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#Festnahmewelle in Hongkong

Festnahmewelle in Hongkong

Es ist die größte Festnahmewelle seit der Einführung des „nationalen Sicherheitsgesetzes“ in Hongkong vor einem halben Jahr: Rund 50 frühere Abgeordnete und Aktivisten wurden laut Polizei am Mittwochmorgen in Hongkong wegen des Verdachts auf Subversion festgenommen. Unter ihnen soll sich auch ein amerikanischer Staatsbürger befinden.

Friederike Böge

Der für innere Sicherheit zuständige Hongkonger Minister John Lee bezichtigte die Festgenommenen, sich „verschworen zu haben, mithilfe eines bösen Plans die Hongkonger Regierung lahmzulegen“. An anderer Stelle sprach er von „stürzen“. Der Vorwurf bezieht sich auf die inoffiziellen Vorwahlen des oppositionellen Lagers im vergangenen Juli. Die parteiübergreifenden Vorwahlen waren abgehalten worden, um die aussichtsreichsten Oppositionskandidaten für eine Parlamentswahl zu identifizieren, die dann später doch nicht stattfand. Die Festgenommenen hatten entweder als Kandidaten daran teilgenommen oder waren an deren Organisation beteiligt.

An der unverbindlichen Kandidatenauswahl hatten sich mehr als 600.000 Hongkonger beteiligt, obwohl die lokale Regierungschefin Carrie Lam schon damals gedroht hatte, dass die Aktion gegen das „nationale Sicherheitsgesetz“ verstoßen könnte. Die inoffizielle Abstimmung war Teil einer Kampagne, mit der die Opposition hoffte, die Mehrheit im Legislativrat erringen zu können. Sie trug den Titel „35 Plus“, weil der Legislativrat 70 Sitze hat. Nach Aussagen mancher Oppositionspolitiker wäre es das Ziel gewesen, mit diesen Stimmen die Verabschiedung des Hongkonger Haushalts zu blockieren und die Verwaltung lahmzulegen, um Druck auf die Zentralregierung ausüben.

Bisher weitreichendster Schlag gegen Opposition

Eben daraus konstruierte Sicherheitsminister John Lee eine Gefahr für die nationale Sicherheit und folgt damit einer Rechtsauffassung, die die Zentralregierung bereits im vergangenen Jahr über ihr Hongkonger Liaison-Büro verkündet hatte. Die Polizeiaktion vom Mittwoch ist der weitreichendste Schlag gegen die Hongkonger Opposition, seit die chinesische Führung damit begonnen hat, die Demokratiebewegung auszuschalten. Die Festnahmen richten sich gegen das ganze Spektrum des oppositionellen Lagers, auch gegen moderate Politiker, die an der Protestbewegung des vergangenen Jahres nur am Rande teilgenommen hatten, weil sie deren Methoden nicht vollständig unterstützten. Zudem gegen zivilgesellschaftliche Organisationen und Medien, die der Demokratiebewegung nahestehen.




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Unter den Festgenommenen ist auch der frühere Juraprofessor Benny Tai, der die „35 Plus“-Strategie mitformuliert hat und die Vorauswahl der Kandidaten mitorganisiert hat. Er gehörte 2014 zu den Initiatoren der Regenschirm-Proteste. Drei Jahre später rief er das „Projekt Sturm“ aus, eine Strategie, mit der die Opposition nach seinem Willen versuchen sollte, Einfluss auf die Auswahl des nächsten Hongkonger Regierungschefs zu erlangen, unter anderem durch eine Blockade des Haushalts.

Das Verbindungsbüro der Zentralregierung in Hongkong konzentrierte seine Attacken nach den Vorwahlen deshalb auf Benny Tai. Das scheint nun auch die Strategie der Staatsanwaltschaft zu sein. Sicherheitsminister Lee bezog sich auf einen Zeitungstext des früheren Jura-Professors, der im Juli von der University of Hong Kong entlassen worden war. Tai hatte schon während der Vorwahlen die Aussage zurückgewiesen, dass er gegen das nationale Sicherheitsgesetz verstoßen haben könnte. „Das Recht des Legislativrats, sein Veto gegen den Haushalt einzulegen, ist im Grundgesetz festgeschrieben. Wie kann (es) gegen das nationale Sicherheitsgesetz verstoßen?“

Razzia bei Medien

Ebenso festgenommen wurde der Schatzmeister der Organisation Power for Democracy, die an der Organisation der Kandidatenvorauswahl beteiligt war. Es handelt sich um John Clancey, einen amerikanischen Staatsbürger.

Seine Anwaltskanzlei wurde von der Polizei durchsucht. Unterstützer des inhaftierten Aktivisten Joshua Wong teilten über dessen Twitter-Account mit, dass auch sein Haus Ziel der großangelegten Razzia war. Wong hatte als Kandidat an den Vorwahlen teilgenommen und für seinen Wahlbezirk ein Drittel aller abgegebenen Stimmen erhalten.   

Die Polizei ging am Mittwoch zudem gegen Medien vor, die den prodemokratischen Kräften nahestehen: das Nachrichtenportal „Stand News“ und die von Jimmy Lai gegründete Zeitung „Apple Daily“. Während einer Razzia verlangten die Beamten nach Angaben des Stand-News-Chefredakteurs „Unterlagen im Zusammenhang mit Fällen der nationalen Sicherheit“. Das Onlinemedium hatte im Zusammenhang mit den inoffiziellen Vorwahlen ein Forum organisiert.

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