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#Der Fachkräftemängel bremst die Baupläne der Regierung aus

Der Fachkräftemängel bremst die Baupläne der Regierung aus

Wenn die Ministerien der Ampelkoalition eines eint, dann das: Alle wollen bauen. Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) will, dass statt 450 Windrädern im Jahr dreimal so viele entstehen. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) muss Deutschlands marode Brücken sanieren und die immer noch vielerorts fehlenden Glasfaserkabel verlegen, Bauministerin Klara Geywitz (SPD) soll 400.000 neue Wohnungen im Jahr schaffen, mit Solaranlagen auf dem Dach. Das Pro­blem ist nur: Für all das braucht es Fachkräfte, und die sind schon jetzt knapp.

Eine Umfrage der F.A.Z. unter Verbänden und Wirtschaftsforschungsinstituten zeigt: Schon die gemessen am Status quo fast 100.000 zusätzlichen Wohnungen im Jahr könnten an zu wenig Personal scheitern. So geht der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) davon aus, dass allein für dieses Vorhaben 45.000 Fachkräfte fehlen – insbesondere in den Bereichen Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sowie in der Bauelektrik. Die Schätzung des Verbands basiert auf einer Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln), wonach schon im vergangenen Jahr in der Immobilienwirtschaft 36 000 Handwerker fehlten. Noch nicht eingerechnet in diesen Schätzungen ist die energetische Gebäudesanierung, für die ebenfalls zusätzliches Personal benötigt wird.

Die Gewerkschaft IG Bau geht nach ersten internen Schätzungen davon aus, dass für die Wohnungsoffensive im Bauhaupt- und Ausbaugewerbe sogar zwischen 80.000 und 100.000 Erwerbstätige zusätzlich gebraucht werden. Auf diese Größenordnung kommt auch das Bundesinstitut für Berufsbildung in einer Ende vergangenen Jahres veröffentlichten Analyse: Demnach würden im Jahr 2025 in den Bauberufen rund 94.000 Arbeitskräfte zusätzlich gebraucht.

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„Wir werden in eine dramatische Fachkräftelücke reinlaufen, wenn wir nicht mehr Maßnahmen ergreifen“, warnte Wirtschaftsminister Habeck am Freitag im Bundestag und sprach sich für mehr Zuwanderung etwa mittels eines Punktesystems aus. Außerdem könne es nicht sein, dass 10 Prozent der jungen Leute die Schule ohne einen Abschluss verließen. „Wenn wir über Fachkräftemangel reden, ist das die erste Aufgabe, die wir angehen müssen“, so Habeck.

Positive Anwerbestrategie gefragt

Der Mittelstandsvereinigung von CDU/CSU ist das nicht genug. „Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz bietet einen guten Rahmen. Aber es wird in der Verwaltungspraxis noch nicht gelebt“, sagt die MIT-Vorsitzende Gitta Connemann. „Unsere Botschaften, Goethe-Institute und deutschen Auslandsschulen müssen Teil einer positiven Anwerbestrategie sein beziehungsweise werden.“ Außerdem müsse das Arbeiten im Alter attraktiver werden – sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber. Da gebe es „immer noch ein Akzeptanzproblem“, konstatiert Connemann. Die Rente mit 63 hätte es aus ihrer Sicht nie geben dürfen.

Im Baugewerbe wird sich der Fachkräftemangel schon allein aufgrund der demographischen Entwicklung in den kommenden Jahren noch verschärfen. Einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit zufolge gehören auf Fachkraftebene zu den 15 Berufen mit den größten Engpässen fast ausschließlich Berufe aus dem Baugewerbe oder den vorgelagerten Zulieferindustrien. Demnach fehlen vor allem Mitarbeiter im Tiefbau, in der Energietechnik, im Rohrleitungsbau und der Baustoffherstellung. Ansonsten schaffen es nur die Alten- und die Krankenpflege in die Rangliste der Knappheiten.

Eine Baustelle für neue Windenergieanlagen im Landkreis Oder-Spree in Ostbrandenburg.


Eine Baustelle für neue Windenergieanlagen im Landkreis Oder-Spree in Ostbrandenburg.
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Bild: ZB

Will die Bundesregierung ihre Ziele zur Dekarbonisierung und Digitalisierung der Volkswirtschaft erreichen, brauche es aber nicht nur mehr Fachkräfte in Bau- und Handwerksberufen, wie Axel Plünnecke vom IW Köln anmahnt – sondern auch Experten und Fachkräfte in Elektro- und Energieberufen sowie Informatiker. Befragungen seines Instituts haben Ende November ergeben, dass rund 60 Prozent der größeren Unternehmen für die Entwicklung klimafreundlicher Produkte und Technologien in den kommenden fünf Jahren einen steigenden Bedarf an IT-Experten erwarten. Schon Ende 2021 hätten aber rund 40 000 Informatiker gefehlt, sagt Plünnecke, und dazu viele beruflich qualifizierte Fachkräfte in den Elektroberufen.

Darüber hinaus dürften Engpässe auch dort entstehen, wo die Ziele der Bundesregierung in die Tat umgesetzt werden müssen: in den Kommunen. Wie Plünnecke vorrechnet, ist die Zahl der Beschäftigten im Bereich räumliche Entwicklung und Planung in den vergangenen fünf Jahren nahezu konstant geblieben. Die Dauer von Planungsverfahren soll sich aber laut Koalitionsvertrag halbieren. „Hierfür ist mehr Personal nötig“, sagt Plünnecke, was aus seiner Sicht jedoch „schwierig zu realisieren sein dürfte“. Das liege unter anderem daran, dass im öffentlichen Dienst – und ganz besonders in den Kommunen – überdurchschnittlich viele Beschäftigte kurz vor der Rente stehen.

IT-Mitarbeiter fehlen überall

Welche Folgen fehlendes Personal im Bereich der öffentlichen Hand haben kann, zeigt sich schon heute: Der Wissenschaftler verweist auf Befragungen der staatlichen Förderbank KfW aus dem vergangenen Jahr, in denen der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern als häufigster Grund für die schleppende Digitalisierung der Schulen in den Kommunen genannt wird. Gut qualifizierte IT-Mitarbeiter zieht es wegen der attraktiveren Verdienstchancen oft eher in die Privatwirtschaft als in den öffentlichen Dienst.

„Die meisten betroffenen Berufe liegen im mittleren Qualifikationsspektrum“, sagt Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), der Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit. „Deshalb muss die berufliche Ausbildung gestärkt werden, die über Jahre an Attraktivität verloren hat.“ Er schlägt eine spezielle Unterstützung für kleine und mittelgroße Unternehmen vor, was die digitale Ausstattung und Lehrtechniken betrifft. Auch die Berufsschulen müssten deutlich stärker unterstützt werden.

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