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#Minister auf Sommerreise: Habeck, der Feel-Good-Minister

So einen angenehmen Termin wie den am Montagabend hatte Robert Habeck vermutlich schon lange nicht mehr. Der grüne Wirtschafts- und Klimaschutzminister ist in den Heidelberger Karlstorbahnhof gekommen. „Zeit zum Reden“ heißt die Veranstaltung, und sie beginnt Habeck-typisch philosophisch. Veränderungen seien Zumutungen, referiert er, aber sie seien kein Selbstzweck. Es gehe darum, den Wohlstand in Deutschland zu erneuern. „Der ganze Klimaschutz hat das Ziel, die Freiheit zu verteidigen“, so Habeck. Für Veränderungen gesellschaftliche Mehrheiten zu finden, sei eine politische Kraftanstrengung – eine, die man sich zumuten müsse.

Er hätte diese Verteidigungsrede nicht gebraucht, das Publikum könnte ihm wohlgesonnener kaum sein. Die Grünen sind in Heidelberg die mit Abstand stärkste politische Kraft, mehrere Fragesteller kommen von der Grünen Jugend oder dem BUND. Sie wollen nicht weniger, sondern mehr Veränderungen, viel mehr. Warum wurden die Sektorziele im Klimaschutzgesetz aufgeweicht, warum tut die Politik nicht mehr für die Biodiversität, warum will Habeck weiter mit dieser Partei – der bockigen FDP – koalieren? Nahezu jede Frage ist eine Steilvorlage für Habeck, vielleicht mit Ausnahme der, warum er nicht gendert. Am Ende ist es Habeck, der dem Publikum erklären muss, warum weniger grüne Politik mitunter mehr bewirken kann.

„Eine Regierung, die sich öffentlich streitet wie die Kesselflicker ist nicht gut“, sagt Habeck. Er zwinge sich dazu, immer wieder auch in die Schuhe der anderen zu steigen, sich zu fragen: „Was finden die eigentlich an uns irritierend?“ Auch wenn ihn die Fragen aus dem Publikum „voll ins Herz“ träfen, wie Habeck an einer Stelle sagt. Was also tun, wenn ein Teil der Gesellschaft Klimaschutz eher so mäßig wichtig findet? „Der Weg daraus ist, dauerhaft eine positive Geschichte zu erzählen.“ Nicht eine von Verzicht und Kosten und Belastungen, wie das in den vergangenen Monaten so oft der Fall war, allen voran beim Heizungsgesetz.

„Feel-Good-Tour“

Optimismus ausstrahlen, positive Geschichten erzählen – auch auf den anderen Stationen seiner Sommerreise wirkt der Vizekanzler wie auf einer „Feel-Good-Tour“. Klar wird das Heizungsgesetz im September so verabschiedet wie beschlossen – warum auch nicht. Die konjunkturelle Lage, ja, nicht gut, aber das dritte und vierte Quartal werden besser. Das Verhältnis zu Winfried Kretschmann, dem grünen Ministerpräsidenten Baden-Württembergs, der gerade noch sagte, die Wärmewende könne auch ein paar Monate später kommen und die Grünen sollten das Auto nicht als Feindbild sehen – bestens.

Arm in Arm laufen die beiden nach der Begrüßung bei Bosch in Renningen zu dem Raum, in dem sie Bosch-Chef Stefan Hartung einen Förderbescheid über 160 Millionen Euro für ein Wasserstoffprojekt von Bosch übergeben werden. „Der liebe Robert“ werde jetzt auch noch die Sache mit dem Wasserstoffkernnetz regeln, lobt Kretschmann wenig später auf dem Podium. Hartung lobt, das mit dem Förderbescheid sei „verdammt cool“ gelaufen. Habeck lobt die Transformation von Bosch. „Es ist die Geschichte der deutschen Industrie sich weiterzuentwickeln. Es gibt keinen Grund, verzagt zu sein.“ Die Botschaft aller drei: Läuft. Nur die Künstliche Intelligenz, die im Zukunftslabor wie eine menschliche Hand ein Metallstück in ein Gewinde drehen soll, will sich nicht in Gang setzen. Vorführeffekt.

Sommerreisen sind ein Ritual im Berliner Politikbetrieb. Im schlechtesten Fall nutzen Minister sie zur Selbstdarstellung, zum Zurschaustellen vermeintlicher Bürgernähe. Im besten Fall versuchen sie am Rand der durchchoreographierten Abläufe ein Gefühl für die Stimmung und die Sorgen im Land mit nach Berlin zu nehmen. Im vergangenen Jahr lief die Sommerreise für Habeck nicht ganz so gut. Auf dem Ehrenhof in Bayreuth wurde er von einer aufgebrachten Menge regelrecht ausgebuht. Beim Besuch eines mittelständischen Glasherstellers legte ihm der Chef nahe, doch die Gaspipeline Nord Stream 2 zu öffnen, um Deutschlands Energieproblem zu lösen. In diesem Jahr ist das Ministerium vorsichtiger geworden. Bürgerdialog in einer Grünen-Hochburg, Teilnahme nur mit vorheriger Anmeldung und strengen Taschenkontrollen. Die Betriebe, die Habeck besucht, sind vor allem solche, die von der Energiewende profitieren.

Reizwort Wärmepumpe

Das Reizwort des Jahres fällt am Montagmorgen. Habeck steht vor einem großen Bildschirm des Handwerkbetriebs Bürkle + Schöck in Stuttgart. Einer der Mitarbeiter will ihm das digitale Kundenmanagementsystem vorführen. „Nehmen wir an, Sie wollen eine Wärmepumpe“, setzt er an, woraufhin Habeck mit einem langgezogenen „Och nee“ antwortet. Der imaginäre Kunde „roha1000“ bekommt sie trotzdem. Schließlich haben die Mitarbeiter vorher am Beispiel eines echten Kunden vorgerechnet, wie schnell sich eine Investition in Wärmepumpe, Solaranlage und Stromspeicher amortisiere: in nur 12 Jahren. Und das bei einer Lebensdauer der Geräte von 30 Jahren. Wer kann da noch zögern?

Ein bisschen Kritik bekommt der Minister aber auch zu hören. „Wir haben keine wirkliche Willkommenskultur“, beklagt sich Thomas Bürkle mit Blick auf die fehlenden Fachkräfte aus dem Ausland und die langen Wartezeiten auf Termine in den deutschen Botschaften. In Deutschland fehlten Wohnungen und Kitas. Später am Tag bei Südkabel in Mannheim macht die Belegschaft ihrem Unmut Luft, wie schwer es sei, Genehmigungen für Schwertransporte zu bekommen und es überhaupt nicht gehe, dass zweispurige Brücken nur zweispurig saniert würden und nicht dreispurig, wo doch klar sei, dass der Verkehr jedes Jahr um 10 bis 15 Prozent wachse. Habeck verspricht Verbesserung, sowohl bei den Brücken als auch bei den Transporten. „Danke, dass Sie mit mir geschwitzt haben“, sagt er zum Abschied.

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