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#Ein Hilferuf und seine Folgen

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Ein Hilferuf und seine Folgen

Es war die Idee von Charles Michel. Der EU-Ratspräsident wollte dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj eine Chance geben, direkt zu den Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten zu sprechen. Und so war Selenskyj der einzige, der mit im Raum sein durfte, als diese am vorigen Donnerstag zu einer Sondersitzung zusammenkamen, am Tag des Kriegsausbruchs. Sogar ihre Handys mussten draußen bleiben.

Thomas Gutschker

Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

Zwanzig Minuten hatte der Präsident Zeit, während russische Panzer auf Kiew vorrückten. Er nutzte sie für einen emotionalen Hilferuf, der seine Zuhörer aufrüttelte. Wen immer man fragt in Brüssel, was den Ausschlag gegeben habe für die dramatische Wende der vergangenen Tage, die harten Sanktionen gegen Moskau und die Unterstützung Kiews mit Waffen, jedes Mal kommt die Rede auf diesen einen Auftritt.

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Selenskyj, 44 Jahre alt, meldete sich aus dem Präsidentenpalast, in Kiew war es kurz vor Mitternacht. Er berichtete vom Krieg, den ersten Stunden des Angriffs auf sein Land. Er sagte, dass er selbst das Ziel Nummer eins der Russen sei. Dass sie alles tun würden, um ihn zu töten, ihn und seine Familie. „Es könnte sein, dass ich das letzte Mal zu Ihnen spreche“, so wird er wiedergegeben.

Selenskyj appellierte an die Regierungschefs, Wladimir Putin persönlich zu sanktionieren und Russland vom Zahlungsdienstleister SWIFT auszuschließen. Er bat sie um Waffen, damit seine Bürger sich verteidigen können. Und er sagte klipp und klar, dass sein Land der Europäischen Union beitreten wolle. „Ich erwarte von jedem eine klare Antwort darauf.“

Zeichen auf der anderen Seite

Die bekam er an diesem Abend nicht. Aber er setzte etwas in Gang, eine ungeheure Dynamik. Sie führte über das Wochenende zu Sanktionen, die sich bis dahin niemand vorstellen konnte, und zu der Entscheidung, der Ukraine für eine halbe Milliarde Euro Waffen zu liefern. Am Montag zeichnete sich die nächste kaum für möglich gehaltene Entwicklung ab. Selenskyj meldete sich am Morgen mit einer Videobotschaft. „Wir wenden uns an die EU zur unverzüglichen Aufnahme der Ukraine nach einer neuen speziellen Prozedur“, sagte er darin. „Ich bin überzeugt, dass das gerecht ist. Ich bin überzeugt, dass wir das verdient haben.“ Das war die Ankündigung eines Beitrittsgesuchs, dessen Eingang „unmittelbar“ bevorstehe, wie es in Brüssel hieß. Am Montagabend dann veröffentlichte Selenskyj auf seinem Telegram-Kanal Fotos davon, wie er den Beitrittsantrag für den EU-Beitrittsantrag seines Landes unterzeichnet.



So etwas geschieht in der realen Welt der Diplomatie nicht einfach so. Es setzt Zeichen auf der anderen Seite voraus, dass man bereit ist, sich darauf einzulassen. Und diese Zeichen gab es. Als EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Vorabend nach der Zukunft der Ukraine in Europa gefragt wurde, antwortete sie: „Im Laufe der Zeit gehören sie tatsächlich zu uns. Sie sind einer von uns, und wir wollen sie drin haben.“ Das war keine Standardformel, die Beschreibung des Selbstverständlichen. Es war fundamental neu. Denn bis dahin gab es keine solche Perspektive für das Land. In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rats am Donnerstag hieß es lediglich, man erkenne „die europäischen Bestrebungen der Ukraine und ihre Entscheidung für Europa“ an. Von einer solchen Anerkennung bis zur Unterstützung ist es ein weiter Weg.

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