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#Konflikt mit Russland: Die Logik von Wirtschaftssanktionen

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Konflikt mit Russland: Die Logik von Wirtschaftssanktionen

Die Bundesregierung hat mit der Suspendierung der Zertifizierung von Nord Stream 2 unverzüglich auf den Bruch des Völkerrechts durch Moskau reagiert. Dies ist ein wichtiges, zudem notwendiges Signal in Richtung Moskau, aber auch in Richtung der Partner im Westen. Als jahrzehntelangem Mitglied der westlichen Werte-, Verteidigungs- und Wirtschaftsgemeinschaft ist es Deutschlands verdammte Pflicht und Schuldigkeit, gemeinsam mit seinen Partnern zu handeln. Dies gilt auch für wirtschaftliche Sanktionen gegen einen Aggressor, der unter Zuhilfenahme militärischer Operationen in Osteuropa Grenzen verändern möchte.

Wahr ist: Sanktionspolitik genießt seit langer Zeit unter zahlreichen Fachleuten keinen guten Ruf. Sie gilt als überwiegend ineffizient, als ein untauglicher Ersatz für inopportune militärische Mittel und als ein Instrument, mit dem man sich eventuell selbst wirtschaftlichen Schaden zufügt, ohne seine Ziele zu erreichen.

An historischen Beispielen mangelt es nicht: Napoleons Versuch, im frühen 19. Jahrhundert England mithilfe der Kontinentalsperre wirtschaftlich niederzuringen, schadete am Ende dem Franzosen mehr als der Insel. Als ein besonders verheerendes Beispiel aus neuerer Zeit werden häufig die umfassenden Wirtschaftssanktionen gegen den Irak Saddam Husseins nach 1990 angeführt. Sie verursachten in der Bevölkerung großes Leid, doch konnte sich der Diktator noch lange an der Macht halten.

Gibt es Alternativen?

Autokratisch regierte Staaten werden als besonders unempfindlich für Wirtschaftssanktionen betrachtet. Ihre Herrscher, aber auch nicht geringe Teile ihrer Bevölkerungen, mögen andere Präferenzordnungen haben als westliche Staaten. Appelle an eine (vermeintlich) glorreiche Geschichte, Großmachtgehabe, militärisches Säbelrasseln und die Beschwörung der nationalen Einheit vermögen in Krisenzeiten zumindest kurzfristig dem Herrscher ein hohes Maß an Unterstützung in der Bevölkerung bescheren, das durch die Verhängung von Wirtschaftssanktionen durch das Ausland vielleicht noch verstärkt würde.

Freilich stellt sich die Frage, ob dieser sogenannte „Rally-’round-the-flag-Effekt“ auf längere Sicht ausreicht, um die Menschen über ausbleibenden wirtschaftlichen Wohlstand zu trösten. Die Geschichte ist voller Beispiele, in denen scheinbar felsenfest verankerte autokratische Herrschaften diesen Test nicht bestanden haben – nicht selten zur größten Überraschung renommierter Experten aus dem Westen.

Einen wichtigen Bewertungsmaßstab für Sanktionen bilden wie in vielen Entscheidungssituationen die Opportunitätskosten, also die Frage: Was geschähe, wenn der Westen auf Sanktionen verzichtete? Da eine militärische Option aus guten Gründen nicht zur Verfügung steht, beschränkte sich eine Reaktion dann auf verbale Noten und vielleicht irrelevante Schaufensterpolitik.

Das beeindruckt mit Sicherheit keinen Aggressor, dessen öffentlich bekundetes Geschichtsverständnis den Schluss gestattet, dass er nicht nur in der Ostukraine bestehende Grenz- und Machtverhältnisse nicht für unverletzlich hält. Wirtschaftliche Sanktionen mögen einen zu allem entschlossenen Machthaber nicht aufhalten, aber jeglicher Verzicht auf Gegenmittel ermunterte ihn geradewegs zu weiterem Vorgehen.

Gegen autokratische Herrscher empfehlen sich Sanktionen, die in erster Linie Repräsentanten des Regimes und dessen Profiteure treffen, aber nicht unmittelbar die breite Bevölkerung. Dieser Ansatz reduziert zudem die Kosten für die eigenen Volkswirtschaften. Im Falle eines stark von Rohstoffverkäufen abhängigen Landes, das sich als Weltmacht geriert, dessen Wirtschaftsleistung aber nur derjenigen einer mittelgroßen westlichen Volkswirtschaft entspricht und in dem Reichtum extrem ungleich verteilt ist (und zu einem erheblichen Teil von den Reichen im westlichen Ausland gehalten wird), liegen Ansatzpunkte für Sanktionen auf der Hand.

Zum optimalen Einsatz von Sanktionen gehört auch ihre Dosierung. Auf den ersten Völkerrechtsbruch muss der Westen überzeugend handeln, aber er darf nicht gleich sein gesamtes Instrumentarium mobilisieren, um auf eventuelle weitere Provokationen flexibel reagieren zu können.

Nec temere, nec timide – weder unbesonnen noch furchtsam: Der Signaleffekt, der von einem geeint handelnden Westen auch in der Sanktionspolitik ausgeht, ist von ebensolcher Bedeutung wie die Anreize, die Moskaus Aggressionspolitik westlichen Ländern gibt, ihre Abhängigkeit von Gaslieferungen langfristig zu verringern. Auch das ist eine Lektion für Deutschland.

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