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#Draghis langer Abschied

„Draghis langer Abschied“

Am Tag nach dem Sturz der Regierung Draghi begannen die Parteien mit der Kampagne zu den vorgezogenen Parlamentswahlen am 25. September. Die Eile ist angezeigt. Die auf den Wahlzetteln abzubildenden Symbole der Parteien und Listenverbindungen müssen bis zum 14. August beim Wahlleiter im Innenministerium in Rom hinterlegt werden. Die verifizierten Kandidatenlisten, versehen mit deren Unterschriften, müssen den zuständigen Berufungsgerichten bis 22. August vorliegen. Es ist in der Geschichte der Republik Italien ein Novum, dass im Herbst abgestimmt wird. Seit 1948 hatten die Italiener stets in der ersten Jahreshälfte das Parlament gewählt und damit ihre Regierung bestimmt. Vorgezogene Wahlen gab es schon achtmal.

Matthias Rüb

Politischer Korrespondent für Italien, den Vatikan, Albanien und Malta mit Sitz in Rom.

Präsident Sergio Mattarella hatte am Donnerstagabend in einer kurzen Ansprache im Quirinalspalast erkennen lassen, dass er Neuwahlen als den ungünstigsten Ausweg aus einer Regierungskrise erachtet. Aber es war ihm nach zwei faktischen Misstrauensvoten binnen einer Woche gegen den ehemaligen EZB-Chef Mario Draghi, den er selbst im Februar 2021 ins höchste Regierungsamt berufen hatte, keine andere Wahl geblieben, als das Parlament aufzulösen. Mattarella betraute den demissionierten Regierungschef und dessen Kabinett mit der Fortführung der Amtsgeschäfte bis zur Bildung einer neuen Regierung. Dieser Prozess könnte sich nach den Wahlen Ende September bis November hinziehen. Es wird also ein langer Abschied von Draghi und seinen Ministern.

Mattarella: Aktuelle Situation erlaubt keine Pause

Mattarella ermahnte die Politiker, bei der Verabschiedung und Durchsetzung der angestoßenen Reformen nicht nachzulassen. „Es ist meine Pflicht zu betonen, dass die aktuelle Situation keine Pausen erlaubt“, sagte der Staatspräsident. In Zeiten von Krieg und Inflation, von Energiekrise und Pandemie sei es nötiger denn je, die politischen Entscheidungen ohne Verzug zu treffen. Die Politiker müssen also, während sie im „geheiligten“ Ferienmonat August eine „campagna in costume“, einen Wahlkampf in Badekleidung, für das nächste Parlament führen, auch ihre Pflichten erfüllen, die ihnen als 2018 gewählte Volksvertreter obliegen. Es wird ein politisch bewegter Sommer, gefolgt von einem mutmaßlich hitzigen Herbst.

Alle Zeichen deuten darauf hin, dass die Parteien der Rechten mit einem Wahlsieg, jedenfalls mit einer Mehrheit der Stimmen rechnen können. Das Bündnis aus der postfaschistischen Partei Brüder Italiens unter Giorgia Meloni, der rechtsnationalen Lega des früheren Innenministers Matteo Salvini und der christdemokratischen Forza Italia von Silvio Berlusconi scheint wieder gefestigt. Zuletzt hatte es Streit bei der Wahl des Präsidenten im Januar gegeben, bei der es den drei Bündnispartnern nicht gelungen war, einen gemeinsamen Kandidaten durchzusetzen. Oder die Wiederwahl des amtierenden Staatschefs Mattarella zu verhindern.

Auch die Konkurrenz zwischen Meloni und Salvini um die Führungsrolle hat das Bündnis immer wieder belastet, doch die verlockende Aussicht auf eine gemeinsame Machtübernahme in wenigen Monaten dürfte das Armdrücken vorerst suspendieren. In ihrer Partei ist Meloni unumstritten. Salvini hat es allenfalls mit Murren des gemäßigten Lega-Flügels um Wirtschaftsminister Giancarlo Giorgetti zu tun, der eine Fortsetzung der Regierung Draghi favorisiert hatte, muss aber keine Revolte fürchten.

Aus Berlusconis Forza Italia sind zwar mehrere Kabinettsmitglieder aus Protest gegen das Abstimmungsverhalten der Partei beim Misstrauensvotum gegen Draghi vom Mittwochabend ausgetreten, aber die Position des vierfachen Ministerpräsidenten als Parteichef ist vorerst nicht gefährdet.

Auf der Linken werden dagegen die Karten neu gemischt, sehr zu deren Nachteil. Das Projekt des sozialdemokratischen Parteichefs Enrico Letta, mit der linkspopulistischen Fünf-Sterne-Bewegung unter Giuseppe Conte ein breites und dauerhaftes Bündnis zu schmieden, ist krachend gescheitert. „Nie wieder mit den Fünf Sternen!“, schallt es Letta aus seiner Partei entgegen, die nun ohne Bündnispartner von nennenswerter Größe ins Rennen gehen muss.

Der Niedergang der irrlichternden Fünf Sterne unter ihrem überforderten Führer Conte dürfte sich fortsetzen. Die Wahlsieger von 2018 mit damals knapp 33 Prozent der Stimmen sind trotz mehrerer Abspaltungen noch immer innerlich zerstritten. Und für die von mehreren kleinen Parteien der politischen Mitte angestrebte Bildung eines „dritten Pols“ des Zentrums wird die Zeit bis zu den Wahlen in zwei Monaten kaum ausreichen.

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