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#Die FDP und Lindner: Der Vorsitzende als Volkspartei

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Manche staunen: Die FDP hat fünf Landtagswahlen in Folge verloren, fühlt sich in der Ampelregierung so fremd wie ein CEO in einer Frühstückspension und muss sich dann auch noch vom CSU-Chef Markus Söder anhören, sie sei „leider“ – das ist das Tückischste daran – eine linke Partei geworden. Für all die Demütigungen könnte die FDP ihren Vorsitzenden Christian Lindner büßen lassen. Doch was tut sie? Sie wählte ihn auf ihrem Bundesparteitag am Wochenende mit satten 88 Prozent wieder.

Die Krise der FDP ist nicht die Krise Lindners. Das liegt zum einen daran, wie er sich in der Krise verhält, zum anderen daran, worin die Partei die Krise begründet sieht.

Verschiedene Mileus

Betrachtet man die FDP als kleine Demokratie innerhalb der Demokratie, ist Christian Lindner darin die einzige Volkspartei. Auf ihn können sich verschiedene FDP-Milieus einigen, die ansonsten durchaus mitein­ander fremdeln. Das zeigte sich am Wochenende wieder bei der Wahl seiner Stellvertreter. Da ist zum einen Wolfgang Kubicki, der den türkischen Präsidenten Erdogan schon als „kleine Kanalratte“ bezeichnete und Wirtschaftsminister Habeck mit Putin verglich. Das brachte ihm nicht nur Beifall, aber umso größeren unter seinen Anhängern, die finden, die Meinungsfreiheit in Deutschland sei in größter Gefahr.

Zum anderen ist da Johannes Vogel, ein Mann, der lieber einmal zu oft als zu selten freundlich lächelt und als sozialliberaler Klimaschutzoptimist gilt. Während die liberale Jugend Kubicki vor dem Parteitag zum Rückzug drängen wollte, lästerten andere über Vogel, der ja mal bei der Grünen Jugend gewesen sei (was stimmt), als sei das ein Migrationshintergrund, der ihn für immer verdächtig mache. Am Ende wurde Kubicki nur mit 72 Prozent wiedergewählt, Vogel mit 71.

Lindner gelingt es besser als allen anderen in seiner Partei, viele einzubinden. Die einen schwärmen davon, wie gut man mit ihm lange Abende über sein Vorbild Ralf Dahrendorf philosophieren könne, andere davon, dass er „Abgrenzung“ sage, wo die meisten Intellektuellen lieber „Distinktion“ verwendeten. Die einen freuen sich, dass er nicht gendert, den anderen fällt auf, dass er sich um etwas bemüht, das er sensible Sprache nennt: nicht SteuerzahlerInnen, nicht Steuerzahlende, aber Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Und das nicht nur mal so zwischendurch, sondern immer wieder. Lindner hat entschieden, mit SPD und Grünen zu regieren, obgleich er wusste, dass es schwierig würde, und obwohl neben dem Ministerium noch der Parteivorsitz Arbeit macht, wühlte er sich so tief auch in trockenste Finanzfragen ein, dass altgediente Beamte des Hauses ins Staunen kamen. Die Doppelrolle stemmt Lindner wie ein Gewicht, das ihn in der Koalition schwerer herumschiebbar macht. Der alte Vorwurf, er veranstalte eine Ein-Mann-Show, wiegt kaum noch angesichts dreier weiterer FDP-Minister, eines robusten Generalsekretärs und einer streitfreudigen Fraktion.

Trotzdem schauen alle noch zu Lindner auf, zu CL, wie er sich selbst in SMS-Nachrichten abkürzt, was viele Parteifreunde als Bezeichnung für ihn übernommen haben. Schreiben sie von der FDP, schreiben sie von CL.

Manche schreiben zurzeit eher ratlos. Doch ihr Vertrauen in Lindner kommt aus der Zeit, als sie schon einmal ratlos waren. Vor zehn Jahren übernahm Lindner den Vorsitz der Partei, die gerade aus dem Bundestag geflogen war. Er füllte die oft phrasenhaften, für die FDP typischen Beschwörungen einer besseren Zukunft mit Leben, während andere ihr Heil in der Bequemlichkeit suchten und manchmal sogar fanden. Auf diese vergangenen zehn Jahre schaut die FDP so stolz zurück wie die SPD auf die vergangenen hundertsechzig.

Nun balanciert die Partei auf einem schmalen Grat: mitregieren, aber auch profilieren. Leicht kann sie abstürzen. Im Februar sah es besonders schlecht für sie aus. Die FDP lag in Umfragen gerade noch bei fünf Prozent. Auch Lindners Laune sei da auf ihrem Tiefpunkt gewesen, hört man aus der Bundestagsfraktion.

Als Sieger gefühlt

Aber dann steuerte der Vorsitzende nach. Er sorgte dafür, dass sich die FDP nach dem Koalitionsausschuss als Sieger fühlen konnte, zusammen mit der SPD. In den Wochen danach sprach die FDP betont laut über Verbrennermotor, Kernkraftwerke und den Schutz von Eigenheimbesitzern vor Habecks Heizungstauschgesetz. Das billigte Lindner zwar im Kabinett. Zugleich gab er aber seine Kritik zu Protokoll, wissend, dass der Parteitag noch nachschärfen würde.

Am Wochenende wiederum sprach der Vorsitzende beinahe staatsmännisch zu seiner Partei. Er verzichtete darauf, gegen die Grünen zu wettern, und forderte stattdessen Verantwortungsbewusstsein beim Klimaschutz. Die Umfragen lagen zuletzt wieder bei sechs bis neun Prozent für die FDP. Seine Rede schloss Lindner mit dem Satz: „Wir stehen gemeinsam erst am Anfang.“ Die Delegierten applaudierten stehend.

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