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#Eine Frage, die alles überschattet

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Eine Frage, die alles überschattet

Als die Namen der Opfer verlesen werden, will die Liste kein Ende nehmen. 134 Menschen kamen bei der Flutkatastrophe Mitte Juli in Rheinland-Pfalz ums Leben. Der Staatsakt für sie wird am Mittwoch am Nürburgring abgehalten. Rund 2500 Angehörige, Helfer sowie Lokalpolitiker sind geladen. Vom Nürburgring aus, oberhalb der Ahr gelegen, wurde in den vergangenen Wochen die Unterstützung koordiniert, eine „Helferstadt“ entstand; in der Halle, in der nun die Gedenkveranstaltung stattfindet, stapelten sich bis vor kurzem Sachspenden aus der ganzen Republik.

Julian Staib

Politischer Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland mit Sitz in Wiesbaden.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gibt zu Beginn seiner Rede die Worte eines Flutopfers wieder: „Wofür noch leben, wenn nichts mehr ist, wie es mal war?“ Das gesamte Land trauere mit ihnen, versichert er den Angehörigen. Und mahnt, Hilfe und Aufmerksamkeit seien nicht nur jetzt, in der akuten Not, sondern für lange Zeit notwendig. Es ist ein würdiges Gedenken, in dem viel von Hoffnung, von Mut und Solidarität die Rede ist, und in dem viel an die überwältigende Hilfsbereitschaft der tausenden Freiwilligen erinnert wird.

Hunderte sind traumatisiert

Und doch schwebt an diesem Abend über allem die Frage, ob viele der Toten nicht noch am Leben wären, hätten die Behörden die Menschen besser gewarnt. Schließlich gab es präzise Prognosen der Pegelstände schon tagsüber, bevor dann nachts die Flut über das Ahrtal hereinbrach. Und schließlich waren auch schon in den kleinen Zuflüssen die Pegelstände enorm, lange bevor die Fluten die Ahr erreichten. Trotzdem wurden im Ahrtal in der Nacht auf den 15. Juli viele Menschen im Schlaf von den Wassermassen überrascht. 766 Personen wurden verletzt, viele konnten sich nur noch mit den Kleidern am Leibe retten, Hunderte sind traumatisiert.

Es gelte für alle, sich die Frage zu stellen, „was wir tun können, um auf solche Katastrophen, auf solche Extremwetterlagen besser vorbereitet zu sein“, sagt Steinmeier. Die Verbandsbürgermeisterin von Altenahr, Cornelia Weigand, mahnt, künftig gelte es, gezielter zu warnen und effektivere Krisenstäbe zu bilden. Im Tal wird die Frage, warum es so weit kommen musste, mittlerweile drängender als noch kurz nach der Flut gestellt. Es hätte Warnungen geben müssen, sagt eine Anwohnerin in Insul am Mittwoch. Hier ist niemand ums Leben gekommen, schwer getroffen ist der Ort trotzdem. Ortschaften weiter flussaufwärts seien deutlich früher von der Flut erwischt worden – warum sei das nicht weitergegeben worden? Und warum erst recht nicht an die Orte weiter flussabwärts, Kreuzberg und Bad Neuenahr-Ahrweiler etwa, wo so viele ums Leben gekommen seien?

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Mittlerweile ist im Tal die Zahl der freiwilligen und professionellen Helfer deutlich zurückgegangen. In Insul hatte am Tag nach der Flut hektische Betriebsamkeit geherrscht. Hunderte waren auf den Straßen, schippten den Schlamm aus den Häusern, räumten die Trümmer weg. Am Mittwoch aber sind die Straßen wie leergefegt, viele Häuser wirken verlassen. Auf der anderen Flussseite reißt ein Bagger ein Gebäude ab. Sechs weitere Häuser seien schon weg, sagt ein älterer Mann, der dort steht, wo sich einmal eine Brücke über die Ahr befand. Auch anderthalb Monate nach der Flutkatastrophe ist die braune Linie des Wassers noch in Kopfhöhe an den Häusern zu sehen.

Viele der Gebäude seien derzeit unbewohnt, viele der Bewohner hätten Unterschlupf bei Freunden und Bekannten gefunden, andere in Ferienwohnungen, erzählt eine Anwohnerin. Manche seien auch ganz weggezogen und hätten hier kurzerhand alles verkauft. Und vielerorts fehle es immer noch am Nötigsten. An der Möglichkeit etwa, sich Essen zu kochen. Das Deutsche Rote Kreuz bringt derzeit für Tausende eine warme Mahlzeit und Essenspakete per Shuttle. Auch Heizmöglichkeiten fehlen. Die Gasversorgung ist ebenso zerstört wie viele Ölheizungen im Keller. Bis zum Herbstbeginn wird eine Reparatur oder gar eine Erschließung mit neuen Gasleitungen kaum möglich sein. Zudem muss zuvor geprüft werden, wo Gebäude überhaupt dauerhaft bewohnbar sein werden.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer versichert den Menschen am Mittwoch, es werde „alles getan, damit die alte Heimat auch die neue Heimat sein kann“. Sie verweist auch auf die Gelder, die Bund und Länder für den Wiederaufbau bereitstellen. Privatleute und Unternehmer sollen durch die Aufbauhilfen bis zu achtzig Prozent der Schäden vom Staat erstattet bekommen. Bund und Länder, so versichert Dreyer, gäben eine „Garantie“ für eine langfristige Unterstützung. Es werde „niemand vergessen“.

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