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#Doch kein Bummler

Doch kein Bummler

Ausgerechnet eine als behäbig geltende Oberbehörde hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Mittwoch aus seinem politischen Formtief herausgeholfen. Am Morgen kündigte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) an, dass es eine Sonderzulassung für drei Corona-Selbsttests erteilt habe. Damit können Proben in der vorderen Nase entnommen werden, was weniger unangenehm ist als ein Abstrich im Rachen, und vor allem: wozu es keines geschulten Personals bedarf. Daraufhin konnte Spahn im Fernsehen den Erfolg vermelden, dass diese „Laientests“ schon bald in die Supermärkte kämen – noch vor dem ursprünglich anvisierten Termin im März.

Der Zeitpunkt der Genehmigungen, denen bald weitere folgen könnten, mag zufällig erfolgt sein, er kam Spahn aber sehr zupass. In den Tagen zuvor hatte er wegen seiner Testpläne noch kräftig Feuer bekommen, und zwar weniger von der Opposition als vom Koalitionspartner. Die SPD stellte den Minister als einen Bummler und Aufschneider dar, der seine Terminversprechen nicht einhalten könne, als einen „Ankündigungsminister“, wie zuletzt der Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich ätzte. Der Grund dafür war, dass das Corona-Kabinett am Montag Spahns Pläne gekippt hatte, zum 1. März unentgeltliche, durch Dritte angewandte und zertifizierte Schnelltests anzubieten.

Die Pläne seines Hauses standen zu diesem Zeitpunkt und waren auch mit dem Vizekanzler, Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz, abgestimmt. Spahn rechnete mit 30 bis 45 Millionen Tests im Monat zu Kosten von 540 bis 810 Millionen Euro. Doch war das nicht mehr zu halten, als klar wurde, dass das Kabinett unter Vorsitz von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine stufenweise Öffnung von Gesellschaft und Wirtschaft anstrebte. Denn dafür werden viel mehr Tests gebraucht. Weil niemand weiß, wie viele genau, wurde die Entscheidung vertagt und Spahns Pläne Makulatur.

Mit seinem Laientest-Coup freilich hat der Münsterländer die Hoheit über die Angelegenheit zurückgewonnen. Das zeigte sich am Mittwochnachmittag bei seiner Befragung durch den Bundestag, wo das Aufregerthema nur eine untergeordnete Rolle spielte. Spahn machte klar, die Entbehrungen im Lockdown seien für alle belastend, hätten sich aber ausgezahlt, indem die Inzidenz von mehr als 200 auf weniger als 60 zurückgegangen sei. Mehr als vier Prozent der Bevölkerung hätten inzwischen eine Erstimpfung erhalten. Unter den Über-Achtzig-Jährigen zeigten sich erste Erfolge der Immunisierung, Krankenhäuser würden entlastet.

Die Gesellschaft sei ermüdet, der Erreger aber leider nicht. „Wir wähnten uns auf einem guten Weg, aber dieses Virus gibt nicht einfach auf.“ Es verändere sich, um zu überleben und stelle damit eine fortgesetzte Gefahr da. Die Infektionszahlen sänken nicht mehr. Die Mutation sei vor allem deswegen infektiöser, weil ein Infizierter länger ansteckender sei. Dem Risiko könne die Gesellschaft nur „mit Umsicht, Impfen und Testen“ begegnen. Die Schnelltests spielten eine wichtige Rolle für die Rückkehr zur Normalität, so dass „perspektivisch“ wieder Reisen oder Theaterbesuche möglich seien. Schnell- und Selbsttests hülfen dabei „ein Stück mehr Freiheit wiederzuhaben“, sagte Spahn.

Schnelltests kann man schneller herstellen als Impfstoff

Er zeigte sich zuversichtlich, dass sich die Produktion schnell hochfahren lasse, da das viel einfacher sei als beim Impfstoff. Die Erfahrungen in Pflegeheimen habe gezeigt, dass zwischen November und Januar „aus Mangel ein Überfluss“ geworden sei. Das werde man auch bei den Selbsttests sehen.

Was das Impfen angeht, so kündigte Spahn die Einführung eines provisorischen digitalen Impfpasses an, wobei man sich mit der EU abstimme. Zum 1. Januar 2021 komme ohnehin der digitale Impfpass als Teil der elektronischen Patientenakte. In Israel dient ein Corona-Schutznachweis namens „grüner Pass“ bereits als Zugangsberechtigung für Schwimmbäder und Hotels.

Ob auch in Deutschland Geimpfte anders behandelt werden sollten als Nichtgeimpfte, darüber muss Spahn zufolge „ohne Zweifel“ der Bundestag debattieren. Er schloss aber aus, dass der Staat in Krankenhäusern oder anderen Feldern der öffentlichen Daseinsfürsorge mit zweierlei Maß messen werde. Spahn sagte, Deutschland müsse lernen, mit Sars-Cov-2 so zu leben wie mit anderen Viren, etwa mit den Masern: „Eine Inzidenz von Null ist unerreichbar.“

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