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#Identitätspolitik, Fabian Wolff und andere Lügner

Wann wurde uns eigentlich bewusst, welcher Religion wir angehören? Schwer zu sagen, jedenfalls früh. Und nicht plötzlich, sondern durch verschiedene Erlebnisse, einen Moscheebesuch oder einen Seder-Abend mit der Familie. Anders erging es dem doch-nicht-jüdischen Autor Fabian Wolff. Bei ihm soll die Bewusstseinswerdung über sein Jüdischsein, wie er unlängst bekannte, in einem Moment vor fünfzehn Jahren begonnen haben: Am Abend vor seiner letzten Abiturprüfung schaute er demnach eine Sitcom, in der es unter anderem um einen jüdisch-amerikanischen Protagonisten ging.

Davon inspiriert, fragte er seine Mutter: „Mama, sind wir eigentlich jüdisch?“ Und sie soll geantwortet haben: „Na ja, nicht wirklich“, aber es gebe diese Sache mit der Großmutter. Angeblich sei deren Großmutter Jüdin gewesen. Tada, plötzlich jüdisch! „Ich wusste einfach, was es bedeutet, jüdisch zu sein“, beschreibt Wolff seine damalige Reaktion.

Grundsätzliche Fragen über Identität

Nun, fünfzehn Jahre später, habe sich herausgestellt, dass besagte Ururgroßmutter evangelisch war. Der Vorfall wurde viel diskutiert, auch in der F.A.Z. Warum aber ist das Geständnis so interessant? Weil es sich um eine Geschichte mit Juden handelt? Weil nicht nur in Deutschland gilt: „No Jews, No news“? Nein, es geht um mehr. Der Fall wirft grundsätzliche Fragen über Identität und Zugehörigkeit auf.

Nicht zum ersten Mal wird ein nichtjüdischer Deutscher plötzlich jüdisch und ist es nicht. 2018 trat der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Pinneberg, Wolfgang Seibert, zurück, nachdem der „Spiegel“ seine Lüge enttarnt hatte. Kurz darauf deckte das Blatt auf, dass die Historikerin Marie Sophie Hingst sich eine jüdische Großmutter ausgedacht und eine Liste mit 22 erfundenen Holocaustopfern der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem übergeben hatte. Nach der Enthüllung nahm sie sich das Leben.

Wolffs Geschichte reiht sich in diese Vorfälle ein. Er inszenierte sich lange erfolgreich als junger, jüdischer, antiisraelischer und die Deutschen anklagender Autor. Wir nahmen ihn 2021 als Autor des Essays „Nur in Deutschland“ bei „Zeit Online“ wahr, in dem er als Jude die deutsche Antisemitismusdebatte und die deutschen Antisemitismusbekämpfer kritisierte.

Der Essay strotzt nur so von jiddischen und hebräischen Ausdrücken und der Betonung seiner Sprecherposition: „Ich als Jude“, „Mein Leben als Jude“. Natürlich fehlte auch das Bild von den gepackten Koffern nicht, das ihm seine Familiengeschichte hinterlassen habe. Uns erschien sein Umgang mit dem Jüdischsein damals fast wie eine Zwangsstörung.

Judentum in homöopathischer Dosis

Abgesehen von der persönlichen Tragik gibt die Geschichte Einblicke hinter die Kulissen der Identitätspolitik. Denn im Kern kreist sie um die Frage, wie wir Identität begreifen. Wie viel Freiheit haben wir, um zu bestimmen, welche Vorfahren unsere Zugehörigkeit bestimmen? Machen wir ein Gedankenspiel: Wir stellen uns vor, die Ururgroßmutter Wolffs war doch Jüdin. Vermutlich gäbe es keinen Skandal. Wäre das nicht absurd?

Die Geburtsurkunde eines Menschen, der vor etwa 200 Jahren lebte, soll ausreichen, um eine ganze Identität zu konstruieren – gar im Namen der Holocaustopfer zu sprechen und sich als Moralapostel aufzuführen, der die „Deutschen“ anklagt? Judentum in homöopathischer Dosis: Die fünfzehn anderen deutschen nichtjüdischen Ururgroßelternteile spielen dann keine Rolle mehr. Die ungeschriebene Regel der Identitätspolitik lautet: Um die Mehrheitsgesellschaft zu kritisieren, suche dir erst mal eine Minderheitsposition.

Heimste Stipendien für Minderheiten ein

In Kanada ist zum Beispiel eine Native-American-Identität sehr beliebt, wie der Fall der kanadischen Regisseurin Michelle Latimer zeigte. Letztlich kam her­aus, dass sie mit einer nur imaginierten Identität als Native American über Jahrzehnte hinweg Regieaufträge und Stipendien einheimste, die eigentlich Nachfahren kanadischer Ureinwohner zustanden. In den Vereinigten Staaten sind schwarze Vorfahren begehrt, um das Unrecht Rassismus anzuklagen.

Trotz ihrer hellen Hautfarbe dichtete sich die jüdische Professorin Jessica Krug von der George Washington University afroamerikanische und puerto-ricanische Wurzeln an. Sie nannte sich „Jess La Bombalera“ – irgendwann flog alles auf, und sie outete sich 2020. Hierzulande liegt der Schlüssel für die ultimative Opferidentität bei der jüdischen Ururgroßmutter.

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