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#Eine lange rote Linie für Putin

„Eine lange rote Linie für Putin“

Bundestag und Bundesrat haben dem Beitritt von Schweden und Finnland zur NATO in der vergangenen Woche zugestimmt, auch Kanada und Estland haben schon ra­tifiziert. Trotzdem haben die beiden nordischen Länder noch eine Wegstrecke vor sich, bis die Ratifikation in allen 30 Mitgliedstaaten abgeschlossen ist.

Der türkische Präsident lässt keinen Zweifel daran, dass die Regierungen in Stockholm und Helsinki zuvor seinen diversen Forderungen nachkommen müssen, die sich vor al­lem auf die Kurdenfrage beziehen. Außerdem will er immer noch F-16-Kampfflugzeuge aus Amerika. Die Regierung Biden befürwortet das, aber es besteht Widerstand im Kongress. Die Sache ist also noch nicht erledigt.

Allerdings ist Erdogans Einspruch nicht grundsätzlicher Natur. Er will die Situation nutzen, um auf Gebieten, die nichts mit der Norderweiterung der NATO zu tun ha­ben, Vorteile für die Türkei herauszuschlagen. Deshalb werden sich alle Akteure, von Washington bis Moskau, realistischerweise darauf einstellen, dass Schweden und Finnland der Allianz über kurz oder lang angehören. Für die strategische Lage in Nordeuropa wird das erhebliche Folgen haben – zugunsten des Westens und zuungunsten Russlands.

Erhebliche strategische Folgen zugunsten des Westens

Das fängt damit an, dass die beiden neuen Verbündeten die NATO militärisch stär­ken werden. In den vergangenen Er­weiterungsrunden sind vor allem kleinere Staaten in Mittelost- und Südosteuropa beigetreten, zuletzt Montenegro und Nord­mazedonien. Für die NATO war das ein geopolitischer Gewinn, weil diese Länder damit russischem Einfluss entzogen wurden. Aber in der Regel suchten sie mehr Sicherheit, als sie selbst beisteuern können.


Bild: F.A.Z.

Schweden und Finnland dagegen haben moderne und gut ausgerüstete Streitkräfte. In beiden Ländern gilt die Wehrpflicht, sie haben eine leistungsfähige Rüstungsindustrie. Als Folge ihrer langjährigen Neutralität haben sie die Landesverteidigung auch nie so stark aus den Augen verloren wie Deutschland oder an­dere westliche Länder. Die finnische Artillerie etwa ist eine der größten in Europa. Im Donbass zeigt sich gerade, wie wichtig diese Waffen sein können.

Strategisch gesehen gewinnt die NATO mit dem Beitritt der beiden Länder vor al­lem an Verteidigungsfähigkeit in einem Raum, der von ihren Militärplanern seit Jahren als möglicher Schauplatz einer Auseinandersetzung mit Russland gesehen wird. Die baltischen Staaten, einst Teil der Sowjetunion, gelten als schwer zu verteidigen, weil sie kein Hinterland haben und nur durch einen schmalen Landstreifen zwischen Polen und Litauen mit dem rest­lichen Bündnisgebiet verbunden sind (sogenanntes Suwalki Gap).

Die Ostsee wird ein NATO-Meer

Wenn Finnland und Schweden in der NATO sind, entstehen zusätzliche Nachschublinien über Luft und See, die kürzer sind als die aus Po­len oder Deutschland. Die Allianz wird au­ßerdem endgültig die dominante maritime Kraft in der Region. Außer Russland werden alle Anrainer dem Bündnis angehören, die Ostsee wird faktisch ein NATO-Meer. Eine wichtige Rolle kommt dabei der schwedischen Insel Gotland zu, von der aus vor allem die Seegebiete vor dem Baltikum kontrolliert werden können.

Der frühere NATO-General Heinrich Brauß nennt sie einen „unsinkbaren Flugzeugträger“, sodass Schweden zusammen mit der finnischen und deutschen Marine gegen die Bal­tische Flotte Russlands gesetzt werden könne, die in Kaliningrad stationiert ist.

Die schwedische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson am 3. Juli auf Gotland


Die schwedische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson am 3. Juli auf Gotland
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Bild: Imago

Der Beitritt Finnlands verlängert die Landgrenze der NATO zu Russland um 1340 Kilometer. Auch das dürfte die Ab­schreckung erhöhen, denn es erweitert die potentielle Front Russlands im Falle eines Angriffs auf das Bündnisgebiet erheblich. Die rote Linie, welche die Allianz Putin zieht, wird demnächst durch ganz Europa reichen, vom Nordkap bis zum Schwarzen Meer. Außerdem gewinnt die NATO im Kriegsfall zusätzliche Möglichkeiten an der Nordflanke.

Die russischen Militäreinrichtungen auf der Kola-Halbinsel sind über eine lange Landverbindung mit dem rest­lichen Russland verbunden, die von Finnland aus gestört werden kann. Auf der Halb­insel ist an der Barentssee die russische Nordflotte mit ihrem Hauptquartier in Seweromorsk stationiert. Hier liegt unter an­derem ein großer Teil der strategischen Atom-U-Boote des Landes.

Größeres Gewicht an der Arktis

Die Mitgliedschaft Schwedens und Finn­lands wird auch das Gewicht der NA­TO in der Arktis erhöhen. Beide Staaten sind Mitglieder des Arktischen Rats, in dem sich acht Anrainerstaaten austauschen, unter ihnen Russland. Die Bedeutung des Gebiets nimmt mit dem Klimawandel stetig zu. Schon jetzt sind die nördlichen Passagen besser befahrbar, die kürzere Seewege von Asien nach Europa und Amerika bieten. Das Abschmelzen des Polareises wird auch den Zugang zu arktischen Rohstoffen erleichtern.

Putin hat zuletzt gesagt, er habe „keine Probleme“ mit einem Beitritt der beiden Länder zur NATO. Trotzdem hat er militärische Gegenmaßnahmen in Aussicht ge­stellt, falls die Allianz dort Truppen oder Infrastruktur stationiere.

Als mögliche Re­aktion hatte Moskau schon mal die Stationierung von Nuklearwaffen in Kaliningrad genannt, die nach westlicher Einschätzung längst dort aufgestellt sind. Die NATO teilte dazu mit, dass sie nicht beabsichtige, Soldaten in eines der beiden Länder zu entsenden. „Sie haben hervorragende nationale Streitkräfte, sie können sich selbst verteidigen“, sagte der stellvertretende Generalsekretär Mircea Geoana.

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