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#Grüne im Saarland: Zerschlagen nach dem „Ego-Trip“

Grüne im Saarland: Zerschlagen nach dem „Ego-Trip“

Nur in einem sind sich alle in dem heillos zerstrittenen Landesverband der Grünen im Saarland einig: Die Lage sei katastrophal. Langjährige Spannungen traten auf einem Parteitag vor rund einer Woche offen zutage. Seitdem reiht sich Rücktritt an Rücktritt, und das Klima wird immer vergifteter. Auf dem Parteitag fiel die damalige Landesvorsitzende durch, stattdessen wurde der frühere Landesvorsitzende Hubert Ulrich auf Listenplatz eins für die Bundestagswahl gewählt, was seine Gegner als „Putsch“ beschreiben und was eigentlich dem Frauenstatut der Grünen (alle ungeraden Listenplätze für Frauen) widerspricht.

Julian Staib

Politischer Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland mit Sitz in Wiesbaden.

Wenige Tage danach trat der neu gewählte Landesvorsitzende Ralph Rouget zurück. Auch die auf Listenplatz zwei gewählte Irina Gaydukova, zudem neue stellvertretende Landesvorsitzende, trat von allen Ämtern zurück und sogar aus der Partei aus: Zuvor hatte ein Video ihres Auftritts weite Beachtung gefunden, in dem sie auf fachliche Fragen auch zum Kernthema der Grünen, dem Klimaschutz, keine Antworten zu geben vermochte. Auf die Frage, wie sie soziale Gerechtigkeit mit Klimaschutz verbinden wolle, antwortete sie etwa: „Habe ich Zeit zu überlegen?“

Im Hintergrund fallen deutliche Worte

Für eine Partei, die bald in die heiße Phase des Bundestagswahlkampfs eintritt, könnten die Vorgänge kaum verheerender sein: Plötzlich stehen die eigentlich doch für Frauenförderung eintretenden Grünen als Machopartei da, bei der zudem die Fachlichkeit mitunter nur eine nachgeordnete Rolle zu spielen scheint.

Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hatte zunächst ruhig auf die Wahl Ulrichs reagiert und nur gesagt, sie hätte sich das „anders gewünscht“. Im Hintergrund kamen aus Berlin sehr viel deutlichere Worte. „Das politische Signal und die Reaktionen aus der Partei und aus der Öffentlichkeit sind verheerend“, schrieb Bundesgeschäftsführer Michael Kellner an Mitglieder des Landesvorstands in einer E-Mail, die der F.A.Z. vorliegt. Kellner rief seine Parteifreunde dazu auf, zu überprüfen, „ob die Listenaufstellung formal korrekt durchgeführt wurde“, und bei Zweifeln eine neue Versammlung abzuhalten, bei der „Ulrich angesichts des desaströsen Echos innerhalb und außerhalb der Partei Platz eins frei macht“. Weiter schrieb Kellner: „Wie ihr mit dieser Vorgehensweise eine Rückkehr in den Landtag erreichen wollt, ist mir schleierhaft.“ Für die Bundestagswahl deute sich schon jetzt ein „Schaden“ an.

Eigentlich hatte der lange darbende Landesverband geglaubt, endlich Aufwind zu verspüren – und auf den Wiedereinzug in den Landtag im Frühjahr 2022 gehofft. Stattdessen wird nun von Anhängern der Partei erzählt, die „entsetzte Mitteilungen“ schrieben. Die Situation sei „dramatisch“, die Partei „zerschlagen“, so ein Mitglied aus dem Landesvorstand. „Ich sehe keinen Weg, wie wir da wieder rauskommen.“

Grünes Denken „gnadenlos in den Boden gestampft“

Ulrich wird vorgeworfen, seine Wahl „von langer Hand geplant“ zu haben. Er habe Mitglieder „von einem Ortsverband in den anderen verfrachtet, um Mehrheiten zu organisieren“. Der widerspricht. Doch auch aus seinem Ortsverband Saarlouis, dem größten im Saarland, kritisierten Mitglieder offen Ulrichs „Ego-Trip“, der nur „durch eine gezielte Auswahl der Saarlouiser Delegierten“ möglich gewesen sei. Basisdemokratie, Frauengleichstellung und grünes Denken seien „gnadenlos in den Boden gestampft“ worden.

Zu Gaydukova, der Frau, die kurzzeitig auf Listenplatz zwei stand, heißt es, sie tue allen Leid nach der „Katastrophenvorstellung“, doch sei die Personalie beispielhaft. Gaydukova sei von Ulrich und seinen Leuten „ins Feuer geschickt“ worden. „Die hätten besser eine Sonnenblume kandidieren lassen.“ Weiter heißt es, Gaydukova sei die Freundin der Frau eines engen politischen Vertrauten von Ulrich – was der ganzen Sache noch eine zusätzliche sehr saarländische Note gibt.

Ulrich widerspricht den Vorwürfen: „Mit Putsch hat das nichts zu tun.“ Die frühere Landesvorsitzende Tina Schöpfer, die bei der Abstimmung um Listenplatz eins durchfiel, trage „eine gehörige Mitschuld an der Entwicklung der Partei“, der Landesverband sei „führungslos“ gewesen, Schöpfer habe ihre Kandidatur nicht abgestimmt. Sie sei dreimal durchgefallen, danach sei über eine Öffnung der Wahl auch für Männer abgestimmt worden. „Die Aufstellung der Liste für die Bundestagswahl ist korrekt zustande gekommen“, sagt Ulrich. Dass nun der Bundesvorstand der Grünen den Landesvorstand auffordere, die Liste neu aufzustellen, sei ein „ungeheuerlicher Vorgang“.

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