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#„Impfpflicht wäre schwerer Eingriff in Grundrecht“

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„Impfpflicht wäre schwerer Eingriff in Grundrecht“

Auf die Frage nach der Vertretbarkeit einer Impfpflicht hat Udo Di Fabio in den vergangenen Monaten unterschiedliche Antworten gegeben. Wie der frühere Bundesverfassungsrichter sagt, war seine Einschätzung von der jeweiligen Pandemielage abhängig – und an der würden sich auch Bundestag und Bundesregierung orientieren müssen, wenn sie die Immunisierung nun vorschreiben wollten. Di Fabio selbst hat in seinem Onlinevortrag auf Einladung des Vereins House of Pharma & Healthcare am Dienstagabend keine klare Empfehlung in die eine oder andere Richtung ausgesprochen. Vielmehr skizzierte der renommierte Staatsrechtler die Kriterien, nach denen Juristen eine Impfpflicht beurteilen würden. Die Argumente, die er dabei anführte, dürften den Ehrgeiz von Politikern, dieses Vorhaben voranzubringen, eher bremsen als beflügeln.

Nach Worten von Di Fabio herrscht unter Rechtswissenschaftlern die Meinung vor, dass eine Impfung ein Eingriff in die durch das Grundgesetz geschützte körperliche Unversehrtheit sei. Unterschiedliche Ansichten gebe es darüber, wie schwer dieser Eingriff wiege. Di Fabio selbst neigt dazu, ihn als gravierend anzusehen.

Dennoch sind nach Ansicht des Bonner Professors legitime Gründe denkbar, eine Impfung vorzuschreiben. Solch ein Grund könne die drohende Überlastung des Gesundheitssystems sein, unter der auch Patienten mit anderen Krankheiten als Covid-19 zu leiden hätten. In die Entscheidung müsse aber einfließen, dass die derzeit verfügbaren Corona-Impfstoffe – auch wenn sie zweifellos wirksam seien – keinen dauerhaften Schutz gegen die Krankheit böten. Auch könne eine Impfpflicht unverhältnismäßig erscheinen, wenn Infektionen nach Ausbreitung einer anderen Virusvariante meist milde verliefen oder neue Medikamente das Risiko schwerer Erkrankung senkten.

Wenig Spielraum für Sanktionen

Kritisch beurteilt Di Fabio die Einschätzung des Deutschen Ethikrats, dass eine Impfpflicht als „geringeres Übel“ gerechtfertigt sein könne, wenn andernfalls Teile der Gesellschaft auf Dauer lahmgelegt würden. Mit solchen „globalen Freiheitsbetrachtungen“ sei das Bundesverfassungsgericht sehr zurückhaltend.

Für mögliche Sanktionen gegen Impfverweigerer sieht Di Fabio wenig Spielraum. Schon den weitgehenden Ausschluss Nichtgeimpfter vom öffentlichen Leben etwa durch die 2-G-Regel hält er für verfassungsrechtlich heikel, weil dies einer indirekten Impfpflicht nahekomme, ohne dass der Staat dabei „mit offenem Visier“ agiere. Falls die Impfung vorgeschrieben werde, müsse dies einerseits berechenbare Konsequenzen für die Bürger haben; ein „systematisches Vollzugsdefizit“ wäre ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Andererseits dürften die Strafen nicht zu drastisch sein.

Ein Vorführen von Impfunwilligen durch die Polizei wäre aus Sicht Di Fabios unverhältnismäßig. Bußgelder hingegen erscheinen ihm verfassungskonform, doch die Frage sei, was passiere, wenn die Zahlung verweigert werde: Die Summe dann drastisch zu erhöhen oder das Geld vom Gerichtsvollzieher eintreiben zu lassen, könne juristisch unzumutbar und obendrein politisch unklug sein.

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Aus all diesen Gründen rät Di Fabio, einen Beschluss zur Impfpflicht nicht übereilt zu fassen. Dass sich die Regierung Anfang Dezember auf diesen Kurs festgelegt habe, mache ihn „nicht glücklich“. Der Jurist hält es überdies für falsch, die Abstimmung darüber als Gewissensentscheidung des einzelnen Abgeordneten einzustufen, wie dies seinerzeit im Fall der Sterbehilfe geschehen sei. Nach seiner Überzeugung ist es Sache der Regierung, einen Gesetzentwurf auszuarbeiten.

Was die Haltung des einzelnen Bürgers zum Impfen angeht, so ist für Di Fabio dessen Überzeugung ein hohes Gut, auch dann, wenn sie medizinisch unsinnig erscheine. In dieser Hinsicht seien Verfassungsrechtler „in fast schon masochistischer Weise verständnisvoll“.

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