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# Experten teilen mit: Ist der Krypto-Winter 2022 anders als der von 2018? – Teil 2

“ Experten teilen mit: Ist der Krypto-Winter 2022 anders als der von 2018? – Teil 2 „

Dies ist der zweite Teil des Projekts „Krypto-Winter“. Lesen Sie auch den ersten Teil über die Ursachen des aktuellen Krypto-Winters hier.

Es ist nicht das erste Mal, dass ein Krypto-Winter über den Markt hereinbricht: der letzte Bärenmarkt dauerte fast zwei Jahre – von Januar 2018 bis Dezember 2020. Selbst der Begriff “Krypto-Winter” wurde erstmals 2018 verwendet, als Bitcoin (BTC) 50 Prozent seiner Marktkapitalisierung verlor und andere Kryptowährungen wie Ethereum (ETH) und Litecoin (LTC) stark fielen.

Bärenmärkte – nicht nur im Krypto-Bereich – sind durch geringes Anlegervertrauen und Pessimismus gekennzeichnet. Während eines Bärenmarkts ignorieren die Anleger in der Regel alle positiven Nachrichten und verkaufen schnell ihre Kryptobestände. Der Kryptowährungsmarkt hat seit der Einführung von Bitcoin im Jahr 2009 bereits drei Bullenmärkte erlebt und durchlebt derzeit seinen dritten Bärenmarkt, nachdem er von seinem Allzeithoch um fast 70 Prozent zurückgegangen ist. Und nicht nur Bitcoin steht unter Abwärtsdruck: ETH und andere führende Altcoins wie Cardano (ADA) oder Solana (SOL) sind im bisherigen Jahresverlauf ebenso stark gefallen.

Was ist aber anders am aktuellen Krypto-Winter? Welche Unterschiede gibt es zwischen beiden Bärenmärkten – 2018 und 2022? Wird sich der Krypto-Markt wieder erholen und die Kryptowährungen zurück nach oben spülen? Diese Fragen hat Cointelegraph auf Deutsch lokalen Experten aus der deutschsprachigen Blockchain-Branche gestellt. 

Dennis Austinat, Deutschlandchef von eToro

Historisch gesehen haben Krypto-Bärenmärkte Rückgänge von 80-85 Prozent erlebt, also ist das, was wir im Moment beobachten, nicht komplett überraschend.

Jedes Mal, wenn der Bärenmarkt die Talsohle erreicht hatte, halbierte sich die Blockprämie (dies bildete die Grundlage für den Bullenmarkt), mehr Teilnehmer kamen hinzu, die Nachfrage wuchs und die Kurse stiegen auf neue Allzeithochs.

Olga Feldmeier, Vorstandsvorsitzende & Co-Founder von Smart Valor

Im Jahr 2018 reagierten die Märkte hauptsächlich auf isolierte Faktoren wie regulatorische Nachrichten und große Ereignisse wie Hacks, Updates und Markteinführungen. Heute sind die Kryptomärkte durch ihre enge Korrelation mit den Aktienmärkten einer viel größeren Vielfalt an Variablen ausgesetzt. Das heißt, wenn es der Weltwirtschaft schlecht geht, geht es auch den Kryptowährungen schlecht.

Der letzte Bärenmarkt fand während einer langen Wachstumsphase der Aktienmärkte statt. In der Tat war die Hausse nach der globalen Finanzkrise die längste in der Geschichte, mit einer Marktperformance von 323 Prozent seit 2009. Doch das hat sich inzwischen geändert, und heute sehen sich Anleger aller Art mit einem ganz anderen Umfeld konfrontiert. Der aktuelle Bärenmarkt markiert das erste Mal, dass Kryptowährungen einen düsteren makroökonomischen Ausblick überstehen müssen, in dem viele Volkswirtschaften in eine Rezession eintreten und fast alle eine anhaltende Phase hoher Inflation erleben werden.

Die Auswirkungen des Russland-Ukraine-Krieges haben die Weltwirtschaft stark belastet, und die in die Höhe schießenden Rohstoffpreise werden den Kryptowährungskursen auf kurze Sicht wahrscheinlich nicht helfen. Das bedeutet, dass alle Augen auf den 4-Jahres-Kurszyklus gerichtet sein werden, um zu sehen, ob es für Bitcoin (BTC) möglich ist, sich effektiv von einer Weltwirtschaft abzukoppeln, die bestenfalls eine Stagnation oder eine Depression im selben Zeitraum zu erwarten hat.

Wenn wir die Branche von 2018 mit der von heute vergleichen, sind sie kaum wiederzuerkennen. Damals drehte sich so ziemlich alles um Bitcoin und Ethereum (ETH). Zum Beispiel hatte Bitcoin eine Marktdominanz von rund 55 Prozent, Ethereum von 10 Prozent und XRP war der einzige andere Vermögenswert, der es durchgehend in den zweistelligen Bereich schaffte. Heute sehen wir einen vielfältigen Marktanteil, wobei Bitcoin auf 38 Prozent fällt und Ethereum auf fast 20 Prozent steigt, zusammen mit einer starken Vertretung der Top-Stablecoins, von denen viele jeweils zwischen 2-7 Prozent kontrollieren. Ende 2018 gab es knapp über 2.000 Kryptowährungen. Im Jahr 2022 werden es über 20.000 sein.

Damals waren die Branche der digitalen Vermögenswerte und der Mainstream-Finanzsektor zwei Welten, die isoliert voneinander wuchsen. Heute sind sie viel stärker miteinander verbunden, und jedes Finanzinstitut, das etwas auf sich hält, bietet digitale Vermögenswerte an oder plant dies zu tun.

Anstatt digitale Vermögenswerte als wertlos zu verteufeln, versuchen die Zentralbanken nun verzweifelt, die dahinterstehende Technologie zu nutzen, um ihre eigenen veralteten Währungen für die moderne Welt aufzurüsten.

Die Zeiten, in denen Banker in Vorstandsetagen über den Tulpenwahn spotteten, sind längst vorbei. Die Digitalisierung und die Evolution des Geldes werden nicht darauf warten, dass der Mainstream aufholt. Blockchain ist keine neue Technologie mehr, sondern eine grundlegende Architektur für die nächste Stufe von Web3, Finanzen und Internet.

Daniel Diemers, Mitgründer der SNGLR Group und Board Member bei Kryptofirmen und Banken

2018 schüttelten wir uns aus dem ICO-Fieber und wunderten uns, wie das alles passieren konnte. Die Antwort war natürlich: kaum regulatorische Hürden (KYC, AML), viel spekulatives Geld und 90-95 Prozent der Projekte waren ex ante klar als “hoffnungslos” einzustufen, wenn man genauer hingeschaut hätte.

2022 sind wir an einem anderen, besseren Ort. Digitale Vermögenswerte, insbesondere Kryptowährungen, werden wie Finanzmärkte reguliert, was ich bereits im Jahr 2014 vorausgesagt hatte. Institutionelle Investoren mischen nun mit, die das Auf und Ab von Börsen bestens kennen und verstehen. Und die Innovationskraft des Startup-Ökosystems rund um Blockchain ist viel weiter, als wir es 2018 waren: Non-Fungible Tokens (NFTs), Metaverse, aber nur schon Kryptozahlungen via Apps und Neobanken: alles geht nun einfacher, eleganter, sicherer.

Ulli Spankowski, CDO der Gruppe Börse Stuttgart, CEO und Mitgründer der Bison App 

Der Krypto-Winter 2022 ist anders als jener von 2018, weil sich wesentliche Parameter in den letzten vier Jahren verändert haben. Der Krypto-Markt und Investoren haben sich seither weiterentwickelt. Es sind im Vergleich mehr Institutionelle investiert. Die unterschiedlichen Asset-Klassen im Portfolio Institutioneller sind stärker verflochten als zuvor. Außerdem kommt ein weiterer Faktor hinzu: Umso größer der Luftballon, umso lauter knallt es, wenn dieser platzt. 

Was will ich damit sagen? In das DeFi-Umfeld wurde sehr viel Liquidität gepumpt – zum Einen aus Venture-Capital-Quellen und zum Anderen aus dem Kryptomarkt direkt. Viele Investoren, die bereits früh ihr Portfolio um Kryptowährungen erweiterten, konnten von stark steigenden Kursen profitieren und so hohe Gewinne erzielen. Diese wurden wieder in den DeFi-Bereich investiert. Wenn man zu viel Liquidität in den Markt pumpt, kann das gegebenenfalls dazu führen, dass man vermehrt in Projekte investiert, die nicht zwingend nachhaltige Geschäftsmodelle aufweisen können. Das wiederum verstärkt den Kaskadeneffekt am Bärenmarkt.  

Auf makroökonomischer Ebene befeuert die Krise rund um den Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine sowie die dadurch entstandene Knappheit von Energie in vielen Teilen Europas die Märkte nochmals, das wirkt sich letztendlich auch auf Kryptowährungen aus. Mit der MiCA-Regulierung gibt es außerdem jetzt ein viel stärkeres Bewusstsein auf das Thema Regulatorik im DeFi-Sektor, von dem im Jahr 2018 noch kaum eine Rede war. 

Patrick Hansen, Crypto Venture Advisor bei Presight Capital 

Die Situationen sind gar nicht miteinander zu vergleichen, weder auf der Technologie- noch auf der Anwendungsebene. 2018 gab es außer ICOs praktisch keine Anwendungsbeispiele, Bitcoin und Ethereum waren die einzigen funktionierenden Blockchains. Heute gibt es einen dynamischen Wettbewerb auf der Technologieseite zwischen L1s, L2s und eine breite Palette an Anwendungen (DeFi, Stablecoins, NFTs, Gaming), die ganz klar auf eine breite Nachfrage stoßen. Auch die Marktlage insgesamt – hohe Inflation, steigende Zinsen – ist nicht vergleichbar.

Arno Pernthaler, Vorstandsmitglied und CEO von DEC Institute

„Krypto-Winter“ ist ein Begriff, den ich für die aktuellen digitalen Assets, Krypto-Assets und Web3-Branche nicht mehr treffend finde. Ja, wir befinden uns für gehandelte Kryptowährungen grundsätzlich in einem Bärenmarkt. Jedoch ist dieser nicht vergleichbar mit dem Krypto-Winter von 2018, wo viele der großen Projekte massiv an Liquiditätsproblemen und unter Entlassungen litten, junge Startups praktisch von einem Tag auf den anderen insolvent waren und es für Krypto-Investoren kaum noch Kaufgelegenheiten gab. 

Wir befinden uns bereits an einem reiferen Punkt des Innovations-Lebenszyklus, in dem es bereits eine Korrelation mit den Aktienmärkten der Technologiebranche gibt und institutionelle Investoren alternative DeFi-Ertragsstrategien anstreben anstelle der Top-5-Krypto-Anlagen. Es wird daher für die breite Masse immer schwieriger, attraktive Renditen durch passive Käufe zu erzielen. Eine Studie des Politecnico Milano ergibt, dass 50 Prozent der Bevölkerung Krypto-Assets aus anderen Gründen halten als aus purer Preis-Spekulation: zum Beispiel wegen Möglichkeiten durch Staking, DeFi Yields, Play-to-earn, Sammlungen, Abstimmungen (Voting), Learn-to-earn. 

Die Stimmung der Branche ist eigentlich sehr positiv und zuversichtlich. Zum einen, weil in diesem Bärenmarkt die dezentralen Kryptobörsen als die großen Gewinner gegenüber den zentralisierten Krypto-Hedgefonds hervorgegangen sind. Zum anderen, weil an nachhaltigen Projekten gearbeitet wird, die den Fokus auf den langfristigen Mehrwert und Benutzerfreundlichkeit für den Konsumenten setzen.

Philipp Sandner, Wirtschaftswissenschaftler und Leiter des Frankfurt School Blockchain Center (FSBC) 

In den Jahren 2011, 2015 und 2018 fiel der Bitcoin-Kurs jedes Mal um mehr als 80 Prozent (im Vergleich zum jeweiligen vorherigen Allzeithoch). Dementsprechend sind solche Kursschwankungen nichts Außergewöhnliches am Kryptomarkt. Gründe hierfür sind zum einen der Entwicklungsstand der Technologie. Gegeben, dass die Technologie international ist, ist die Größe des Ökosystems noch relativ klein – und damit auch die Markttiefe. Erst später, wenn das Ökosystem gewachsen ist, wird mehr Stabilität einkehren können. Auch regulatorische Eingriffe haben große Einflüsse auf die Kurse.

Zum Anderen sind solche Marktbereinigungen bei neuen Technologien wie der Blockchain-Technologie wie bereits erwähnt völlig normal und sind nicht zwangsläufig etwas Negatives. Der Markt kristallisiert die besten Projekte wie von alleine heraus und der Fokus kann wieder auf Innovation liegen. Die Blockchain-Technologie ist gekommen, um zu bleiben, und Kryptowährungen sind ein Teil davon. Anleger, die schon länger im Krypto-Markt unterwegs sind, fühlen sich daher trotz der aktuellen Baisse recht wohl. Und allen “Neulingen” würde ich raten: es ist durchaus eine Überlegung wert, den – relativ gesehen – zur Zeit  „billigen“ Bitcoin in die Investitionsstrategie mit aufzunehmen. Wichtig hierbei: nur in Krypto-Assets investieren, die Sie auch verstehen. Im Zweifel ist das am ehesten Bitcoin. 

Mittelfristig – also auf einen Zeithorizont von 3-6 Monaten – glaube ich, dass Anleger wieder mehr Vertrauen gewinnen. Auffallend ist auch, dass die Menschen mit verschiedenen Krypto-Token in Berührung kommen und davon fasziniert waren – seien es NFTs oder DeFi-Tokens. Aber am Ende landen die meisten mit ihrer Begeisterung doch bei den Basis-Technologien Ethereum und Bitcoin – und beide sind komplementär zueinander.

Robert Schwertner (aka Crypto Robby), Blockchain-Influencer und Geschäftsführer des Consulting-Unternehmens Innomagic 

Ein markanter Unterschied zum ersten Krypto-Winter 2018 ist, dass wir diesmal die drei großen Krisen haben – Covid-19, der Ukraine-Krieg und die Klimakrise – die Kryptowährungen zusätzlich unter Druck bringen. Zusätzlich sind viele institutionelle Anleger während des letzten Krypto-Winters in den Markt eingestiegen, aber Ende 2021 haben sie ihre Kryptobestände wieder verkauft.

Was sich wohl nicht verändert hat: sowohl im letzten als auch in diesem Krypto-Winter haben vor allem Kleinanleger verloren.

Eric Demuth, CEO von Bitpanda

Wir haben schon früher einen Krypto-Winter erlebt, aber dieser ist etwas anders. 

Im Jahr 2018 haben wir eine klassische Blase erlebt. Alle sprachen über Bitcoin, Investitionen waren emotionengetrieben, traditionelle Unternehmen benutzten Wörter wie Blockchain ohne Sinn und Verstand, und wir sahen eine zunehmende Zahl gescheiterter ICOs. Dieser Absturz war leicht zu verstehen, es war eine geplatzte Blase und eine wichtige Korrektur für Krypto. 

Der aktuelle Abschwung ist viel komplexer. Es ist auch wichtig zu wissen, dass er nicht auf Kryptowährungen beschränkt ist. In den letzten Jahren wurden Kryptowährungen nach Mustern gehandelt, die man grob mit „traditionellen“ Vermögenswerten korrelieren kann. Zu Beginn dieses Jahres, als die Inflation zu steigen begann, waren die risikoreicheren Vermögenswerte die ersten, die einen Abschwung erlebten, der sich nun auf den gesamten Markt ausbreitete. Diese Kehrtwende in der Risikobereitschaft erfolgte schnell und wurde durch die Tatsache verstärkt, dass jetzt viel mehr institutionelle Gelder in Kryptowährungen investiert sind als in jedem anderen Bärenmarkt zuvor. 

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