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#Die Pflichten der Ukraine

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„Die Pflichten der Ukraine“

In dem offenen Brief, den Sie mit 27 anderen Erstunterzeichnern am Freitag letzter Woche auf der Internetseite der Zeitschrift „Emma“ veröffentlicht ha­ben, steht der Satz: „Moralisch verbindliche Normen sind universaler Natur.“ Sie nehmen damit Stellung zur Frage der „Zuständigkeit“ für die „Kosten“, die der Krieg in der Ukraine an zivilen Opfern erzeugt. Nun spricht man in der Rechtsphilosophie davon, dass Normen Adressaten haben. Auch offene Briefe werden adressiert – in diesem Fall an den deutschen Bundeskanzler, auf dem Weg über die deutsche Öffentlichkeit. Sind das die richtigen Adressaten?

Patrick Bahners

Feuilletonkorrespondent in Köln und zuständig für „Geisteswissenschaften“.

Wir reden von Pflichten und ihren Grenzen, und primär sind die Pflichten der Entscheider in der Ukraine im Blick. Wenn wir recht haben mit der Behauptung: Ab einer bestimmten normativen roten Linie wird das Verhalten der ukrainischen Regierung gegebenenfalls unzulässig, dann berufen wir uns nicht auf rechtliche Kompetenzen, auf die Reichweite der politischen Entscheidungsmacht, sondern auf fundamentale Prinzipien der politischen Ethik. Gleichwohl adressieren wir unsere Überlegungen nicht an die Regierung in Kiew, als wollten wir sagen: Wir belehren euch jetzt darüber, wie lange ihr das noch fortsetzen dürft. Das wäre anmaßend. Wir wenden uns an die deutsche Regierung und sagen ihr: Falls es stimmt, dass ab dieser roten Linie das Verhalten der ukrainischen Regierung unzulässig wird, solltet ihr es nicht weiter unterstützen. Die deutschen Waffenlieferungen machen zwar militärisch weniger aus, als Botschafter Melnyk behauptet. Aber auch symbolisch partizipiert man nicht an einem Verhalten, das Unrecht ist. Klären muss man also, ob und gegebenenfalls wann und warum sogar das Opfer einer gewalttätigen Aggression, das sich mit allem Recht der Welt dagegen wehrt, mit dieser Notwehr die Grenzen des Erlaubten überschreiten kann .

Sie schreiben, die Pflicht zur Gegenwehr gegen Aggression habe „Grenzen in anderen Geboten der politischen Ethik“. Welche Gebote wären das?

Zunächst sind Zurechnungsfragen zu klären. In der Ukraine kommen Tausende von Zivilisten ums Leben und die Täter sind die Russen. Man mag also fragen: Wenn doch ein Schurke die Leute umbringt, warum macht ihr der ukrainischen Regierung Vorwürfe wegen des Todes dieser Leute? Unsere Antwort: Die ukrainische Regierung ist in einer Verantwortung für diese Menschen und deshalb zuständig für deren Wohl und Weh. Selbstverständlich ist der Primärzuständige hier der schurkische Aggressor. Mitzuständig wird eine verantwortliche Regierung aber, wenn sie entscheidet: Der verheerende Vorgang der Aggression wird verlängert durch unseren Widerstand. Sie kann die absehbaren tödlichen Konsequenzen ja vielleicht verantworten! Aber im Rahmen ihrer Zuständigkeit muss sie das auch. Denn Staaten haben gegenüber ihrer Bevölkerung Schutzpflichten. Hier kollidieren zwei fundamentale Schutzpflichten der Regierung in Kiew. Erstens: Gegenüber einem illegitimen Aggressor hat man sein Land und die Selbstbestimmung der staatlich verfassten Gemeinschaft zu verteidigen. Zweitens: Leib und Leben der Bevölkerung müssen geschützt werden. Die Kollision – und damit ein Dilemma – ist offensichtlich. Um es im Gedankenexperiment zuzuspitzen: Wenn der letzte ukrainische Zivilist ums Leben gebracht würde, wäre die Illegitimität eines bis dahin fortgesetzten Widerstands evident.

Empfehlen Sie der Ukraine, rechtzeitig zu kapitulieren?

Nein. Das hören wir jetzt oft, aber es ist Unsinn.

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