#Laschets Nachtgedanken im Kanzleramt
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„Laschets Nachtgedanken im Kanzleramt“
Es war eine ungewöhnliche Runde, die da im Kanzleramt zusammensaß: eine Kanzlerin, die das nicht bleiben will (Merkel, CDU), ein bereits feststehender Kandidat, der Kanzler werden will (Scholz, SPD), und zwei potentielle Bewerber für das wichtigste Regierungsamt in Deutschland, von denen einer sagt, er wolle in Bayern bleiben (Söder, CSU), der andere aber keinen Hehl daraus macht, dass er im Herbst an Merkels Schreibtisch Platz nehmen will (Laschet, CDU).
Nachdem Armin Laschets Vorgängerin im Parteivorsitz, Annegret Kramp-Karrenbauer, nach zwei Jahren des parallelen Fahrens neben Merkel aufgegeben hatte, wollte Letztere dem neuen CDU-Chef Laschet offenbar genügend Raum geben, als der Koalitionsausschuss am Mittwochabend von 18 bis kurz nach 22 Uhr zusammentrat. Berichtet wurde, Laschet habe das in der richtigen Mischung aus Bestimmtheit und Zurückhaltung genutzt. Merkel sei anzumerken gewesen, dass sie Laschet nicht distanziert gegenüberstehe. Das änderte nichts daran, dass sie die mehr als vierstündige Sitzung leitete. Die fand im großen Konferenzraum des Kanzleramtes statt, dessen Raumluft angeblich achtmal in der Stunde ausgetauscht wird.
Muntere Worte zur Begrüßung
Laschet sorgte, so berichtete es am Donnerstag der SPD-Kovorsitzende Norbert Walter-Borjans, erstmal für gute Stimmung. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident, der in seiner Rede am Tag der Wahl zum Parteivorsitzenden schon mit dem Hervorholen der Bergmannsmünze seines Vaters einen Aufmerksamkeitserfolg erzielt hatte, übergab allen Teilnehmern des Kaoalitionsausschusses ein Büchlein des in Düsseldorf geborenen Heinrich Heine. Dessen „Denk ich an Deutschland in der Nacht,/ dann bin ich um den Schlaf gebracht“ sollte aber höchstens als Anspielung auf die oft langen Sitzungen des Koalitionsgremiums gelten dürfen.
Nachdem der neue CDU-Vorsitzende ein paar muntere Worte zur Begrüßung gesprochen hatte, ging es im Ausschuss voran, „knapp, kurz, konzentriert“ wie Walter-Borjans am Morgen danach berichtete. Manche beobachteten ab und an Elemente des bereits bekannten Wettstreits der Ministerpräsidenten Laschet und Markus Söder, aber auch Olaf Scholz hatte seine Minuten. Von mehreren Teilnehmern wurde übereinstimmend berichtet, dass es sich um eine konzentrierte Arbeitssitzung in freundlicher Atmosphäre gehandelt habe.
Während draußen die SPD seit Wochen ihren Koalitionspartner kritisiert, als wäre die Bundestagswahl im März und nicht erst Ende September, hatten sich beide Seiten offenbar vorgenommen, als Regierungsbündnis Handlungsfähigkeit vorzuführen. Schon vorher war signalisiert worden, dass die SPD für sozial Schwache und Kinder in der Pandemie mehr Geld herausholen wollte, die Union für die Gastwirte und Unternehmer. Die Sache war gut vorbereitet, keine Seite überforderte die andere, und so stieg recht bald weißer Rauch über dem Kanzleramt tauf.
Weitere Milliardensummen
Einmal wurde die Sitzung unterbrochen für Gespräche jeweils im Kreis von SPD und Union, dann einigte man sich rasch darauf, weitere Milliardensummen auszugeben. Die SPD konnte zufrieden sein: zwei Milliarden Euro für Kinder, fast eine für Menschen in Grundsicherung, rund eine weitere Milliarde für Kultur- und Veranstaltungsschaffende. Die Union verbuchte auf ihrer Habenseite eine fortgeführte Mehrwertsteuer-Senkung für Gastronomen, die schätzungsweise 3,4 Milliarden Euro kosten dürfte. Außerdem wurde ein erleichterter Rücktrag von Verlusten in frühere Jahre beschlossen.
Verhandlungsteilnehmer der SPD berichten von einem harten Ringen im Detail bei Einigkeit in den großen Linien. So wurde bei der Zahlung für Kinder von einer Seite zunächst 50 Euro vorgeschlagen, was man auf der anderen als „schäbig“ zurückwies. Am Ende des Abends einigte sich die Koalition auf 150 Euro pro Kind. Angeblich hatte die SPD ursprünglich 200 Euro vorgeschlagen.
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