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#Im Südwesten wackelt die rote Bastion

Wenn sich Bundespolitiker in einem Oberbürgermeister-Wahlkampf engagieren, dann kann er nicht bedeutungslos sein: Zur Unterstützung des Mannheimer CDU-Kandidaten Christian Specht für die Mannheimer Oberbürgermeisterwahl an diesem Sonntag absolvierte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz einen Auftritt in der zweitgrößten Stadt Baden-Württembergs. Und bei dem Kandidaten der Grünen, Raymond Fojkar, schaute der Bundesvorsitzende der Grünen, Omid Nouripour, vorbei.

Von Bedeutung ist die Wahl vor allem für die SPD: Denn nach einem halben Jahrhundert könnte die sozialdemokratische Vorherrschaft in Mannheim enden und ein Christdemokrat Oberbürgermeister der Industriestadt werden, der letzten sozialdemokratischen Hochburg im Südwesten. Als der noch amtierende Oberbürgermeister Peter Kurz nach 16 Amtsjahren im November vergangenen Jahres entschied, sich nicht um eine dritte Amtszeit zu bewerben, waren selbst engste Mitarbeiter überrascht. Denn Kurz’ Bilanz fällt bei vielen Themen gut aus – die im April eröffnete Bundesgartenschau hätte für schöne Bilder im Wahlkampf sorgen können.

Die seit Jahren zerstrittene und durch den Masken-Skandal des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel schwer gebeutelte Mannheimer CDU realisierte schnell, dass sie eine Chance haben könnte, wenn sie Specht zur Kandidatur überreden würde. Specht ist Bürgermeister für Finanzen und Ordnung und kommunalpolitisch das bekannteste Gesicht der CDU. Frühere Bewerber der CDU litten darunter, dass sie in Mannheim als Importe wahrgenommen wurden: Das galt für Ingo Wellenreuther, der es 2007 versuchte und mit 32 Prozent scheiterte; das galt aber auch für Peter Rosenberger, der 2015 mit 44 Prozent einen Achtungserfolg erreichte. Specht schaffte es zudem, anders als frühere CDU-Kandidaten, auch von der FDP und der „Mannheimer Liste“ unterstützt zu werden. Er wirbt mit dem Satz „Dein Mannheim kann mehr“, er verspricht mehr Kitaplätze, bessere Schulen und eine familienfreundlichere Stadt. „Es geht mir um förderliche Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, realistische Steuersätze und die verkehrsmäßig gute Erreichbarkeit der Stadt“, sagte Specht in einem Interview.

Kandidat der Grünen hat geringe Erfolgsaussichten

Dem 56 Jahre alten Juristen lasten Kritiker allerdings an, als Ordnungsbürgermeister für den Zustand der Stadt seit vielen Jahren mitverantwortlich und nicht gerade entscheidungsstark zu sein. Gleichwohl gibt es für Specht Angriffspunkte: Zwar interessierte sich Noch-Oberbürgermeister Kurz für Großprojekte, holte die Bundesgartenschau nach Mannheim und trieb die Konversion der früheren amerikanischen Kasernen voran, dachte viel über die Städte der Zukunft nach – trivialere Dinge blieben aber liegen. Viele Mannheimer klagen deshalb über den Schmutz in der Innenstadt, kaputte Straßen, fehlende Kitaplätze und zugeparkte Radwege.

Die SPD entschied sich nach Kurz’ Absage dafür, den Fraktionsvorsitzenden Thorsten Riehle zum Kandidaten zu machen. Bewusst wählte man keinen Dezernenten aus dem Umfeld des Amtsinhabers. Der hätte auch die Schwächen der jetzigen Stadtpolitik verteidigen müssen. Der 53 Jahre alte Riehle, früher Journalist und Manager des Kulturzentrums „Capitol“, will für einen Stilwechsel stehen und bezeichnet sich als Bauchmensch: „Weniger New York, mehr Mannheim. Jemand zum Anfassen, der für die Leute ansprechbar ist“, sagte Riehle in einem Interview.

Die Grünen stehen bei der OB-Wahl vor dem Problem, das sie vielerorts haben: Ihnen fehlen Politiker und Politikerinnen, die das klassische Anforderungsprofil der Bürger bei OB-Wahlen erfüllen, also Kandidaten, die pragmatische Machertypen sind, die Verwaltungserfahrung mitbringen und im Idealfall auch noch über Charisma verfügen. Dabei ist Mannheim nicht mehr so rot wie vor zwanzig Jahren. Im Gemeinderat bilden die Grünen mit 13 Mitgliedern die stärkste Fraktion. Doch der Versuch, den ehemaligen Mannheimer Polizeipräsidenten und jetzigen Präsidenten des Landeskriminalamtes, Andreas Stenger, zur Kandidatur zu überreden, blieb am Ende erfolglos. Die Wahl fiel auf den 59 Jahre alten Raymond Fojkar, einen nachdenklichen Psychotherapeuten mit geringen Erfolgsaussichten.

An strittigen Themen mangelt es in Mannheim nicht: Die Sperrung von zwei innerstädtischen Einkaufsstraßen regt viele Bürger auf. Die Sanierung der Stadtbibliothek und der Multihalle ist nicht abgesichert, die Fusion des defizitären Klinikums mit der Uniklinik Heidelberg noch nicht vollzogen. Vor acht Jahren fiel die Wahlbeteiligung, vor allem in den Stadtteilen mit vielen Einwanderern, zum Beispiel in der Neckarstadt-West mit 14,6 Prozent und im Jungbusch mit 18 Prozent, beschämend gering aus. Als ziemlich sicher gilt dieses Mal ein zweiter Wahlgang im Juli.

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