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#Dem Nachtleben geht es jetzt an die Substanz

Dem Nachtleben geht es jetzt an die Substanz

Das Glück war nur von kurzer Dauer. Von sehr kurzer Dauer. Anfang November eröffnete Julian Smith seinen neuen Klub „Room 4“ in der Frankfurter Innenstadt, nur ein paar Schritte von der Alten Oper entfernt. Smith feierte dort seinen „Club Culinar“, das Partykonzept hatte er aus Ibiza importiert: Erst wird gegessen – ein vegetarisches Menü –, danach wird getanzt. Mit dieser Mischung zielte der Frankfurter DJ auf ein älteres, reiferes Publikum. Doch nach nicht einmal einem Monat, Ende November, machte der neue Klub schon wieder zu.

Die Gäste waren trotz 2-G-Regelung verunsichert wegen der steigenden Infektionszahlen, aber auch Smith hatte keine Lust auf Partys mit Abstand und Tanzen mit Maske. „So kann man nicht feiern“, sagt er. Darum gingen die Lichter im „Room 4“ schon aus, lange bevor der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz, Klubs und Diskotheken wieder zu schließen, verkündet wurde.

Viele Klubs haben schon vor dem Beschluss dichtgemacht

An diesem Dienstag tritt das bundesweite Tanzverbot in Kraft, das helfen soll im Kampf gegen die anrollende Omi­kron-Welle. Doch Julian Smith vom „Room 4“ war nicht der Einzige, der schon vorher dichtgemacht hatte. Auch in Klubs wie dem Offenbacher „Robert Johnson“, dem „Tanzhaus West“ im Frankfurter Westen oder der Darmstädter „Centralstation“ wird schon länger nicht mehr gefeiert. Denn die Regeln für die Klubs und Diskotheken waren auch schon vorher wieder strenger geworden: begrenzte Gästezahl, Maskenpflicht, Mindestabstände. Ausgelassen feiern lässt sich so nicht. Das, was das Nachtleben normalerweise ausmacht, war sowieso schon länger nicht mehr möglich.

Die Klubbranche leidet wie wohl keine andere unter der Pandemie. Niemand sonst ist so oft von Schließungen betroffen. Die Stimmung in der Branche, unter Klubbetreibern, DJs, Technikern und Barkeepern, ist mies. „Die Reserven sind aufgebraucht, das Personal ist müde“: So fasst es Madjid Djamegari zusammen.

Djamegari betreibt auf der Frankfurter Zeil das „Gibson“, eine Diskothek, in der normalerweise mehr als 1000 Gäste die Nacht durchtanzen, in der Hip-Hop-, House- und Techno-DJs auflegen und auch regelmäßig Livekonzerte stattfinden. Und er ist ein Lobbyist der Nachtkultur, sitzt im hessischen Landesvorstand des Gastronomieverbands DEHOGA, ist das Gesicht der Initiative Gastronomie Frankfurt. „Was wir gerade erleben, kann dramatisch werden“, sagt er.

Viele der Betriebe, die nun wieder schließen müssen, sind finanziell stark angeschlagen. Und sie haben damit zu kämpfen, dass ihnen das Personal davonläuft. „Ich kann jeden verstehen, der der Branche den Rücken kehrt und sich etwas anderes sucht“, sagt Djamegari. „Natürlich machen sich die Menschen, die im Nachtleben arbeiten, Zukunftssorgen.“ In der Pandemie fehle es der Branche ganz besonders an Planungssicherheit. „Seit zwei Jahren wird uns das nicht zugestanden“, beklagt der Klubmacher.

Das „Gibson“ hält Djamegari weiter offen, auch wenn dort nicht mehr gefeiert wird. Tatsächlich dürfen Klubs nämlich auch jetzt noch betrieben werden – allerdings nur, wenn man sie „zweckentfremdet“, wenn es in ihnen zugeht wie in einem Restaurant: Die Tanzfläche bleibt tabu, die Gäste sitzen an Tischen, nur dort dürfen sie die Masken abnehmen, die Gruppen dürfen sich nicht mischen. Das Frankfurter Gesundheitsamt hat das Konzept für das „Gibson“ gebilligt.

„Müssen darüber sprechen, was uns Kultur wert ist“

Der Klub wird deshalb auch in der Silvesternacht offen sein, „Roaring Twenties“ hat Djamegari die Veranstaltung genannt, bei der die 2-G-plus-Regel gilt. Trommler treten auf, eine Burlesque-Tänzerin steht auf der Bühne – das Publikum aber darf nicht tanzen. „Finanziell lohnt sich solch ein Abend nicht“, sagt Djamegari. „Es geht uns jetzt darum, die Strukturen zu erhalten. Wir wollen unsere Gäste und das Personal halten.“

Die Folgen der neuerlichen Schließungen abzufedern wird ein gehöriger Kraftakt, davon ist der „Gibson“-Chef überzeugt. „Es geht an die Substanz“, sagt Djamegari. Darum brauche die Branche nun Unterstützung, die über die bisherigen Überbrückungshilfen hinausgehe. Sonst drohe tatsächlich ein Klubsterben.

Auch Julian Smith, der DJ und Betreiber des „Room 4“, bittet um Solidarität mit der Branche. Und er wünscht sich eine breitere Diskussion, hofft, dass sich mehr Menschen in die Debatte einmischen. „Wir müssen jetzt mehr darüber sprechen, was uns Kultur wert ist“, sagt er. „Wir müssen darüber sprechen, welchen auch emotionalen Wert es für uns hat, was Musiker, Schriftsteller oder Maler erschaffen.“

Smith geht es gerade wie schon so häufig während der Pandemie: All seine Auftritte als DJ, darunter auch einige Firmenfeiern, wurden abgesagt, die Einbußen sind für ihn wieder einmal enorm. Untätig ist er trotzdem nicht: Seine Tage verbringt der DJ jetzt meist im Studio, wo er neue Stücke aufnimmt und produziert. Irgendwie muss es ja weitergehen.

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