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#Kritik an der Ampel-Koalition: Bemüht um Gleichgewicht

„Kritik an der Ampel-Koalition: Bemüht um Gleichgewicht“

Regieren und Balancieren haben einiges gemeinsam, zum Beispiel, dass es leichter ist, das Gleichgewicht zu finden, als es dann auch zu halten. Ständige Feinkorrekturen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern der Normalfall. Wie krisenfest die Bundesregierung derzeit ist, lässt sich also nicht daran messen, wie eisern sie steht, sondern ob sie vorwärts kommt.

Das ignorieren manchmal sogar Politiker der Regierungsparteien. Sie schimpfen, weil ein Koalitionspartner wackelt, und schwanken dadurch selbst. Ungefähr wie Akro­baten, die eine Pyramide bilden und dabei streiten, wer gerade mal kurz nicht aufgepasst hat. Zum Beispiel warf der SPD-Vorsitzende Klingbeil jüngst dem grünen Wirtschaftsminister Habeck öf­fentlich „handwerkliche Fehler“ vor, während FDP-Justizminister Buschmann vor „Panikmache“ des SPD-Gesundheitsministers Lauterbach warnte. Der Fraktionsvize der Grünen wiederum twitterte über die „schlechte Performance“ des Bundeskanzlers und dessen „miese Um­fragewerte“ und verwies auch noch auf dessen Er­innerungs­lücken im Warburg-Fall und seine Mitver­antwortung für Nord Stream 2. Wohl nur der Zei­chenbegrenzung des Tweets war es geschuldet, dass der Grüne nicht auch noch an Scholz’ allgemein be­lächelten Over­size-Pul­lover erinnerte, den der vor ei­nem halben Jahr mal auf einem Nachtflug ge­tragen hatte.

Streit? „Öffentlicher Austausch“!

Was soll das alles? Eindeutig: nichts. Es ist nicht Ausdruck einer Strategie, sondern von Unsicherheit, weshalb es vielen Bürgern auch so auf die Nerven geht. Konstruktiver Streit sieht anders aus. Der wiederum ist nötig für eine Fehlerkultur, die sich nicht auf Schuldzuweisungen beschränkt. Al­lerdings spielen einige Medien in der Dynamik eine nicht unbe­deutende Rolle. Sie behandeln Po­liti­kertweets wie Manifeste, stichelnde Hinterbänkler wie Minister, Randbemerkungen wie Regierungserklärungen und schiefe Blicke wie letzte Warnschüsse vor der Schlacht. Die Deutschen sind es gewohnt, dass in der Regierung gestritten wird, durchaus auch heftiger als zuletzt. Zum Beispiel in der Großen Koalition von Union und SPD, oder auch in der Union selbst. Eine ganze Weile konnte man die Fehlerkultur von CDU und CSU mit der Lupe suchen. Ge­funden hätte man sie nicht.

FDP-Finanzminister Lindner be­zeichnete die jüngsten Nickeligkeiten diese Woche dann auch als „öffentlichen Austausch“, was eine Untertreibung war, die in Zeiten der Übertreibungen ganz erfrischend wirkte. Da war die Kabinettsklausur der Bundesregierung in Meseberg gerade zu Ende, und Lindner war vor die Presse getreten, zusammen mit dem Bundeskanzler und dem Wirtschaftsminister. Drei Mann auf einem Drahtseil, ums Gleichgewicht bemüht. Kleine Gesten zeigten das. Habeck lobte den Kanzler so grundsätzlich, als hätte er selbst SPD gewählt. Lindner sprach vom öffentlichen Nahverkehr als „Öffis“, als führe er selbst dauernd Bus. Und Scholz war Scholz. Aber immerhin einer, der Fragen zuließ und niemanden abkanzelte.

Verzögerungen im Betriebsablauf

Doch das reicht nicht, um Bürger zu überzeugen. Eine Regierung muss in der Krise vor allem vier Eigenschaften zeigen, übrigens dieselben, die in der Soziologie als Voraussetzungen für die Resilienz einer Gesellschaft gelten: Sie muss Belastungen aushalten, zu jedem wichtigen Plan A auch einen Plan B haben, einfallsreich und schließlich schnell sein. Eine Schwierigkeit der Bundesregierung ist, dass sich in vielen Fragen drei Parteien ei­nigen müssen und die dann noch miteinander. Das geht auf Kosten von Tempo und Belastbarkeit. Siehe Gasumlage. Oder 9-Euro-Ticket. Es ist weg, ohne dass ein Nachfolgeticket da wäre. Millionen Sommerfahrer fallen in ein Enttäuschungsloch. Dabei war das Ticket eigentlich eine Sensation, so etwas wie die Steuererklärung auf der Briefmarke: Die Bürger be­kamen binnen weniger Wochen, was lange hinter dornigen Hecken deutscher Bürokratie unerreichbar erschienen war. Jetzt warten sie auf ein neues Ticket wie auf einen Zug, der erst nur fünf Minuten Verspätung haben soll, dann zehn. Verzögerungen im Betriebsablauf.

Dazu kommt Scholz’ Anspruch, vom Ende her zu erklären. Diese Woche beschrieb er das mit der Me­tapher, seine Regierung errichte gerade eines großes Bauwerk, das dritte Entlastungspaket. Aber auch bei Baustellen sind Fenster im Zaun, damit die Leute reinschauen können. So wie bei Robert Habeck, der eingestand, dass die Kon­zep­tion seiner Gasumlage Fehler hatte. Habeck ist nicht deshalb so angesehen, weil er keine Fehler machte, sondern, weil er über Fehler spricht.

Das Entlastungspaket soll am Samstag fertig werden. Höchste Zeit. Die Regierung muss zeigen, dass sie, Wackler hin oder her, die Balance hält.

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