um einige hunderttausend Euro aufeinander zubewegen, damit Stadler bei einem eventuellen Geständnis mit einer Bewährungsstrafe unbeschwerter leben kann. Beim einstigen Audi-Motoren-Chefentwickler und Porsche-Vorstand Hatz scheiterte ja die Verständigung zwischen Gericht und Staatsanwaltschaft zunächst. Die von Richter Weickert avisierte Bewährungsstrafe reicht der Staatsanwaltschaft allerdings nicht, habe er doch eine hohe Position innegehabt und sei für einen beträchtlichen Schaden verantwortlich. 

Kommt ein Handschlag mit Ex-Audi-Chef Stadler zustande?

Noch bleibt offen, ob für Stadler ein Handschlag zustande kommt. Nach dem Rechtsgespräch steht eines fest: Indem über die Höhe einer möglichen Bewährungsstrafe für den einstigen Audi-Vorstandsvorsitzenden gesprochen wurde, verhandelt seine Verteidigung aktiv mit Gericht und Staatsanwaltschaft über einen solchen Ausweg für den prominenten Mandanten. Entsprechend steigt wieder das mediale Interesse an dem sich jetzt mit dem 165. Prozesstag zäh dahinschleppenden Prozess. Vor Auftakt des Verfahrens bauen sich ein Kamerateam und ein Fotograf vor Stadler auf. Den Bild-Experten entgeht allerdings ein aussagekräftiges Symbolmotiv. Gegenüber dem Gerichtssaal des Straf-Justizzentrums in der Nymphenburger Straße sind unter der Decke auffällig beleuchtete Schilder mit der Aufschrift „Notausgang“ angebracht. Genau das kann ein Geständnis für die angeklagten Manager sein. Der einstige Audi-Ingenieur Giovanni P. hat den Notausgang dank einer auch von der Staatsanwaltschaft durchgewinkten Zahlung von 50.000 Euro erfolgreich genommen. Hatz steckt im Notausgang fest. Und Stadler? Er hat Blickkontakt mit dem Ausweg für sein Leben. 


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