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#Ein U-Ausschuss über Posten, Chats und Kurz

Ein U-Ausschuss über Posten, Chats und Kurz

An diesem Mittwoch beginnt in Österreich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss, der sich auf Entwicklungen und Enthüllungen infolge der Ibiza-Affäre bezieht. Laut Titel, der nach dem Minderheitenrecht für parlamentarische Untersuchungen von der Opposition gewählt werden konnte, geht es um „ÖVP-Korruption“. Folgerichtig ist als erste Auskunftsperson der Parteivorsitzende der christlich-demokratischen ÖVP, Bundeskanzler Karl Nehammer, geladen. Nehammer hat den im Titel implizierten Vorwurf schon nach seiner Beförderung an die Parteispitze zurückgewiesen. Die ÖVP habe insgesamt „kein Korruptionsproblem“, versicherte er.

Es soll dabei um Postenvergaben und Verwendung von öffentlichen Mitteln für Parteizwecke zwischen 2017 und 2021 gehen, und zwar konkret über „mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen“ zwischen 2017 und 2021. Politisch übersetzt, heißt das, es geht um die Zeit von Sebastian Kurz als Vorsitzender der ÖVP. Kurz war im Herbst 2021 unter dem Druck staatsanwaltlicher Ermittlungen und daraus folgender Forderungen des grünen Koalitionspartners zunächst als Bundeskanzler, dann als Parteivorsitzender zurückgetreten und ist aus der Politik ausgeschieden.

Weit weg von eigentlicher Ibiza-Affäre

Mit der Ibiza-Affäre als solcher, also dem 2019 bekanntgewordenen heimlich aufgezeichneten Video vom einstigen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, hat das Ganze eigentlich nichts mehr zu tun. Nach dem Ende der damaligen ÖVP-FPÖ-Koalition und dem Ausscheiden Straches aus der Politik hat sich der politische Fokus auf die ÖVP gerichtet, auch schon im inzwischen abgeschlossenen „Ibiza-U-Ausschuss“. Gespeist werden die Vorwürfe aus Handy-Chats vor allem von ÖVP-nahen Spitzenbeamten im Justiz-, Innen- und Justizministerium.

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Die entsprechenden Geräte sind zum Teil von der Korruptionsstaatsanwalt­schaft beschlag­nahmt worden und sind quasi öffentliches Zitatgut, auch weil der frühere Untersuchungsausschuss das Material anfordern konnte und es von dort unmittelbar an Medien gelangte. Eines der Handys ist offenbar von einem Datendieb ausgelesen worden und inzwischen auf der Onlineplattform „Zackzack“ von Peter Pilz gelandet, der lange Jahre für die Grünen und dann mit einer eigenen Liste als Abgeordneter im Nationalrat saß. Er ist für den neuen Ausschuss ebenfalls als Auskunftsperson geladen worden.

Jenseits der verwirrenden Vielzahl wirklicher oder vermeintlicher Affären geht es bei diesen Chats um den Eindruck, dass die Spitzenbeamten sich als Hebel für parteipolitische Interessen der ÖVP verstanden und betätigten. Vielfach ist die Aufregung einem Tonfall geschuldet, der indes dem eigentlich sehr vertraulichen Charakter solcher Unterhaltungen geschuldet ist. Beispielsweise empörte sich die sozialdemokratische SPÖ darüber, dass eine ÖVP-Landespolitikerin an einen der Beamten, der einmal ihr enger Mitarbeiter war, schrieb, „Rote“ seien „Gesindel“.

„Anstiftung zum Amtsmissbrauch“ vermutet

Politisch relevanter sind die Chats, wo es um Postenbesetzungen geht, für die Politiker intervenierten. Ein solcher Fall hat wieder die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen. August Wöginger, der heute „Klubobmann“ (Fraktionsvorsitzende) der ÖVP im Nationalrat ist, hatte sich offenbar für den Wunsch eines Parteifreundes aus seinem heimatlichen Bundesland Oberösterreich starkgemacht, Chef eines regionalen Finanzamts zu werden. Der Mann erhielt den Posten, doch klagte dann ein übergangener Bewerber erfolgreich dagegen. Die Staatsanwälte vermuten „Anstiftung zum Amtsmissbrauch“, das Parlament hat inzwischen den Ermittlungen zugestimmt. Wöginger hat den Vorwurf zurückgewiesen. Er sagt, er habe den Parteifreund für einen qualifizierten Kandidaten gehalten und sein Anliegen weitergeleitet, aber keinen Einfluss auf die unabhängige Besetzungskommission genommen.

Am schwerwiegendsten sind die Vorwürfe, wegen derer schließlich Sebastian Kurz zurücktreten musste. Da geht es darum, dass aus den Mitteln des Finanzministeriums Meinungsumfragen finanziert worden sein sollen, die ausschließlich den Interessen der ÖVP dienten – beziehungsweise vor Mai 2017 dem Aufstieg von Kurz an die Spitze der ÖVP. Chats des dortigen damaligen Spitzenbeamten Thomas Schmid erwecken den Eindruck, er habe die Leiterin eines Meinungsforschungsinstituts veranlasst, die Kosten für die parteipolitischen Untersuchungen zu verschleiern.

Inzwischen ist auch deren umfängliche Aussage bei der Staatsanwaltschaft, die den allen Verfahrensbeteiligten zugänglichen Akten beiliegt, bekanntgeworden. Die Meinungsforscherin gibt demnach zu, dem Finanzministerium auch die Arbeit für „politische Fragen“ in Rechnung gestellt zu haben. Sie sagte aber auch aus, dass sie dies in Absprache mit Personal des Ministeriums gemacht habe und zu Sebastian Kurz und seiner engsten Entourage kaum oder gar keinen Kontakt gehabt habe. Kurz hat bereits erklärt, dass er sich als vollständig entlastet ansehe. Die Opposition sieht das vollkommen anders, sie spricht vom „System Kurz“ und davon, dass er vollständiger Nutznießer all dieser Machenschaften gewesen sei.

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