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#Ein literarisches Frühwarnsystem

Ein literarisches Frühwarnsystem

Es ist ein Sonntag im Jahr 2022, an dem alle Systeme kollabieren, es ist einer der wichtigsten Termine im amerikanischen Kalender, gleich nach dem 4. Juli, dem Nationalfeiertag.

Peter Körte

Peter Körte

Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

Es ist der erste Sonntag im Februar, an dem die Fernsehwerbung Spitzenpreise erzielt, weil jeder bei der Superbowl, dem Saisonfinale im American Football, zuschauen will. Das Spiel der Tennessee Titans gegen die Seattle Seahawks hat noch nicht begonnen, als alle Bildschirme schwarz werden und die komplette Stromversorgung zusammenbricht.

Es ist dieser eine Tag, dieser eine Abend, an dem Don DeLillos neuer Roman „Die Stille“ spielt. Vielleicht ist es auch gar kein Roman, das sollen die Gattungsprüfer entscheiden, mit seinen zwei Teilen und seinen insgesamt 106 Seiten. Es könnte, der Anlage, dem Setting nach, auch ein Zweiakter sein, DeLillo hat ja auch ein paar Theaterstücke geschrieben.

An einem Sonntag im Jahr 2022

Aber er wird schon seine Gründe gehabt haben, warum er sich für erzählende Prosa entschieden, warum er das Geschehen in die nächste Zukunft verlegt hat, warum die Handlung so konzentriert ist auf wenige Schauplätze und Personen, warum das, was die Figuren bald vom Untergang der Welt reden lässt, primär im Mikrokosmos einer New Yorker Wohnung erfahrbar wird.

Da ist ein Flugzeug, das von Paris nach Newark fliegt und kurz vorm Ziel notlanden muss, weil die elektronischen Systeme versagen: „Eine taumelnde Masse aus Metall, Glas und menschlichem Leben, vom Himmel herunter.“ Jim und Tessa, der Schadensregulierer bei einer Versicherung und die Dichterin, die auch Ratgeber schreibt, überleben fast unverletzt

Eine Klinik in Manhattan, in der man sie versorgt. Eine Wohnung auf der Eastside. Max, seine Frau Diane und deren ehemaliger Student Martin warten vor dem schwarzen Bildschirm noch immer auf den Kick-off und – auf Jim und Tessa, die auf einmal da sind, nach langem Fußmarsch, kurz bevor der erste Teil des Buchs endet.

Mit dem Stromausfall fängt es an

Das hat eine gewisse Dramatik, apokalyptisch würde man sie aber kaum nennen. „Da passierte etwas“, heißt es knapp. Im Grunde nicht viel mehr als der große Stromausfall in New York im Juli 1977, als 25 Stunden lang gar nichts mehr ging, Menschen in Fahrstühlen eingesperrt blieben, Plünderer durch die Straßen zogen. Spike Lees Film „Summer of Sam“ hat die Stimmung von damals ziemlich gut eingefangen.

Dann ein plötzlicher Umschwung: die fünf Personen in der Wohnung, es ist nach Mitternacht. Aus dem Imperfekt springt die Erzählung ins Präsens. Die auktoriale Erzählerstimme klingt atemlos, wie in einer Panikattacke:

„Mittlerweile ist klar, dass die Abschusscodes von unbekannten Gruppen oder Kräften per Fernsteuerung manipuliert werden. Atomwaffen sind nicht mehr einsatzfähig, weltweit … Aber der Krieg rollt weiter, und die Begriffe häufen sich. Cyberangriff, digitale Invasion, biologische Angriffe. Anthrax. Pocken. Pathogene. Die Toten und Versehrten. Hunger, Seuche, was noch?“

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