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#Hoffnungsschimmer für Rentner

Hoffnungsschimmer für Rentner

Gert Zimmermann hat sich in finanzieller Hinsicht bestens auf seine Rentenzeit vorbereitet. Als Zahnarzt war er im berufsständischen Versorgungswerk abgesichert, auch die gesetzliche Rente hat er freiwillig weitergeführt, eine „Höherversicherung“ inklusive. Dazu drei Rürup-Renten und knapp 20 private Altersvorsorgeverträge. Und trotzdem sitzt er am Mittwoch vor den Richtern des Bundesfinanzhofs in München und klagt: „Mir ist es nicht gelungen, in der Rente meinen Lebensstandard zu halten und ich werde auch noch durch Doppelbesteuerung bestraft.“ Das hat der 74-Jährige sorgsam ausgerechnet, nachdem er 2009 in Rente gegangen ist. „Das ist ganz schlimm“, sagte er. Um welche Beträge es bei ihm konkret geht, verrät er nur dem Bundesfinanzhof. In der Öffentlichkeit deutet er lediglich an: „Es geht um sehr viel Geld.“

Das gilt nicht nur für Gert Zimmermann, der in dieser Hinsicht womöglich ein krasser Fall ist, sondern auch für einen zweiten Kläger, der es am Mittwoch bis zum höchsten deutschen Steuergericht geschafft hat. Es ist ein Steuerberater, der 2007 in Rente ging und sich ebenfalls vom Staat überfordert sieht. Zudem haben schon mehr als 140000 Rentner Einspruch gegen ihren Steuerbescheid eingelegt. Es geht also um eine grundsätzliche Problematik für Millionen Rentner in Deutschland und solche, die es in den nächsten Jahrzehnten einmal werden wollen. Betroffen sind alle, zumindest, wenn sie nennenswert Steuern zahlen. Als Faustformel gilt zudem: Für Angestellte ist die Lage weniger brisant als für Selbständige, weil Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge zahlen – und zwar steuerfrei. Sollte es die beklagte Doppelbesteuerung wirklich geben, ginge es bei ihnen wahrscheinlich um kleinere Beträge.

Die Steuerverwaltung sieht die Sache naturgemäß anders als die Kläger. In der langjährigen rechtlichen Auseinandersetzung hat sie bisher stets darauf gepocht, dass von einer doppelten Besteuerung keine Rede sein könne. Doch im Laufe der mündlichen Verhandlung bröckelte das Bild. Der Senat unter der Vorsitzenden Richterin Jutta Förster konfrontierte das Bundesfinanzministerium zur vorgerückter Stunde mit bohrenden Fragen, die schon ahnen ließen, dass das Urteil am 31. Mai für den Fiskus unangenehm ausfallen könnte.

Derzeit schlägt die Steuer an zwei Stellen zu

Die Rechtsprechung des Senats zum Alterseinkünftegesetz sei in den vergangenen 15 Jahren geprägt gewesen von der Auffassung, dass die Regelungen „noch verfassungsgemäß“ seien, weil der Gesetzgeber einen großen Ermessensspielraum habe, führte Förster aus. Dabei habe es durchaus „Magengrimmen“ gegeben. „Doch für uns gab es immer eine rote Ampel“, sagte sie. Und das sei die doppelte Besteuerung gewesen. Kernpunkt dabei sei die Frage, welche Rolle der Grundfreibetrag von rund 9000 Euro im Jahr spiele, der jedem Steuerzahler das Existenzminimum zusichern soll. Daran, das wurde schnell deutlich, wird sich die Sache entscheiden. Dazu muss man wissen: Derzeit schlägt die Steuer an zwei Stellen zu. Zuerst während des Erwerbslebens, wenn die Rentenbeiträge fällig werden, weil sie derzeit nicht vollständig von der Steuer abgesetzt werden können. Das zweite Mal hält der Fiskus die Hand auf, wenn die Rente ausgezahlt wird.

Grund dafür ist eine Umstellung der Rentenbesteuerung, die der Gesetzgeber 2005 auf Geheiß des Bundesverfassungsgerichts eingeleitet hat und die sich über die nächsten Jahrzehnte bis zum Jahr 2040 stufenweise vollzieht. Bis zu diesem Zeitpunkt wird der Anteil der Rente, der einer Steuerpflicht unterliegt, schrittweise erhöht, bis sie ab 2040 schließlich vollständig besteuert wird – zumindest jenseits des Grundfreibetrags von 9000 Euro im Jahr. Auf der anderen Seite werden die Rentenbeiträge schrittweise steuerfrei gestellt, ab 2025 soll dieser Teil vollständig abgeschlossen sein. Deshalb ist die Causa auch für jüngere Menschen interessant, die erst nach 2040 in die Rente gehen: Dann müssen sie ihr Ruhegeld zu 100 Prozent besteuern, haben aber womöglich über Jahrzehnte ihre Beträge nur begrenzt absetzen können.

Bemerkenswert war zudem die Position des Bundesfinanzministeriums, das in der Verhandlung eine Strategie der Mehrfachabsicherung verfolgte: Das bestehende System sei fair und ausgewogen, betonte Rolf Möhlenbrock, Leiter der Steuerabteilung des Bundesfinanzministeriums. Allerdings könne es bei einem „typisierten Verfahren“, wo die Besteuerung von Renten nun mal notgedrungen sei, im Randbereichen zu „Friktionen“ kommen. Deshalb brachte Möhlenbrock sicherheitshalber eine Bagatellgrenze von 10 Prozent ins Spiel, deren Bagatellhaftigkeit sich vielleicht nicht jedem Steuerpflichtigen sofort erschließt. Konkret bedeutet dies nämlich, dass sich zwar grundsätzlich die Waage halten muss, was der Erwerbstätige von seinem schon versteuerten Einkommen als Rentenbeiträge in die Kasse einzahlt und was er später steuerfrei als Rente wieder herausbekommt, über ein Erwerbsleben hinweg zum Beispiel jeweils 100.000 Euro. Ginge es jedoch nach dem Bundesfinanzministerium, könnte diese Rechnung immerhin mit bis zu 10.000 Euro zugunsten des Staates ausgehen, ohne dass ein Gericht einschreiten könnte. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch schon 2002 festgestellt: Eine doppelte Besteuerung von Rentenbeträgen und der späteren Rente dürfe es nicht geben.

Vielleicht antizipiert das Finanzministerium ein drohendes Unheil, jedenfalls zeigte man sich erstaunlich offen für Korrekturen, obwohl das Urteil noch aussteht. Das SPD-geführte Haus ist nicht gerade in einer beneidenswerten Lage, so mitten im Wahlkampf. Den Zorn von mehr als 20 Millionen Rentnern zieht man in diesen Zeiten nicht gern auf sich, zumal die Bundesregierung vor Kurzem schon einmal vom Bundesverfassungsgericht abgewatscht wurde. Anfang des Monats trug die junge Generation dort einen Sieg davon; jetzt könnten die Rentner vor dem Bundesfinanzhof für nachhaltige Erschütterungen sorgen.

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