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#Deutschland erzielt Kompromiss mit Ungarn und Polen

Deutschland erzielt Kompromiss mit Ungarn und Polen

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat sich mit Polen und Ungarn im Streit um die Verknüpfung von EU-Haushalt und Corona-Aufbaufonds mit der Rechtsstaatlichkeit geeinigt. „Es gibt eine Absprache im Dreieck-Warschau-Berlin-Budapest“, sagte der polnische Vize-Regierungschef Jaroslaw Gowin in Warschau. Die Meinungsverschiedenheiten mit den anderen EU-Mitgliedstaaten seien praktisch verschwunden.

Thomas Gutschker

Thomas Gutschker

Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

Hendrik Kafsack

Er sei optimistisch, dass es Morawiecki während des EU-Gipfels an diesem Donnerstag und Freitag gelingen werde, ein „gutes Abkommen“ in der Frage des Haushalts zu verhandeln. In Brüssel wurde das zunächst nicht offiziell bestätigt. „Wir warten noch auf die endgültige Bestätigung“, sagte ein EU-Diplomat. Dementiert oder als voreilig bezeichnet wurden die Aussagen von Gowin allerdings auch nicht.

Ein Sprecher der polnischen Regierung sagte kurze Zeit später, man warte noch auf das „Okay“ aus den Niederlanden und anderen skeptischen Mitgliedstaaten. Die anderen Länder sollen im Laufe des Nachmittags von der deutschen Ratspräsidentschaft über die Details der Übereinkunft informiert werden. Diplomaten betonten, auch das Europaparlament müsse zustimmen.

Migration und Ehe

Die deutsche Ratspräsidentschaft hatte Polen und Ungarn bis Mittwochmorgen Zeit gegeben, um „klare Signale“ zu senden und von dem Veto gegen das 1,8 Billionen Euro umfassende Corona-Paket abzurücken. Ansonsten werde „Plan B“ eingeleitet, hatte ein hochrangiger EU-Diplomat gedroht. Die 25 anderen EU-Mitgliedstaaten hätten zumindest den 750 Milliarden Euro umfassenden Corona-Aufbaufonds ohne Polen und Ungarn vorangetrieben. Ansonsten hätte von Anfang Januar an ein Nothaushalt gegolten, der nicht zuletzt für Polen und Ungarn schmerzhafte Einschnitte im Bereich der Strukturhilfen mit sich gebracht hätte.

Welche Zugeständnisse Berlin den beiden Veto-Ländern gemacht hat, blieb am Mittwoch im Detail zunächst unklar. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Vormittag in ihrer Regierungserklärung im Bundestag gesagt, dass es bei dem ausgehandelten Rechtsstaatsmechanismus bleibe.

Im Gespräch waren nach Informationen der F.A.Z. eine Zusicherung, dass das neue Instrument nicht eingesetzt werde, um Ungarn zur Aufnahme von Migranten zu bewegen; Orbán hatte erst kürzlich gesagt, genau das sei das wahre Ziel. Der polnischen Regierung wiederum könnte versichert werden, dass das Familienrecht weiterhin Sache der Mitgliedstaaten bleibt, damit also auch die Definition einer Ehe. Warschau hätte dann eine Garantie, dass der Konflikt mit der Europäische Kommission um „LGBTIQ-freie Zonen“ bei dem neuen Mechanismus außen vor bleibt. Bisher hat die Kommission in dieser Sache nicht einmal ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet – weil es sich um Erklärungen von Bürgermeistern und Regionalpräsidenten handelt, nicht um Gesetze.

Warten auf den Gerichtshof

Ein drittes Element könnte die Zusicherung der Mitgliedstaaten sein, dass sie zunächst abwarten, wie der Europäische Gerichtshof über eine Klage von Polen und Ungarn gegen den Rechtsstaatsmechanismus entscheidet. Beide Regierungen sind der Ansicht, dass der Mechanismus im Widerspruch zu Artikel 7 des EU-Vertrags steht. Laut diesem Artikel können Sanktionen erst verhängt werden, wenn die Mitgliedstaaten (mit Ausnahme des betroffenen Staates) einstimmig darüber entscheiden. Hingegen sieht das neue Instrument im Haushaltsrecht eine qualifizierte Mehrheit vor. Allerdings ist dieses Instrument viel enger gefasst; es muss ein hinreichend klarer Zusammenhang von Rechtsstaatsdefiziten mit der Haushaltsführung nachgewiesen werden.

Bis der EuGH über eine Klage entscheidet, vergehen mindestens 12 bis 18 Monate. In dieser Zeit würde dann kein neues Verfahren eingeleitet werden. EU-Diplomaten sagten, dieser Vorschlag habe vor zwei Wochen auf dem Tisch gelegen, sei aber zunächst abgelehnt worden. Er könne aber wieder „zurück“ sein.

Möglicherweise gibt es auch noch ein „Gentlemen’s Agreement“, das sich auf die schon laufenden Artikel-7-Verfahren gegen Polen und Ungarn bezieht. Die nächste EU-Ratspräsidentschaft, Portugal, könnte hier eine Abstimmung ansetzen und die Verfahren de jure beenden. Denn um es fortzuführen, müssten mindestens 21 Mitgliedstaaten feststellen, dass die „Gefahr“ besteht, dass Polen und Ungarn in gravierender Weise gegen die Rechtsstaatlichkeit verstoßen.

Derzeit würde nur ein Dutzend Staaten aus Westeuropa mit Ja stimmen, während sich die Osteuropäer enthielten. Budapest und Warschau würden dann nicht mehr am Pranger stehen. Auf die Frage, ob das ein für Polen akzeptabler Kompromissvorschlag sei, um die Blockade aufzugeben, antwortete Ministerpräsident Morawiecki vorige Woche im F.A.Z.-Interview mit „Ja“.

Schon jetzt hat die Ratspräsidentschaft beiden Ländern eine weitere Blamage erspart. Eigentlich sollte die nächste Anhörung zur Rechtsstaatlichkeit am Dienstag im Rat sein – ein Jahr nach der letzten, damals noch unter finnischem Vorsitz. Das sagte Deutschland ab.

Dafür brauche man ein persönliches Treffen statt einer Videokonferenz, lautete die offizielle Begründung. Tatsächlich wollte man wohl die Kompromisssuche mit Budapest und Warschau nicht belasten.

Für Kommission und Parlament wäre der endgültige Abschluss der Verfahren, die beide Institutionen eingeleitet haben, schwer zu schlucken. Doch ist allen Akteuren in Brüssel bewusst, dass sie ohnehin ins Nirwana führen. Die Verknüpfung von Geld und Recht im Rahmen des Budgets wird als schärferes Schwert gesehen, auch wenn Sanktionen dann nur im Zusammenhang mit der Haushaltsführung möglich sind.

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