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#Kein Land wird verheizt

„Kein Land wird verheizt“

Legte man sämtliche Gasleitungen in Deutschland hintereinander – wie weit käme man damit wohl? Bis weit hinter den Mond. Oder: einmal hin und fast die Hälfte wieder zurück. 511.000 Kilometer sind es, überraschend viele. Nun wäre Deutschland nicht Deutschland, wenn das Straßennetz nicht noch länger wäre: circa 830.000 Kilometer, davon 13.200 Autobahn, und das in einem Land, das an der längsten Stelle nicht mehr als 1000 Kilometer misst.

Diese Zahlen verdeutlichen, wie ausgeprägt die Infrastruktur in zwei Bereichen ist, die für den Wandel und mithin für den immer dringlicher werdenden Schutz des Klimas eine erhebliche Rolle spielen. Da kann man noch so oft abwiegelnd darauf verweisen, wir sollten es mit der Klimapolitik nun auch nicht gleich übertreiben, wenn doch die Chinesen, die Amerikaner und die Inder… Die Zahlen verdeutlichen auch, was auf dem Spiel oder zur Disposition steht und wie tiefgreifend der Wandel sein wird, der so oder so kommt – fragt sich nur, wie schnell? Es ist auf jeden Fall ein Thema, bei dem man auch im Frühling noch kalte Füße bekommt.

„Verbot von Öl- und Gasheizungen, Aus für den Verbrenner – Ist das wirklich durchdacht?“ war die Sendung „Anne Will“ am Sonntagabend im Ersten überschrieben. Dass die Frage stellen schon heißt sie beantworten, wurde bald klar. Der – und mehr ist es ja vorläufig nicht – Entwurf aus dem grünen Hause Habeck (Wirtschaft/Energie) sieht vor, zum 1. Januar 2024 nur noch solche Heizungen neu zuzulassen und zu installieren, die mit wenigstens 65 Prozent erneuerbaren Energien laufen. Niemand in der Runde hielt diese Frist für realistisch, weder logistisch noch, wie man so sagt, sozial, auch der Grünen-Co-Chef Omid Nouripour nicht, der im ganzen einen gemäßigten Eindruck hinterließ und sich höchstens mit der CDU-Mittelstandsvorsitzenden Gitta Connemann in die Haare kriegte.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr, der recht verbindlich zu Werke ging, bemühte die Kategorie, die in seiner Partei zur Zeit etwas zu häufig bemüht wird: „Technologieoffenheit“. Es hängt einem schon zum Hals raus: auf keinen Fall Verbote, sondern Innovation, Anreize, das eine tun, aber das andere auch nicht lassen. Aber ganz so verkehrt ist das an dieser Stelle vielleicht gar nicht. Das fängt schon damit an, dass noch völlig unklar ist, wer sich in Zukunft denn eine dann nötige Wärmepumpe für allein schon 25.000 bis 30.000 Euro leisten kann, ganz abgesehen von der Frage, ob es auch genug Handwerker geben wird, die die Dinger einbauen.

Der Staat will wieder fördern

Schnell kam aber heraus, dass in Habecks Entwurf auch steht, der „Erfüllungsaufwand“ werde „nachgereicht“. Nouripour sprach, wie die angenehm moderierende Anne Will fand: „nonchalant“ von Förderprogrammen, die der Staat dann eben (ergänze: wieder einmal) aufsetzen müsse. Und das war der Moment, in dem Henrike Roßbach, Berliner Wirtschaftskorrespondentin der „Süddeutschen Zeitung“, früher Redakteurin der F.A.Z., zum ersten, aber nicht zum letzten Mal ihr analytisches Vermögen ausspielte und auf die „fundamentalen“ Partei-Unterschiede innerhalb der Regierungskoalition verwies, vor allem, was die Rolle des Staates betrifft. Sie durfte als bekannt voraussetzen, wie die drei Farben darüber denken.

Es sei, präzisierte Roßbach, die Frage: „Wie viel Geld ist genug?“ Irgendwann, und da war FDP-Mann Dürr ganz ihrer Meinung, müsse der Staat zurückkehren zu einem vernünftigen Wirtschaftsmodus. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) zeigte sich skeptisch, ob es mit dem Bereitstellen von immer mehr und immer neuem Geld getan sei. Connemann ließ es sich nicht nehmen, darauf hinzuweisen, dass die Ampel-Koalition es ja eh und auf rekordverdächtige Art und Weise mit dem Schuldenmachen habe, aber da war es ein leichtes, dass die übrigen Diskutanten das 16-Jahre-Argument bemühten: die Zeit, die eben vertan worden sei unter Angela Merkels CDU, und zwar in Fragen der Gebäudeumrüstung wie auch insgesamt der Infrastruktursanierung und -umstellung im Land.

Um Autos ging es auch

Dass – das Wortspiel mag zu nachtschlafender Stunde erlaubt sein – die Bürger demnächst verheizt werden, dazu wird es also nicht kommen. Ein ums andere Mal wurde der Kommentar von FDP-Chef Lindner bemüht, der süffisant gesagt hatte, der Entwurf von Brieffreund Habeck sei klimapolitisch gut gemeint, müsse aber noch einmal zurück in die „Montagehalle“. Ich-bin-Klempner-von-Beruf: Fast hätte man mit Reinhard Mey singen wollen bei dieser handfesten, kaum je richtig streitlustigen Sendung, die zuletzt noch die Kurve zu nehmen hatte Richtung ganz heißes Eisen: dem Verbrenner-Motor. Hier waren die Positionen auch vorher schon bekannt.

Ein wenig erstaunte nur der technologische Optimismus von Christian Dürr, was die Verwendungsfähigkeit der E-Fuels betrifft. Der Rest war sich darin einig: lohnt sich nicht für Autos, zu teuer in der Herstellung, zu wenig effizient. Dass deutsche Autobauer darauf setzten, wäre Stephan Weil – und der musste es als VW-Aufsichtsrat ja wohl wissen – jedenfalls neu gewesen. Ohnehin, und dieser Meinung waren auch die anderen, würden deutsche Autobauer auch über 2035 hinaus ihre Verbrenner bauen und dann eben noch mehr in andere Länder exportieren.

Diese Anne Will-Sendung brachte nichts, was man in den vergangenen Wochen nicht schon gehört hätte. Aber sie war ordentlich geführt und ließ in keinem Moment Zweifel an der Prämisse, die wohl niemand mehr bestreiten wird. Sagen wir es mit Nobert Blüm: Eines ist sicher – der Klimawandel.

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