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#Die UN und der Ukraine-Krieg: Erschöpft am East River

Zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine herrscht in New York Erschöpfung. Europa muss nicht nur den Globalen Süden umwerben, sondern auch Amerika.

Kurz vor Beginn der UN-Sicherheitsratssitzung am Freitagnachmittag versammeln sich ein paar Dutzend Außenminister und Diplomaten vor dem Saal im Hauptquartier in New York. Am Podium steht Dmytro Kuleba, der ukrainische Außenminister. Er verliest ein Statement, auf das er sich mit den Verbündeten verständigt hat. Eine weitere Erklärung, in der westliche Staaten Solidarität bekunden.

Man bekräftige die unerschütterliche Unterstützung für die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine, heißt es darin. Zum Schluss sagt Kuleba mit kraftloser Stimme: „Wir sind stark. Wir sind geschlossen. Wir werden liefern.“ Die Minister und Botschafter klatschen. Ihre Gesichter sehen müde aus.

Kurz danach fragt der russische UN-Botschafter Wassilij Nebensja, der die vergangenen zwei Jahre damit zugebracht hat, stoisch Moskaus verquaste Version der „Spezialoperation“ vorzutragen, im Sicherheitsrat provokant: Was bringe eine solche Erklärung der Unterstützerstaaten Kiews? Diese habe man ihnen doch diktiert. Gemeint ist Washington, das nach russischer Lesart den „kollektiven Westen“ gegen Russland in Stellung bringe. Obwohl die ukrainische Frühjahrsoffensive kläglich gescheitert sei, sagt Wladimir Putins Mann am East River noch, rüste der Westen die Ukraine weiter auf.

Die Lage verdüstert sich

Am Vorabend des zweiten Jahrestages der russischen Invasion versammelte sich am Freitag zunächst die Generalversammlung zu einer Debatte über den russischen Angriffskrieg. Dann folgte die Sitzung des Sicherheitsrates. Viele Staaten entsandten ihre Außenminister. Zwei Chefdiplomaten erschienen nicht in New York: Sergej Lawrow und Antony Blinken. Die Lage verdüstert sich: Auf dem Schlachtfeld geht den ukrainischen Streitkräften die Munition aus, sie müssen sich auf den verlustreichen Nahkampf einlassen und zuletzt aus der Kleinstadt Awdijiwka in der Nähe von Donezk zurückziehen.

Westliche Diplomaten beziehen zudem Erkenntnisse, Putin könnte gewillt sein, seine Aggression schon bald zu verstärken, gemeint ist: ein anderes Land angreifen. Im sogenannten Globalen Süden wächst unterdessen die Ungeduld und der Wille, die Ukraine zu einem „Kompromiss“ zu bewegen. Schließlich: In Washington, wo Präsident Joe Biden vor zwei Jahren die Führungsrolle Amerikas angenommen und für Geschlossenheit in der NATO gesorgt hatte, verweigern die Republikaner seit Monaten die Zustimmung zu neuer Militärhilfe für Kiew.

Cameron will Putin schon früh durchschaut haben

In der Generalversammlung nutzte David Cameron daher seinen Auftritt für eine mahnende Geschichtsstunde. Der britische Außenminister hat Putins Versuch, das alte Sowjetimperium wiederherzustellen, schließlich von Anfang an verfolgt: Als der russische Machthaber 2008 in Georgien eingefallen sei, habe er, seinerzeit Oppositionsführer der Tories, gesagt, wenn die Welt sich Putin nicht entgegenstelle, werde dieser schon bald mehr verlangen als Südossetien und Abchasien. Als Putin dann 2014 seine kleinen grünen Männchen auf die Krim entsandte, sei er Premierminister gewesen, fuhr Cameron fort. Wieder habe er gesagt, stelle man sich Putin nicht entgegen, werde er mehr verlangen. Nun, nachdem er damit gescheitert sei, die ganze Ukraine zu erobern, heiße die Lehre abermals: Wenn man sich Putin nicht entgegenstelle, werde er mehr verlangen. Er, Cameron, glaube, die Welt habe seinerzeit „angefangen aufzuwachen“.

Der britische Außenminister redete in New York nicht um den heißen Brei herum: Es gebe ein „Gefühl der Ermüdung“, sagte er. Und es gebe den Wunsch nach einem „Kompromiss“. Cameron warnte davor, dem nachzugeben: Dafür würde man einen Preis zahlen. Putin strebe keinen Kompromiss an. Ein „ungerechter Friede“, also territoriale Zugeständnisse Kiews als Belohnung für Moskaus Aggression, sei eine Einladung für Putin, wieder anzugreifen – in der Ukraine, in Moldau oder gar im Baltikum. Seine Schlussfolgerung: „Wir müssen stark bleiben.“

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