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#Ein Kinderreim und womöglich kaum strafbare Inhalte

Ein Kinderreim und womöglich kaum strafbare Inhalte

Der Wiesbadener Polizeipräsident Stefan Müller, der im Auftrag von Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) das Frankfurter Spezialeinsatzkommando (SEK) neu strukturieren soll, hat am Donnerstag in der Sitzung des Innenausschusses im Landtag eingestanden, dass er den Kinderreim von den „Zehn kleinen Negerlein“ während einer Diskussion mit SEK-Beamten verwendet hat. Müller sagte, er habe sich danach sofort entschuldigt und daraufhingewiesen, dass er sich weder rassistisch noch diskriminierend äußern wollte.

Beuth bezeichnete die Verwendung des Kinderreims als „unsensibel“, stärkte Müller aber den Rücken. Er teilte mit, dass in den Chatgruppen, in denen SEK-Beamte rechtsextreme Inhalte geteilt haben sollen, offenbar kaum strafrechtlich relevante Beiträge verfasst worden seien. Dies habe die Auswertung von tausenden Chat-Beiträgen durch das hessische Landeskriminalamt ergeben.

Laut Beuth wurden in einer Chatgruppe mit 10.000 Mitteilungen drei Beiträge als strafrechtlich relevant bewertet. In einer anderen Gruppe mit etwa 9000 Beiträgen stufe die Staatsanwaltschaft 24 Nachrichten als potentiell strafbar ein und in einer weiteren Chatgruppe mit 130 Beiträgen drei. „Aus den fortschreitenden und weiterhin laufenden Ermittlungen hat das Landeskriminalamt den Eindruck gewonnen, dass die Chats vornehmlich nicht radikal geprägt waren“, sagte Beuth. Ein schuldhaftes Verhalten der einzelnen Chatteilnehmer müsse individuell bewertet werden.

Zahlen stimmen nicht überein

Die Frankfurter Staatsanwaltschaft wunderte sich über diese Äußerung. „Die vom Innenministerium mitgeteilten Zahlen kann die Staatsanwaltschaft nicht bestätigen. Die strafrechtliche Bewertung ist noch gar nicht abgeschlossen“, teilten die Ermittler am Donnerstag mit.

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Die Zahl der aktiven Polizisten, die Mitglieder in den sieben Chatgruppen waren, hat sich derweil von 49 auf 50 erhöht, wie der Inspekteur der hessischen Polizei, Hans Knapp, mitteilte. 36 davon sind SEK-Beamte. Aktuell laufen 20 Strafverfahren, davon 18 gegen SEK-Mitglieder, eines gegen einen früheren SEK-Mann bei der Polizeiakademie und eines gegen ein ehemaliges SEK-Mitglied, das nicht mehr bei der Polizei beschäftigt ist. Acht Beschuldigte sind Führungskräfte. Insgesamt waren 56 Personen Mitglieder der Chatgruppen, zwei von ihnen sind noch nicht identifiziert.

Sowohl die Linken als auch die SPD bewerteten die neuen Informationen als Beleg, dass sich der Skandal ausweite. „Der Innenminister musste einräumen, dass die polizeilichen Chatgruppen nicht nur neonazistisch-rassistische Inhalte enthielten, sondern auch Darstellungen von Kindesmissbrauch und Sexismus in einer Chat-Gruppe mit 16 Mitgliedern geteilt wurden“, sagte der innenpolitische Sprecher der Linken, Hermann Schaus. Auch Günter Rudolph, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD, monierte, dass in einer Chatgruppe zwei Dateien mit Kinderpornographie geteilt worden seien. Keiner der 16 Beamten in der Gruppe sei eingeschritten oder habe Anzeige erstattet, wie es seine Pflicht gewesen sei, sagte Rudolph weiter. Detailliertere Kenntnisse zu dem Kinderpornographie-Vorwurf hat die Staatsanwaltschaft Mainz, die Beuth zu kontaktieren versprach.

Beuth lobt Müllers Selbstkritik

Die AfD warf dem Minister vor, mit der Auflösung des SEK vorschnell gehandelt und nicht die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft abgewartet zu haben. Nun stelle sich heraus, dass die Vorwürfe nur wenige beträfen und es nicht legitim sei, dem SEK als Einheit ein Rechtsextremismus-Problem zu unterstellen, sagte der innenpolitische Sprecher Klaus Hermann. Der FDP-Innenpolitiker Stefan Müller wies Beuth darauf hin, dass es einen Unterschied mache, ob eine Chatgruppe gegründet werde, um rechtsextreme Inhalte auszutauschen oder ob andere Zwecke im Vordergrund stünden. „Das hat einen anderen Charakter“, sagte Müller. Er fragte Beuth, ob man diese Erkenntnisse im Interesse der Beamten schon früher hätte mitteilen können. Den Anfangsverdacht der Kinderpornographie bezeichnete Müller als „erschreckend“.

Wie belastend die Situation für die Polizisten ist, belegte die Äußerung von Polizeipräsident Müller, als er die Diskussion schilderte, bei der er den Kinderreim verwendete. Demnach habe er am 14. Juni im Frankfurter Polizeipräsidium eine Besprechung mit rund 30 SEK-Polizisten gehabt. Es sei um die Kritik am SEK und den anstehenden Umzug der Eliteeinheit in die Mudra-Kaserne nach Mainz-Kastel gegangen. Laut Müller dauerte die hoch emotionale Diskussion mehrere Stunden. Auf die Bemerkung eines Polizisten, man wolle wissen, wer als nächster dran sei oder unter Verdacht stehe, habe er geantwortet, dass man jetzt nicht befürchten müsse, dass das Spiel der „Zehn kleinen Negerlein“ beginne, so Müller. „Ich habe ein Kinderlied aus meiner Kindheit benutzt und sofort erkannt, dass das falsch war“. Er habe sich sofort entschuldigt. Doch ein Beamter habe ihm geantwortet, dass andere Polizisten schon „für weniger gegangen worden seien“.

Beuth lobt die Selbstkritik Müllers und sagte: „Deswegen ist er der Richtige für den Umstrukturierungsprozess des SEK.“ Rudolph bezeichnete die Verwendung des Kinderreims dagegen als „verheerendes Signal“, das in einer aufgeheizten Lage zu weiteren Diskussionen führe. „Eine solche Aussage geht gar nicht“, sagte der Sozialdemokrat.

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